Doktorand:innen
Konstantin Lowe
1. Bio
Ich bin Doktorand in erster Generation an der Universität Duisburg-Essen unter der Betretung von Professor Dr. Neil Roughley. Ich habe Philosophie und Geschichte an der Universität Duisburg-Essen studiert und dort sowohl meinen Bachelor- als auch meinen Masterabschluss gemacht. Ich spreche sowohl Deutsch als auch Englisch.
2. Philosophisches Interesse
Ich interessiere für mich unterschiedlichste Themenfelder innerhalb der Philosophie unter anderem: Epistemische Verantwortlichkeit, epistemische Ungerechtigkeit, Emotionstheorie, moralische Verantwortlichkeit und andere Formen von Verantwortlichkeit, Sentimentalismus und reaktive Einstellungen.
3. Vorläufiger Titel des Promotionsprojekts
Epistemische Verantwortlichkeit und epistemische Wiedergutmachung
4. Abriss der behandelten Probleme
Im Rahmen meiner Doktorarbeit möchte ich mich mit folgenden Fragestellungen auseinandersetzen.
Das erste Themenfeld betrifft das Wesen epistemischen Schuldzuweisung. Hier werde ich versuchen, Antworten auf die Frage zu finden, für welche Art von epistemischen Fehlern jemand zu Recht epistemisch verantwortlich gemacht werden kann. Welche Mechanismen sind beteiligt, wenn jemand epistemisch verantwortlich gemacht wird? Ist epistemische Schuldzuweisung vergleichbar oder sogar analog zu moralischer Schuld? Außerdem sollen Fragen bezüglich potenziell negativer Aspekte, welche epistemisch verantwortlich gemachten Akuteren auferlegt werden, untersucht werden. Sind sanktionierende Reaktionen auf epistemisches Fehlverhalten, wie z.B. falsche Überzeugungen, schlechte Überzeugungsausbildungspraktiken oder fehlerhaftes Schließen, jemals gerechtfertigt? Sollten starke Schuldzuweisungen für epistemisches Versagen gerechtfertigt sein, wie könnten diese Reaktionen ausbuchstabiert werden?
Das zweite Themenfeld, das ich untersuchen möchte, betrifft Fragen, wie ein epistemisch verantwortlich gemachter Akteur epistemische Wiedergutmachung betreiben könnte. Schuldzuweisungen scheinen negative Konsequenzen für die beschuldigte Partei zu haben. So könnten z.B. andere Akteure das Vertrauen in den beschuldigten Akteur verlieren. Innerhalb der Moral kann ein verantwortlich gemachter Akteur Reparaturhandlungen ausführen, wie z.B. sich entschuldigen oder Wiedergutmachung leisten. Es stellt sich daher die Frage, ob etwas Ähnliches auch im epistemischen Bereich identifiziert werden kann. Ein offensichtlicher Unterschied zwischen dem epistemischen und moralischen Bereich besteht darin, dass epistemisches Fehlverhalten (niemals?) ein Opfer beinhaltet, welches Wiedergutmachung einfordern könnte. Dies könnte darauf hindeuten, dass sich epistemische Rehabilitation und Wiedergutmachung kategorisch von Moralischer Rehabilitation oder Wiedergutmachung unterscheitet.
Abschließend bin ich davon überzeugt, dass die Untersuchung von Fragen zur epistemischen Verantwortlichkeit auch relevant für das Verstehen von anderen Formen des verantwortlich machens wie z.B. für das moralische Verantwortlich machen, sein kann.
Tilla Resheff
1. Bio
Ich promoviere bei Prof. Neil Roughley im Bereich Metaethik. Meine Forschungsinteressen umfassen den moralischen Realismus und insbesondere die Bereiche des evolutionär-moralischen naturalistischen Realismus, welche die mehrstufige Selektionstheorie integrieren. Ich interessiere mich auch für andere Aspekte natürlicher Normativität sowie für Theorien, die zur Anwendung naturalistischer metaethischer Prinzipien genutzt werden könnten, wie etwa die Spieltheorie. Ich habe einen BA in Philosophie von der Hebräischen Universität Jerusalem. Nach meinem Umzug nach Deutschland lernte ich Deutsch und absolvierte einen MA in Philosophie an der Freien Universität Berlin, wo ich mich auf Themen wie den moralischen Realismus und Erkenntnistheorie konzentrierte. Ich habe mehrere akademischen Konferenzen und Workshops besucht. Ich spreche fließend Hebräisch, Englisch und Deutsch.
