Projekthintergrund: Familienformen im Wandel

Familienformen im Wandel

Fast alle Familienformen, die wir heute kennen, gab es auch schon früher. Der größte Unterschied zwischen früheren und heutigen Familienformen liegt deshalb nicht in der Vielzahl der gelebten Modelle, sondern darin, dass sie zumeist frei wählbar und nicht in erster Linie von sozialen oder ökonomischen Zwängen bestimmt sind. Familie war damit schon immer mehr als „Vater, Mutter, Kind“. Neben dieser, als Kernfamilie bekannten, Familienform gibt es in der Bundesrepublik Deutschland auch Eineltern-, Stief-, Adoptiv-, Pflege- sowie gleichgeschlechtliche Familien.

Abbildung 1: Verteilung der Familienformen in Deutschland​

​​Verteilung Familienformen Diagramm

Quelle: Steinbach (2017): 4, eigene Darstellung

Den größten Anteil an Lebensformen mit minderjährigen Kindern bilden auch heute noch Kernfamilien mit ca. 71 Prozent. Darauf folgen Einelternfamilien und Stieffamilien, die mit je 15 und 14 Prozent einen substanziellen Teil der Familien mit Kindern in Deutschland ausmachen. Adoptiv- und Pflegefamilien sowie gleichgeschlechtliche Familien kommen mit einem Anteil von unter einem Prozent hingegen nur sehr selten vor. Die Freiheit der Wahl einer Familienform spiegelt sich auch in dem wachsenden Anteil unverheirateter Paare mit Kindern wider. Darüber hinaus nimmt seit einigen Jahrzehnten insbesondere die Zahl der Trennungen und Scheidungen zu.

Im Falle einer Trennung oder Scheidung ergeben sich für Eltern diverse Optionen zur Regelung des Sorge- und Umgangsrechtes. Hier hat sich in den letzten Jahren zum Beispiel das sogenannte Wechselmodell als neue Betreuungsform herausgebildet. Kennzeichnend für dieses Modell ist, dass Kinder abwechselnd zu etwa gleichen Anteilen bei Mutter und Vater leben. Am weitesten verbreitet ist allerdings das Residenzmodell, in dem Kinder überwiegend bei einem Elternteil leben und den anderen seltener sehen. Eltern können und müssen folglich nach der Auflösung ihrer Partnerschaft entscheiden, in welchem Familienumfeld ihre Kinder leben sollen.  

Familiale Komplexität ist also kein neues Phänomen, gewinnt jedoch durch freiere Handlungsmöglichkeiten an Bedeutung für das gesellschaftliche Zusammenleben und nicht zuletzt für das Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen in Deutschland.

Literaturauswahl

Für weitere Informationen zum Wandel der Familienformen finden Sie hier eine Auswahl an familiensoziologischen und demografischen Quellen.

Internetportale

Destatis – Statistisches Bundesamt – Rubrik "Bevölkerung" - "Haushalt & Familien" - "Familien".

Bundesinstitut für Bevölkerungsforschung

Bundeszentrale für politische Bildung

 

Publikationen

Geisler, Esther/Köppen, Katja/Kreyenfeld, Michaela/Trappe, Heike & Pollmann-Schult, Matthias (Hrsg.) (2018): Familien nach Trennung und Scheidung in Deutschland. Berlin, Rostock & Magdeburg. http://dx.doi.org/10.24352/UB.OVGU-2018-096

Kuhnt, Anne-Kristin & Steinbach, Anja (2014): Diversität von Familie. In: Steinbach, Anja/Hennig, Marina & Arránz Becker, Oliver (Hrsg.): Familie im Fokus der Wissenschaft. Wiesbaden: Springer VS: 41-70.

Schneider, Norbert F./Diabaté, Sabine & Ruckdeschel, Kerstin (Hrsg.) (2015): Familienleitbilder in Deutschland. Kulturelle Vorstellungen zu Partnerschaft, Elternschaft und Familienleben. Beiträge zur Bevölkerungswissenschaft 48. Opladen, Berlin, Toronto: Barbara Budrich.

Steinbach, Anja (2017): Mutter, Vater, Kind: Was heißt Familie heute? Essay. In: Aus Politik und Zeitgeschichte Nr. 30-31/2017 „Familienpolitik“: 4-8.

Steinbach, Anja/Kuhnt, Anne-Kristin & Knüll, Markus (2015): Kern-, Eineltern- und Stieffamilien in Europa. Eine Analyse ihrer Häufigkeiten und Einbindung in haushaltsübergreifende Strukturen. In: Duisburger Beiträge zur soziologischen Forschung 2015-02. Institut für Soziologie. Universität Duisburg-Essen.