
Gespräch mit der Antidiskriminierungsbeauftragten
Ein offenes Ohr an beiden Campi
- von Birte Vierjahn
- 28.03.2025
Hayfat Hamidou-Schmidt ist seit Februar Leiterin des Ressorts Vielfalt am Diversity Support Center und Antidiskriminierungsbeauftragte der UDE in einem. Die 39-Jährige ist erste Anlaufstelle für diejenigen, die Diskriminierung erfahren oder beobachtet haben; Ihre Lebenserfahrung und Wissen aus der eigenen Forschung verbinden sich in dieser Position. Ein Gespräch über die UDE, ungewohnte Perspektiven und Walk-in-Sprechstunden – auch im Video.
Warum reizt Sie die Aufgabe als Antidiskriminierungsbeauftragte?
Hayfat Hamidou-Schmidt (HS): Es ist auch heute noch so, dass die individuelle Bildung und damit auch der gesellschaftliche Status eines Menschen maßgeblich von Dingen beeinflusst werden, für die man selber nichts kann, wie z.B. das Elternhaus. Und selbst als Erwachsene:r wirken sich z.B. Herkunft, Alter und Geschlecht ohne persönliches Zutun auf das tägliche Leben aus. Als Person maßgeblich dazu beizutragen, dass gegen daraus resultierende Ungerechtigkeit etwas getan wird, finde ich wichtig und bereichernd.
Ist Diskriminierung ein großes Thema an der UDE oder ist es ein zum Glück kleines, aber dennoch wichtiges Thema?
Die UDE ist ein Lebensraum wie jeder andere auch. Überall, wo Menschen mit verschiedenen Backgrounds zusammenkommen, sei es Herkunft, Religion, Aussehen oder sexuelle Orientierung, kann es zu Diskriminierung kommen. Das genaue Ausmaß kennen wir jedoch nicht, da es bisher noch kein Monitoring gibt. Das werde ich aber angehen, denn ich möchte auch in Zahlen sehen: Tut sich was?
Wen kann Diskriminierung betreffen?
Die Antidiskriminierungsrichtlinie der UDE definiert Diskriminierung sehr klar in all ihren möglichen Formen und zum Teil gleichzeitig auftretenden Dimensionen. Es kann sich folglich um die Person im Rollstuhl handeln, der der Zugang zur Toilette fehlt, die Gender-queere Person, die nicht weiß, welche Toilette sie sicher aufsuchen kann, oder die muslimische Person, der, weil sie muslimisch fastet, abgesprochen wird, dass sie die Toilette aufsuchen müsste. Diskriminierung zeigt sich in zwischenmenschlichen Beziehungen, aber eben auch in strukturellen Benachteiligungen.
Und ganz konkret: Ich fühle mich als Angehörige:r der UDE entweder systematisch oder in einem bestimmten Fall diskriminiert – was kann ich tun?
Man kann mir schreiben, mich anrufen oder zu mir ins Büro kommen, ich bin in Duisburg und Essen. Zusammen mit dem Team der Gleichstellungsbeauftragten biete ich außerdem jeden Donnerstag eine Walk-in-Sprechstunde, abwechselnd in der Bib in Essen und Duisburg an. Bei einem ersten vertraulichen Gespräch haben betroffene Personen die Möglichkeit, zu erzählen, in welcher Situation sie sich befinden oder was ihnen zugestoßen ist. Von da aus schauen wir dann gemeinsam, wie weiter vorgegangen werden kann.
Grundsätzlich mache ich nichts ohne die Zustimmung der betroffenen Person. Deswegen gibt es für das Vorgehen auch keine Blaupausen. Es kann schon guttun, ernstgenommen zu werden und zu sprechen. Manchmal sind auch Gruppengespräche sinnvoll oder das Zusammenwirken mehrerer Beratungsstellen der UDE. Alles ist individuell und vor allem vertraulich.
Wird Ihr Beratungsangebot gut angenommen?
Ja, ich war überrascht. Es ging im ersten Monat sofort los, es ist definitiv Bedarf da. Es kommen sogar Personen, um sich selbst kritisch zu hinterfragen. Die tatsächlichen Hintergründe nenne ich natürlich nicht, aber stellen Sie sich vor, Sie sprechen im Seminar über die Zeit der Kolonialisierung oder das Frauenbild im Europa des 18. Jahrhunderts. Das braucht Fingerspitzengefühl. Neben dem Beratungsbedarf ist also auch Raum für Präventionsarbeit, die ich auch zu meinen Aufgaben zähle.
Ist Diskriminierung derzeit gegen bestimmte Gruppen ein besonderes Problem? Wenn ja, gegen welche?
Gesamtgesellschaftlich sehen wir natürlich eine klare Polarisierung mit Blick auf Migration und ethnische Herkunft. Mit Blick auf meine Position halte ich es aber für falsch, verschiedene Formen von Diskriminierung gegeneinander auszuspielen. Im Gegenteil sollte Diskriminierung auch als systematisches Problem gesehen und behandelt werden, für das es strukturelle Lösungen braucht, individuelle Beratungsangebote und Prävention. Mit der Antidiskriminierungsrichtlinie und meiner Position als Beauftragte geht die Universität da einen sehr guten Weg.
Kontakt:
Hayfat Hamidou-Schmidt, Antidiskriminierungsbeauftragte, Tel. 0201/18 3-7596,dsc-beratung@uni-due.de