Teilprojekt

Bilder der Widukind-Rezeption bei den Savoyern im 16. und 17. Jahrhundert

Bearbeiter: Saniye Al-Baghdadi M.A.


Projektbeschreibung


Mit dem Aufstieg Amedeos VIII. zum Herzog von Savoyen im Jahre 1416 nahm sich der Fürst erstmalig der Geschichtsschreibung seines Hauses an und gab eine Genealogie in Auftrag, die viel weiter zurückreichte, als man bis dahin eigentlich nachweisen konnte. So konnte man neben Otto dem Großen über Heinrich den Vogler bis hin zum mythischen Sachsenführer Widukind eine ganze Reihe gekrönter und imperialer Häupter zur unmittelbaren Ahnenschaft zählen. Mit dieser zweifelsohne konstruierten Verbindung und erweiterten Adelung der eigenen Abkunft etablierte man nicht nur eine Verwandtschaft mit dem Hause Wettin, derweil Kurfürsten von Sachsen, überdies verlieh man dem eigenen Geschlecht einen bewusst imperialen Charakter, den man im Zuge der innen- und außenpolitischen Ziele Savoyens hoffnungsvoll einzusetzen gedachte.

Dieses politisch motivierte Streben nach einer königlichen und edlen Abkunft zog eine Form der höfischen Repräsentation nach sich, im Zuge derer die savoyische Dynastie wie andere Fürstengeschlechter auch den gesta ihrer Ahnen in monumentalen Bildprogrammen ihren zeitgemäßen Ausdruck verlieh und die Festsäle und Galerien der Residenzen zu zentralen Trägern ihrer politischen Botschaften machte.

Zum Gegenstand der Untersuchung zählen die ab dem ausgehenden 16. Jahrhundert in und um Turin entstandenen dynastischen Bildprogramme, zu denen sowohl die monumentalen Freskenzyklen der großen Savoyer Residenzen (Castello del Rivoli, Castello Valentino, Palazzo Reale u.a.) als auch die heute nicht mehr erhaltene Turiner galleria grande gehören, deren Innenraum Herzog Carlo Emanuele I. anlässlich der Doppelhochzeit seiner beiden Töchter vom erfahrenen Federico Zuccari gestalten ließ. Eine Fülle überlieferter Zeichnungen zum verlorenen Meisterwerk als auch der beachtliche Korpus genealogischer Bild-Text-Quellen ergänzen den reichen Bestand höfischer Kunstproduktion.

Das Ziel des Promotionsprojekts liegt in der zusammenhängenden Erschließung der genealogisch motivierten Bildprogramme und der systematischen Untersuchung auf ihren politisch-dynastischen Gebrauchskontext. Mithilfe der Erträge des Teilprojekts (Die Wettiner als familia wittikindea) und im Austausch mit diesem stellen sich Fragen nach

  • der Qualität der Ursprungsüberlieferung zum gemeinsamen Spitzenahn Widukind,

  • der Qualität, Bedeutung und systematischen Verarbeitung von Historiographie an beiden Höfen,

  • den weiteren Strategien und Motiven der genealogischen Anknüpfung der Savoyer an die Sachsen,

  • als auch den Formen medialer Vermittlung und des Transfers von Wissen und Kulturproduktion zwischen den Höfen.