Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Qualifizierung wird wichtiger
[18.05.2015] Die Arbeitsmarktpolitik muss stärker zur Qualifizierung von Arbeitslosen beitragen, fordert Prof. Dr. Gerhard Bosch vom Institut Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE): „Einfache Tätigkeiten sind kaum noch gefragt und Arbeitslose ohne Berufsausbildung haben kaum Integrationschancen.“ Bislang werden jedoch vorrangig arbeitsmarktnahe und weiterbildungsgeeignete An- und Ungelernte vermittelt.
Anlässlich der heutigen (18. Mai) Anhörung des Ausschusses für Arbeit und Soziales im Deutschen Bundestag kritisiert Bosch, dass durch die Fokussierung auf eine schnelle Vermittlung die Zahl der Weiterbildungsmaßnahmen bis 2007/08 auf ein historisch tiefes Niveau zurückgefahren wurde. Besonders hoch waren die Einbrüche bei den Weiterbildungen mit Abschlusszertifikat. Bosch: „Es stellt sich die Frage, ob das starke Reduzieren von beruflicher Fort- und Weiterbildung vor allem in Westdeutschland nicht ein Fehler war. Die gleiche Frage stellt sich heute übrigens auch für den Osten der Bundesrepublik.“
Zwar verringerte sich die Langzeitarbeitslosenzahl im Wirtschaftsaufschwung 2005 bis 2008 deutlich. Seitdem stagniert sie jedoch – trotz Beschäftigungszunahme – auf hohem Niveau knapp über der Millionengrenze. Rund 500.000 Personen sind mehr als zwei Jahre arbeitslos. 52 Prozent der Langzeitarbeitslosen hatten 2013 keinen beruflichen Abschluss. Je länger die Arbeitslosigkeit dauert, desto mehr werden Qualifikationen entwertet. Die Berufsabschlüsse der oft älteren Langzeitarbeitslosen liegen lange zurück und müssten deshalb eigentlich aufgefrischt werden, damit sie dem Stand der zwischenzeitlich mehrfach modernisierten Berufsbilder entsprechen.
„Jahrzehntelange Arbeitslosigkeit ist erheblich teurer als eine präventive Bildungspolitik, die im Übrigen auch die beste Arbeitsmarktpolitik ist“, warnt Bosch. Eine Trendwende sei nur durch ein Maßnahmenpaket zu erreichen, das die besonderen Probleme der Langzeitarbeitslosen im Blick hat und in eine Wachstumsstrategie eingebunden ist. Über regionale Netzwerke und (Nach-)Betreuung hilft es auch, Vorurteile zu überwinden. Eine solche auf den Einzelfall ausgerichtete Arbeitsmarktpolitik brauche einen hochflexiblen Mitteleinsatz. Angesichts der vielfältigen Probleme und unterschiedlichen Potentiale der Betroffenen könne Langzeitarbeitslosigkeit nur mit einem Bündel von Instrumenten bekämpft werden.
Der Arbeitsmarktforscher begrüßt die angekündigten Bundes-Programme zur Bekämpfung der Langzeitarbeitslosigkeit. Allerdings hätte man die neuen Elemente – Betriebsakquise, Coaching, Gesundheitsförderung – besser an die Regelförderung (§16e SGB II "Förderung von Arbeitsverhältnissen") anbinden können. Denn damit stehe ein ausbaufähiges Instrument zur Verfügung, das allen Arbeitgebern von der Privatwirtschaft über die Beschäftigungsträger bis hin zu Sozialen Unternehmen offenstehe.
Weitere Informationen:
IAQ-Standpunkt „Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit“ http://www.iaq.uni-due.de/iaq-standpunkte/index.php
Prof. Dr. Gerhard Bosch, IAQ, Tel. 0203/379-1827, gerhard.bosch@uni-due.de
Redaktion: Claudia Braczko, claudia.braczko@uni-due.de, Tel. 0170/8761608
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