2. Philosophische Spezialisierung
- Naturalistische realistische Metaethik
- Naturalistische Normativität
3. Arbeitstitel der Dissertation
Towards A Holistic Evolutionary Realist Account of Moral Normativity
4. Abriss der behandelten Probleme
Eines der Hauptthemen, mit denen ich mich in dieser These befassen werde, ist die Herausforderung der Mehrebenen-Auswahltheorie an die Idee der natürlichen Normativität. Die Mehrebenen-Selektionstheorie impliziert, dass es mehrere Selektionsebenen gibt, z. B. Gene, Individuen, Gruppen und Arten, und dass jede Ebene ihre eigenen Zwecke oder Ziele hat. Dies führt zu einem pluralistischen Bild der natürlichen Normativität, bei dem unterschiedliche Selektionsebenen widersprüchliche oder unvereinbare Ziele haben können. Ich untersuche, ob dieses pluralistische Bild problematisch oder realistisch ist und wie es unser Verständnis natürlicher Normativität beeinflusst. Ein weiteres Thema, das ich anspreche, ist die Frage, warum wir den Gründen folgen sollten, die uns die Evolutionsgeschichte liefert, und nicht den Gründen, die uns unsere eigenen Wünsche geben. Wie können wir rechtfertigen, dass genetische und soziale Ziele maßgeblicher oder objektiver sind als die Ziele, die wir uns selbst setzen? Diese Frage wird besonders relevant, wenn wir auf Fälle stoßen, in denen unsere persönlichen Ziele im Gegensatz zu den externen natürlichen Zielen stehen, beispielsweise wenn wir uns dafür entscheiden, uns nicht zu reproduzieren oder nicht an der Gesellschaft teilzunehmen. Ein verwandtes Thema, das ich untersuche, ist die Frage der Motivation. Was kann uns dazu motivieren, nach den externen Zielen evolutionärer Prozesse zu handeln und nicht nach unseren eigenen Vorlieben oder Interessen? Wie können wir die Kluft zwischen natürlichen Tatsachen und normativen Gründen überbrücken? Abschließend werde ich die Möglichkeiten untersuchen, mit Hilfe mathematischer Modelle, wie zum Beispiel Gefangenendilemma-Modellen, herauszufinden, was gut für uns ist. Ich werde prüfen, wie diese Modelle uns helfen können, die Dynamik und Ergebnisse der mehrstufigen Auswahl zu verstehen und wie sie unsere praktische Argumentation und Entscheidungsfindung beeinflussen können.
André Waldheuser
1. Bio
Ich habe von 2003 bis 2014 an der Universität Duisburg-Essen Philosophie und praktische Sozialwissenschaften studiert. Im Jahr 2014 habe ich bei Professor Roughley mein Magister Studium mit einer Arbeit im Bereich der Philosophie der Emotionen abgeschlossen. In meiner Magisterarbeit habe ich mich kritisch mit biologistischen Emotionstheorien auseinandergesetzt. Seit 2016 betreut mich Professor Roughley im Rahmen meiner Promotion.
In meiner ersten längeren Orientierungsphase habe ich mich intensiv mit dem aufgekommenen Bereich der Roboter Ethik auseinandergesetzt. Schon hier haben mich Fragen der moralischen Verantwortung interessiert und zwar im Kontext autonom fahrender Autos. Fragen der Verantwortungszuschreibung im Falle von Unfällen, Schwierigkeiten wie das „Viele Hände Problem“ oder die Verantwortungslücke führten letztendlich dazu, dass ich am Begriff der moralischen Verantwortung als solches stecken blieb.
Meinem Eindruck nach, litt die praktische Debatte im Bereich der Roboter Ethik unter begrifflichen Unklarheiten und Fragen nach der Natur moralischer Verantwortung und worin unsere Praxis des Verantwortlichmachens besteht haben mich gefesselt. Zum einen interessiert mich die Metaphysik der Eigenschaft des Verantwortlichseins. Die Frage ist, ob die Eigenschaft des Verantwortlichseins von jenen Erwiderungen abhängt welche konstitutiv für unsere Praxis des Verantwortlichmachens sind oder ob diese Eigenschaft eher erwiderungsunabhängig existiert und viel mehr den normativen Status unserer Praxis des Verantwortlichmachens erst begründet. Zum anderen ist da die Frage, welche Einstellungen wesentlich für unser Verantwortlichmachen sind. Da die meisten Theoretiker darin übereinstimmen, dass gewisse emotionale Einstellungen und Erwiderungen konstitutiv für die Praxis des Verantwortlichmachens sind, hat mich eine ganze Weile die tiefergehende Frage beschäftigt, was genau es an Emotionen ist, das sie dazu befähigt ihre Rolle in unserer sozialen Praxis des Verantwortlichmachens zu spielen, wieso diese Praxis nicht einfach „kühl und affektlos“ konzeptionieren?
