EKfG-Vortragsreihe 2014-15
Forschungsforum Gender im Wintersemester 2014/15 Gesundheit – Care – Geschlecht
Donnerstag 16.00 s.t. -17.30h
Campus Essen, Bibliothekssaal R09 T00 K18 oder S05 R03 H20
Beginn: 23. Oktober 2014
Die interdisziplinäre Vortragsreihe nimmt sich des Themas aus medizinischer, gesellschafts-, sozial- und wirtschaftswissenschaftlicher Perspektive an. Die Beiträge greifen Forschungsfragen aus dem EKfG-Forschungscluster "Geschlechtergerechte Gesundheitsversorgung/ Geschlechtergerechtes Gesundheitswesen" auf. Mitglieder und KooperationspartnerInnen des EKfG stellen ihre Forschungsergebnisse vor und eröffnen Einblick in einen zentralen Arbeitsschwerpunkt des Kollegs.
Programm und Abstracts Vorträge 2014/15
PD Dr. Andrea Kindler-Röhrborn, Institut für Pathologie Das individuelle Krebsrisiko: Spielt das Geschlecht eine Rolle?
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Vortrag am 23.10.2014 in R09 T00 K18
(Bibliothekssaal)
Krebs ist eine der führenden Todesursachen weltweit. Bösartige Tumoren gehören zu den „komplexen Erkrankungen", Krankheiten bei deren Entstehung sowohl die genetische Veranlagung als auch Umweltfaktoren eine Rolle spielen. Interessanterweise entstehen viele Tumorerkrankungen, die nicht die Geschlechtsorgane betreffen, überwiegend bei einem Geschlecht. So kommen Schilddrüsenkarzinome etwa sechsmal häufiger bei Frauen als bei Männern vor. Andersherum entstehen Bronchialkarzinome fast dreimal öfter bei Männern. Es ist bis heute nicht klar, welche Einflussgrößen die Geschlechtspräferenz der Tumorentstehung bedingen. Einerseits ist vorstellbar, dass geschlechtsspezifische Umweltfaktoren wie z.B. Beruf, Freizeitverhalten, Ernährung, Umgang mit Genussmitteln, Präventionsverhalten gegenüber Krankheiten wichtige Determinanten sind. Es ist jedoch ebenfalls bekannt, dass zwischen Männern und Frauen genetische und hormonelle Unterschiede bestehen und dass – zum Teil infolgedessen – in ihren Organen viele Gene unterschiedlich aktiv sind. Untersuchungen an Tieren, die unter kontrollierten Bedingungen gehalten werden, zeigen, dass auch hier ein geschlechtsspezifisches Risiko für verschiedene Tumorerkrankungen besteht. Diese Modellorganismen ermöglichen eine Gewichtung von Umwelt- und genetischen Faktoren im Hinblick auf das geschlechtsspezifische Krebsrisiko vorzunehmen und die determinierenden Gene zu identifizieren, um damit Ansatzpunkte für unterschiedliche Präventionsmaßnahmen bei Frauen und Männern zu finden.
Prof. Dr. Sigrid Elsenbruch, Insitut für Medizinische Psychologie & Verhaltensimmunbiologie Chronische Schmerzen – ein Frauenproblem? Psychologische und neurobiologische Befunde aus der Schmerzforschung
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Vortrag am 30.10.2014 in S05 R03 H20
Chronische Schmerzen treten bei Frauen wesentlich häufiger auf als bei Männern. Wiederholte Schmerzen und andere Beschwerden bedeuten oft eine erhebliche Belastung für die Betroffenen, zumal kaum effektive Therapiemöglichkeiten zur Verfügung stehen und häufig wiederholte Arztbesuche und Therapieversuche unternommen werden müssen. Die möglichen Ursachen für die Geschlechterunterschiede sind bislang unvollständig verstanden, es kommen jedoch neben biologischen Faktoren auch soziale und psychologische Einflussfaktoren in Frage, die hier aus einer interdisziplinären Perspektive kritisch analysiert und diskutiert werden sollen. Ziel ist es, am Beispiel des Reizdarmsyndroms die komplexen Interaktionen zwischen Geschlecht, Neurobiologie und Psychologie aufzuzeigen, wie man sie mit experimentellen Schmerzparadigmen bei Gesunden und Erkrankten wissenschaftlich untersuchen kann.
Prof. Dr. Ursula Felderhoff-Müser, Klinik für Kinderheilkunde I/ Perinatalzentrum Sehr kleine Frühgeborene – Geburt an der Grenze der Lebensfähigkeit
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Vortrag am 06.11.2014 in R09 T00 K18 (Bibliothekssaal)
Die Klinik für Kinderheilkunde I/ Perinatalzentrum des Universitätsklinikums Essen betreut rund 700 Früh- und Neugeborene, davon ca. 80 mit einem Geburtsgewicht kleiner als 1500 g. Wenn ein Kind viel zu früh die schützende Gebärmutter verlässt, entspricht die neue Welt in keiner Weise mehr seiner bisherigen Umgebung, die optimal auf das Baby und seine Bedürfnisse abgestimmt war. Dies stellt die Kinder wie auch ihre medizinische und elterliche Betreuung vor besondere Herausforderungen.
