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Was hilft unseren Flüssen?
Schutzmaßnahmen greifen zu kurz
- von Juliana Fischer
- 29.01.2025
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Viele Schutz- und Renaturierungsmaßnahmen greifen zu kurz und erzielen lediglich begrenzte Erfolge – zu diesem ernüchternden Ergebnis kommt eine aktuelle internationale Studie unter der Leitung von Prof. Dr. Peter Haase (Universität Duisburg-Essen/Senckenberg). Das Forschungsteam hat weltweit Maßnahmen zur Förderung der biologischen Vielfalt in Flüssen systematisch ausgewertet. Die Ergebnisse wurden jetzt im angesehenen Fachjournal Nature Reviews Biodiversity veröffentlicht.
Flüsse sind seit jeher lebenswichtige Ressourcen, doch menschliche Eingriffe haben die Artenvielfalt in rund 50 Prozent der Flüsse weltweit stark geschädigt. Abwasser, Dünger, Wasserentnahme und Flussbegradigungen belasten vor allem dichtbesiedelte Regionen in Ostasien, Europa, Nordamerika sowie trockene und tropische Gebiete. Um diese Belastungen zu reduzieren, wurden Gesetze wie der „Clean Water Act“ in den USA und die europäische Wasserrahmenrichtlinie erlassen. Ein internationales Forschungsteam unter Leitung von Prof. Dr. Peter Haase hat nun die Effektivität dieser Maßnahmen unter die Lupe genommen und kommt zu einem ernüchternden Ergebnis:
„Vielerorts reichen die Schutz- und Renaturierungsmaßnahmen nicht aus, um die Belastungen unserer Flüsse auszugleichen“, berichtet Haase. „Der Verlust der biologischen Vielfalt in Flüssen ist weitaus stärker als in terrestrischen oder marinen Ökosystemen: 88 Prozent der Megafauna wie Flussdelfine, Schildkröten und Störe sind vom Aussterben bedroht.“ Das Forschungsteam hat insgesamt 7.195 Projekte in 26 Regionen der Welt im Hinblick auf ihre Effektivität zum Erhalt der biologischen Vielfalt in Flüssen ausgewertet. „Die große Mehrzahl dieser Schutzmaßnahmen erzielte entweder keine oder nur geringe Verbesserungen der Biodiversität, was aber nicht zwangsläufig bedeutet, dass die einzelnen Maßnahmen keinen Nutzen bringen würden. Vielmehr sind die nur geringen Verbesserungen auf verbliebene Belastungen zurückzuführen“, resümiert Haase.
Die Autor:innen der Studie plädieren für eine kontinuierliche Überwachung der Schutzmaßnahmen und die Einbindung aller relevanter Akteure. „Ein Schlüssel zum erfolgreichen und wirksamen Schutz der Biodiversität unserer Flüsse ist die sogenannte ‚Koproduktion‘ – die gemeinsame Entwicklung von Lösungen durch Forschung, Politik, potenziellen indigenen Gemeinschaften und anderen lokale Gruppen, die direkt von der Flussnutzung profitieren“, erklärt Prof. Dr. Ralf Schäfer (Universität Duisburg-Essen), Ko-Autor der Studie. Ein gemeinschaftlicher Ansatz verbindet wissenschaftliches und lokales Wissen, reduziert Konflikte, erhöht die Akzeptanz und ermöglicht flexible, ortsspezifische Lösungen für die komplexen Herausforderungen von Flussökosystemen.
Publikation:
Haase, P., Cortés-Guzmán, D., He, F. et al. Successes and failures of conservation actions to halt global river biodiversity loss. Nat. Rev. Biodivers. (2025). https://doi.org/10.1038/s44358-024-00012-x
Weitere Informationen:
Prof. Dr. Peter Haase, Senckenberg Forschungsinstitut und Naturmuseum Frankfurt/ Universität Duisburg-Essen, Leitung der Abteilung Fluss- und Auenökologie, peter.haase@senckenberg.de