2. Philosophische Spezialisierungsgebiete
- Moralische Verantwortung
- Vorwürfe
- Philosophie der Emotionen und reaktive Einstellungen
- Willensfreiheit und Determinismus
3. Arbeitstitel der Dissertation
Moral Responsibility as Influenceability: The role of emotions in our responsibility system
4. Abriss der behandelten Probleme
In meiner Dissertation werde ich die These vertreten, dass die moralische Verantwortung für etwas eine Frage der Beeinflussbarkeit durch spezifische Erwiderungen anderer ist. Ich werde eine Auffassung von moralischer Verantwortung vorschlagen, die dazu tendiert, sie als soziales und zukunftsorientiertes Phänomen zu verstehen. Mein Ansatz motiviert dazu, moralische Verantwortung über die Beziehung zwischen moralischen Akteuren und ihren Handlungen und Einstellungen hinaus zu analysieren und vielmehr die Tatsache zu berücksichtigen, dass die notwendige Art der Kontrolle von einem stabilisierenden Rückkopplungssystem über unsere affektiven Vorwurfseinstellungen abhängt.
Ich werde meine These von moralischer Verantwortung als Beeinflussbarkeit dabei so entwickeln, dass dies in einer doppelten Abgrenzung zu zwei prominenten Lagern geschieht. In einem ersten Schritt werde ich kritisch herausarbeiten, dass der so genannte Strawsonismus in sich Elemente einer Beeinflussbarkeitstheorie enthält und als solche plausibel weiterentwickelt werden kann. Auch werde ich aufzeigen, dass wesentliche Elemente sogenannte Neuer Zuschreibungstheorien Elemente von Beeinflussbarkeitstheorien beinhalten. Anschließend werde ich meinen Ansatz präsentieren um final zu untersuchen, wie es um die Verantwortung für unterschiedliche Objekte aussieht, wie z.B. Einstellungen, emotionale Reaktionen, Handlungen.
In meiner Dissertation werde ich daher Fragen zur Metaphysik des Verantwortlichseins aufgreifen und hier für einen Mittelweg zu gängigen Positionen argumentieren. Die Idee ist hierbei, dass die relevante Fähigkeit in Form von Gründesensitivität, welche die Eigenschaft des Verantwortlichseins begründet, in einem steten Wechselspiel mit unseren Erwiderungen des Verantwortlichmachens konstituiert und aufrecht erhalten wird.
Zentral für meine Theorie moralischer Verantwortung ist ein bestimmtes Verständnis des Verantwortlichmachens. Hier werde ich dafür argumentieren, dass wesentliche Fragen und Probleme im Feld am besten angegangen werden können, wenn wir reaktive Einstellungen, als konstitutive Einstellungen des Verantwortlichmachens, auf der Grundlage einer bestimmten Theorie der Emotionen verstehen. Ein zentraler Punkt wird hier sein, dass aus der zugrundeliegenden Emotionstheorie folgt, dass unsere Praxis des Verantwortlichmachens nicht auf Rechtfertigungen fußt, die sich auf Verdienst oder der Korrektheit eines repräsentationalen Gehalts berufen können. Mein Vorschlag wird sein, dass wir unsere Praxis – kompatibilismusfreundlich – anders begründen sollten.
Hier werde ich auf den so genannten Stachel des Vorwerfens eingehen, die Funktion von Vorwürfe und welche Rolle Vorwürfe bei der Anpassung und Aufrechterhaltung unserer Gründesensitivität spielen. Ferner werde ich hierbei die Rolle von reaktiven Erwiderungen wie Schuldgefühlen, Bedauern oder Reue beleuchten.
Eine weitere Frage der ich nachkommen möchte, ist die, nach dem ultimativen Objekt unserer moralischen Verantwortung. Einige Theoretiker gehen mit der gängigen These, dass wir nur für unser Tun verantwortlich sein können, d.h. dass Handlungen paradigmatisch der Objekt unserer Verantwortung sind, jedoch gibt es zahlreiche unterschiedliche Lager, die der Ansicht sind, dass wir ultimativ für die handlungsgenerierenden Einstellungen moralisch verantwortlich sind.