Pressemitteilung der Universität Duisburg-Essen
Neu entdeckt und schon bedroht
[02.03.2016] Dass im Iran weitaus mehr Flohkrebsarten leben als bislang bekannt, fanden jetzt Wissenschaftler der Universität Duisburg-Essen (UDE) und der Ruhr-Universität Bochum (RUB) zusammen mit iranischen Kollegen heraus. Ihre Ergebnisse verändern bisherige Grundannahmen und sind in der neuesten Ausgabe der internationalen Fachzeitschrift Scientific Reports veröffentlicht.
Ausgangspunkt war die Anfrage von Wasserforschern der Universität Teheran: Sie hatten Probleme, Flohkrebsarten aus dem Norden und Nordwesten ihres Landes korrekt zu typifizieren. Weil sie äußerlich vollkommen gleich aussahen, kamen sie mit den traditionellen Bestimmungsmethoden nicht weiter. Sie suchten Rat in Deutschland und fanden ihn bei Kollegen aus der RUB und der UDE.
Projektbetreuer Dr. Alexander M. Weigand: „Wir waren sofort begeistert von der Idee und luden einen Teheraner Nachwuchswissenschaftler zu uns ein, damit er das Erbgut der Flohkrebse untersuchen kann.“ Denn ähnlich wie der Barcode auf Supermarktartikeln helfen Genom-Abschnitte bei der genauen Zuordnung. Weil die Basenabfolge der DNA typspezifisch ist, konnten die vorliegenden Tiere in unterschiedliche Arten getreent werden.
Insgesamt 189 Tiere wurden im Labor untersucht. Auf den ersten Blick hatte man es mit fünf für den Iran bekannten Arten zu tun. Weigand: "Die Laborergebnisse haben uns dann aber sehr überrascht, denn auf einmal hatten wir 42 Arten vor uns. Über 90 Prozent von ihnen sind neu für die Wissenschaft." Und das ist noch nicht alles: Mehr als zwei Drittel dieser bislang unbekannten Spezies wurden jeweils an einem einzigen Standort vorgefunden. Weigand: „Das Erschreckende ist jedoch, dass bereits jetzt viele von ihnen noch vor ihrer formalen wissenschaftlichen Beschreibung akut bedroht sind".
Die Ergebnisse der deutsch-iranischen Forschergruppe widersprechen der gängigen Meinung. Bislang galten viele der iranischen Flohkrebsarten als weitverbreitet und damit wenig gefährdet. Die neuen Ergebnisse zeigen ein anderes Bild. Die iranischen Forscher können ihren örtlichen Behörden jetzt einen verlässlicheren Überblick über den schützenswerten Artenreichtum an seltenen und zumeist lokal vorkommenden Flohkrebsarten an die Hand geben. Existenzbedroht sind sie deshalb, weil die Ufervegetation immer mehr zurückgeht und ihnen andere Tierarten im Fluss das Leben schwer machen.
Publikationshinweis: Scientific Reports: "Drastic underestimation of amphipod biodiversity in the endangered Irano-Anatolian and Caucasus biodiversity hotspots" doi: 10.1038/srep22507
Weitere Informationen: Dr. Alexander M. Weigand, Äquatische Ökosystemforschung, Tel. 0201/183-6710, alexander.weigand@uni-due.de, weiganda@gmx.net
Redaktion: Beate Kostka, Tel. 0203/379-2430, 0172/2365-379, beate.kostka@uni-due.de
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