Beitrag von Daniel Wagner
Die Adoleszenz ist eine prägende Phase eines jeden von uns. Schule ist eine Sozialisationsstätte, mit der wir vertraut sind. Sie versinnbildlicht eine Zäsur der Reifung und des Verdrusses. Sie ist die Stätte des Ringens mit Autoritäten und der Auseinandersetzung eines zementierten Kanons. Doch sie zielt eine Selbstemanzipation an, die nebulös im Raume steht. Bildung gebühre aller, so postulierte es Wilhelm von Humboldt. Bildung fungiert als eine Annäherung eines Allgemeinwissens. Was ist nun von Generalität? Dies ist komplex, um solches Wissen zu ermitteln. Schule versucht uns zu vermitteln, worin die Parallelen und die Differenzen liegen. Sie versucht uns darzulegen, was nun differenziertes Denken ist. Differenziertes Denken sollte hierbei nicht zu einer Schwarz-Weiß-Antinomie einladen. Solche Fronten sind der Nährboden von Ideologie, die in dichotomischen Strukturen aufkommen. Die Dichotomie ist die Kollision von Allianzbildung und Antagonismus. Wer steht auf wessen Seite? Doch unser Weltwissen befindet sich im Eigentlichen auf pittoresken Graustufen. Ambivalenzen, Ambiguitäten sind in Kulturen tradiert worden. Wie werden wir diese gebrauchen? Daran scheitert Schule oftmals. Marode Gebäude oder übelriechende Toiletten sind ein Understatement des Werteverfalls.
Wer steht auf wessen Seite? Diese Frage ist Euch wohlmöglich des Öfteren untergekommen. Die Schule versucht uns kontinuierlich zu kategorisieren, sie versucht uns. in Gruppen und in Kollektivismen einzuordnen. Manchmal gleicht das Schulleben einem schlechten Highschool-Film.
Umso schwerer fiel es mir, ohne Euch an der Universität mit den Kommilitoninnen und Kommilitonen Anschluss zu finden. Es ist frappierend, wie manche Kommilitoninnen und Kommilitonen sich über marginalisierte Gruppen lustig machen. Nicht auf einer pointierten und satirischen Art und Weise, sondern auf einer mokanten und hohnhaften Art und Weise. Es fehlt jenen die Sensibilität, dass manche Individuen schwere Zäsuren durchmachen. Jene sehen Bildung als Mittel der Eigenprofilierung an, als changierendes Ornatus, um anderen überlegen zu sein. Bildung ist mehr als irgendein neoliberales Geschmeide. Sie ermöglicht Potenziale und ist in der Verfassung andere Menschen zu bereichern nicht nur zum Eigennutzen. Manche wollen nicht den Unterschied zwischen einer Standardsprache und einer Sprachvarietät nicht wissen. Vielleicht habe ich Pech gehabt, ausgerechnet in den ersten drei Fachsemestern jene getroffen zu haben. Heute bin ich der Auffassung, sie können es nicht besser wissen, weil sie es nicht oder kaum affektiv erlebt haben, wie es sich anfühlt auf Evidenzen reduziert zu werden. Sei es die Hautfarbe, die Religionszugehörigkeit, der sozio-ökonomische Status etc. Manchmal können wir alle dies in gewissen Situationen übersehen. Die Sensibilität kann uns temporär und nicht intendiert abhandenkommen. Vielleicht sind jene eine Komponente, die bei den Menschen zum Ausdruck kommen kann, zu übersehen, was andere derzeit durchmachen.
Viele Lamentationen gehen von vielen Kommilitoninnen und Kommilitonen einher, die sich anhand dieser Floskel zeigen:
„Ungleichheiten und Ungerechtigkeit wird es im Bildungswesen immer geben.“
Auf einer sachlichen Ebene haben sie Recht gehabt. Es ist jene Floskel, die uns manchmal in den Sinn kommt, die uns zur Resignation treibt. Es geht hierbei nicht um eine Vorführung der eines Fehlverhaltens, sondern um die Darlegung eines temporären Gedankens. Der Gedanke ist menschlich, die Studierenden sind menschlich und wir sind menschlich. Ich vermute, es geht nicht um die Realisierung einer Utopie, sondern um die Annährung von Bildungsgerechtigkeit. Diese fungiert als grobe Richtschnur. Sie ist mit einer menschlichen Eigenschaft verbunden, und zwar der Hoffnung. Dr. Martin Luther King hatte auch einen Traum und dieser Traum lebt weiter. Er lebt weiter in uns. Wenn Floskeln der immerwährenden Ungerechtigkeit wie diese obsiegen, werden Ungerechtigkeiten wie diese reproduziert und weiter tradiert.
Im Förderunterricht durch Euch habe ich Solidarität neu erfahren, durch euch kann ich mehr Einblicke gewinnen. Ich habt allesamt einen integralen Beitrag für die Gesellschaft und für uns als Lehrkräfte geleistet.
All jenen Kolleginnen und Kollegen gilt derselbe Dank.
Ich will die Möglichkeit der Dankwidmungen nutzen, da dies im turbulenten Alltag kaum zum Zuge kommt.
Euch, ehrenwerte Schülerinnen und Schüler, möchte ich auch danken. Wir sind in der Schule und dem Alltag vielen Aversionsformen ausgesetzt. Sei es Rassismus, Sexismus, Klassismus etc. All jene Highschool-Stereotypen sind an diese anknüpft. Es ist ein entsetzliches Gefühl auf eine Dimension reduziert zu werden. Soldarität bedeutet, sich für Menschen unabhängig der Heterogenitätsdimensionen einzusetzen. Dies vollzieht sich einfacher, wenn diese Solidarität auch im Alltagswesen übertragen wird. Sich für andere einzusetzen birgt eine gewisse Hemmschwelle mit sich, wenn diese jedoch überwunden wird, kriegt man auch was zurück. Es reicht nicht aus seinen Status auf social media zu ändern, um Solidarität zu
suggerieren. Solidarität muss auch analog erfolgen. Wenn wir Menschen es schaffen, uns als etwas Mehrdeutiges und Multiples zu verstehen. So, sind wir der Umgehung jener Aversionsformen näher als je zuvor.
Ihr, liebe Schülerinnen und Schüler, seid mehr als das.
Ihr seid mehr als eine Hautfarbe, eine Religionszugehörigkeit, ein sozio-ökonomischer Status etc.
Wir sind mehr als eine Hautfarbe, eine Religionszugehörigkeit, ein sozio-ökonomischer Status etc.
Dies bildet die Ambiguitätstoleranz.