Videobasiertes Feedback zu studentischen Referaten
Ziel
Seit 2012 gibt es für Studierende an der Universität Duisburg-Essen das Angebot, ein Videofeedback zum eigenen Referatsvortrag zu erhalten. Dieses Angebot umfasst – Einverständnis vorausgesetzt – eine Aufzeichnung des im Seminar gehaltenen Vortrags und eine detaillierte Nachbesprechung des Vortrags anhand der Videodaten.
Videobasierte Feedbacks helfen bei der Selbstreflexion sowie -analyse der eigenen Präsentationsfähigkeiten und sind damit eines der wirksamsten Hilfsmittel zur Entfaltung der eigenen kommunikativen Qualifikation. Knüpfen Videofeedbacks zudem an authentische Situationen wie Referate an, wird diese Kompetenzentfaltung ins Studium integriert und wirklichkeitsnah gefördert.
Das Angebot des Videofeedbacks richtet sich an Studieneinsteiger*innen ebenso wie an fortgeschrittene Studierende. Bei Studieneinsteiger*innen trägt es dazu bei, sich im Hinblick auf die Anforderungen im Studium (Genauigkeit, wissenschaftssprachliche Darstellung etc.) zu professionalisieren, für fortgeschrittene Studierende stehen unter Umständen für den zukünftigen Beruf zentrale kommunikative Fähigkeiten im Vordergrund.
Ein wesentlicher Vorteil von Videofeedbacks ist darin zu sehen, dass sie bei den eigenen Fähigkeiten ansetzen und auf den individuellen Bedarf zugeschnitten werden können.
Durchführung
Parallel zur Aufzeichnung wird bereits während der Präsentation auf besonders markante Punkte geachtet, die dann in der Videoanalyse genauer betrachtet werden1. Neben dem Umgang mit Literatur, wissenschaftssprachlichen Formulierungen und der Strukturierung des Vortrags bietet es sich an, die performative Ebene und den Umgang mit eingesetzten Medien zu berücksichtigen2.
Aspekte, die sich für die Nachbesprechung eignen, stellen in studentischen Referaten z.B. die Einführung in das Thema oder der Abschluss des Vortrags dar, ebenso wie sprachliche Wegweiser, die dem Publikum eine Orientierung im Vortrag geben.
In der Regel wird die Videoaufzeichnung in Kooperation mit Lehrkräften verschiedener Seminare ermöglicht. Gerade in der Lehramtsausbildung ist die Nachfrage nach diesem Angebot recht hoch, da es hier einen direkten Anwendungsbezug gibt: Angehende Lehrkräfte stehen mit Abschluss ihres Studiums kontinuierlich vor Schulklassen. Frühzeitig den Blick dafür zu schärfen, wie sie vor anderen agieren, wird daher als besonders relevant eingestuft. In Studiengängen ohne Lehramtsoption ist die Interessenlage häufig vielfältiger: Eine spätere berufliche Praxis, die besondere Relevanz des Referats oder auch das persönliche Interesse von Lehrkräften und Studierenden können eine Motivation für ein Feedback sein.
Über die Relevanz der Videoanalyse für die aufgezeichnete Person hinaus liefern Videoanalysen wichtige Kriterien für eine Einschätzung der studentischen Vortragspraxis.
Lehrenden können diese Kriterien Aufschluss über feedbackrelevante Aspekte geben, Studierende lernen Kriterien kennen, die sie in ihren Referaten berücksichtigen können, und neue Konzepte wie die ReferateWerkstatt werden auf Basis dieser Videodaten entwickelt3. Gerade Multiplikator*innen, zu denen u.a. Lehrende und Tutor*innen gehören, profitieren von den Erkenntnissen aus dem Videofeedback. In hochschuldidaktischen Lehrveranstaltungen oder Tutorenschulungen erhalten diese einen Einblick in relevante Kriterien.
1 Vgl. Grzella/ Voßkamp (2017).
2 Vgl. Dynkowska et al. (2012).
3 Vgl. Kähler/ Grzella (2017).
Erkenntnisse
Das Videofeedback wird überaus positiv aufgenommen und von Studierenden überwiegend mit sehr gut oder gut bewertet (interne Evaluation). Studierende schätzen es als „innovative Methode, um den eigenen Redestil zu verbessern“ und sehen es als Möglichkeit, „um Ansatzpunkte festzulegen, an denen man arbeiten möchte“. Von den aufgezeichneten Studierenden nehmen ca. 85% das Videofeedback wahr.
Die Videoanalyse macht deutlich, dass es spezifische sprachliche Praktiken und Handlungen in Referaten gibt, an denen sinnvoll gearbeitet werden kann1. Diese Praktiken stellen eine Ausgangsbasis für eine gezielte Weiterentwicklung der Präsentationskompetenz Studierender dar.
Entwicklungsperspektiven für das Videofeedback können auf verschiedenen Ebenen gesehen werden:
- Geschulte studentische und wissenschaftliche Hilfskräfte könnten ein Videofeedback übernehmen, um mehr Studierenden ein Videofeedback zu ermöglichen.
- Videovignetten, die zu typischen oder markanten Referatssituationen erstellt werden, ermöglichen die Nutzung des gewonnenen Materials für die Lehre, ohne Persönlichkeitsrechte zu verletzen.
- Seminarbegleitende Online-Formate, die ebenfalls auf typischen und markanten Referatssituationen basieren, können für die Schulung relevanter Teilkompetenzen entwickelt werden, um sie als Bausteine für die reguläre Lehre zu verwenden2.
1 Vgl. Plum (2015).
2 Vgl. Gehle/ Grzella/ Plum (2020).
Autor: Markus Grzella, Forum Mündliche Kommunikation
Der Text und die dazu gehörigen Grafiken stehen unter CC-BY-SA Lizenz. Informationen dazu finden Sie unter: https://creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0/legalcode.de
Literatur:
- Dynkowska, Malgorzata; Lobin, Henning; Ermakova, Vera (2012): Erfolgreich Präsentieren in der Wissenschaft? Empirische Untersuchungen zur kommunikativen und kognitiven Wirkung von Präsentationen. In: Zeitschrift für angewandte Linguistik 2012 (1), S. 33-65.
- Gehle, Raphaela; Grzella, Markus; Plum, Sabine (2020): Mündliche Kommunikation 2.0. Unter Mitarbeit von DuEPublico: Duisburg-Essen Publications Online, University Of Duisburg-Essen.
- Grzella, Markus; Voßkamp, Patrick (2017): Videobasiertes Feedback zu studentischen Referaten. In: Dräger, M./Kuhnhenn, M. (Hg.): Sprache in Rede, Gespräch und Kommunikation. Linguistisches Wissen in der Kommunikationsberatung. Frankfurt am Main [u.a.]: Lang, S. 95-111.
- Kähler, Kristina; Grzella, Markus (2017): "Ohne Vorbesprechung wäre unser Referat in die Hose gegangen" - Die ReferateWerkstatt an der UDE. In: Neues Handbuch Hochschullehre (83), S. 69-86.
- Plum, Sabine (2015): Das Forum Mündliche Kommunikation an der UDE. Ein universitäres Ausbildungsangebot im Bereich Mündlichkeit. In: RuhrFutur (Hg.): Sprache bildet! Auf dem Weg zu einer durchgängigen Sprachbildung in der Metropole Ruhr. Tagungsband. Mülheim: Verlag an der Ruhr.
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Dieses Vorhaben wurde unter den Förderkennzeichen 01PL11075 (2011-2016) und 01PL16075 (2016-2020) aus Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung finanziert.