Dipl.-Psych. Nina Kreddig, Abteilung für Medizinische Psychologie und Medizinische Soziologie, Ruhr-Universität Bochum Angst und Furcht im chronischen Rückenschmerz: Eine Gender-Perspektive
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Vortrag am 13.11.2014 in S05 R03 H20
Rückenschmerzen sind ein weit verbreitetes Schmerzleiden - zwischen 74 und 85% aller Deutschen erleiden sie in ihrem Leben mindestens einmal. Wie bei vielen Schmerzstörungen sind auch hier Frauen häufiger betroffen als Männer. Bei der Mehrzahl der Betroffenen verbessern sich die Schmerzen innerhalb weniger Wochen. Halten sie länger als drei Monate an, werden sie als chronisch bezeichnet. Warum jedoch entwickeln einige Betroffene chronische Rückenschmerzen, während die Schmerzen bei den meisten nur eine vorübergehende Erscheinung sind? Woran könnte es liegen, dass Frauen häufiger von Schmerzen betroffen sind als Männer? Und warum passt der subjektive Schmerzbericht nicht immer zum organischen Befund?
Eine Erklärung liegt in der Multidimensionalität von Schmerzen. Schmerzen interagieren mit Kognition, Verhalten und Emotion, weswegen bei der Behandlung von Schmerzen nicht nur die organischen Befunde zu beachten sind, sondern auch psychosoziale Variablen. Besonders die emotionalen Aspekte spielen eine große Rolle in der Entstehung und Aufrechterhaltung von Schmerzen, beispielsweise durch Erwartung von Schmerz sowie Angst und Furcht vor Schmerz.
Aufgrund von genetischen, hormonellen, neurologischen und physiologischen Unterschieden sowie Unterschieden in Immunsystem und Stoffwechsel ist es nicht überraschend, dass Männer und Frauen Schmerzen unterschiedlich erleben und verarbeiten und unterschiedlich auf Angst und Furcht reagieren. Dieser Vortrag beschäftigt sich mit der Frage, wie die drei Konzepte Schmerz, Angst/Furcht und Gender interagieren: Auf welche Weise beeinflusst schmerzbezogene Angst/Furcht die Verbindung zwischen Geschlecht und Schmerzintensität, und wird ein Geschlecht stärker beeinflusst als das andere?
Prof. Dr. med. Dorothée Nashan, Hautklinik, Klinikum Dortmund Frauen in der Dermatologie – ein Paradebeispiel
Vortrag am 20.11.2014 in R09 T00 K18 (Bibliothekssaal)
„Probleme kann man niemals mit derselben Denkweise lösen, durch die sie entstanden sind.“ Albert Einstein
Eine Chance für Frauen
Frauen sind seit jeher in der Medizin etabliert. Unser Ziel sollte es sein, jeder Ärztin eine Berufsplanung „wo, wie, was sinnvoll und förderlich ist“ aufzuzeigen und in gemeinsamer Absprache zu ermöglichen. Berufskarrieren sind kein Zufall und nicht ins Zukünftige zu vertagen.
Tutorinnen, Mentorinnen, Netzwerke und Verbünde stehen unterstützend in Planung, Entwicklung, Problemlösungen zur Verfügung; Gleichstellungsbeauftragte sollen in der fairen Positionierung helfen. Zertifikate wie ´berufundfamilie´ schmücken so manche Klinik und sind ein Signal, dass man Frau mit Kind im Beruf unterstützt. Noch zu individuell und ohne flächendeckende Standards bleiben die (Heraus-)Forderungen der jungen Generation bestehen.
Die Zukunft der Medizin braucht Ärztinnen als Leistungsträger. In der Dermatologie ist der fehlende Nachwuchs in einem überalterten Kollektiv niedergelasssener Kollegen berechenbar. Die Führung in dermatologischen Kliniken darf mit aktuell 14% Chefärztinnen noch weiblichen Zuwachs erfahren. Und doch belegen Publikationen und Umfragen geschlechtsspezifische Hemmnisse und Hürden für Frauen. Wieso? Wenn doch Frauen in Industrie, Finanzen und Wissenschaft als innovativ, sozial intelligent, geeignete Managerinnen von Personal und Krisen und mit sicherem Gespür für Wirtschaftlichkeit und Erfolg anerkannt sind.
Die Dermatologie ist ein modernes Fach mit einem immensen Krankheitsspektrum und technischen und therapeutischen Innovationen. Das Geschlechterverhältnis von weiblich zu männlich mit 60%:40% am Ende des Studiums setzt sich bis zum Ende der 5-jährigen Facharztzeit zum Dermatologen fort. Dann werden die Weichen für die Zukunft gestellt, und Frauen und Männer suchen eine Personalplanung unter Berücksichtigung der Lebensereignisse, wie z.B. Umzug mit dem erfolgreichen Partner, Familienzuwachs und Elternzeit. Gleichzeitig richtet sich der Blick auf die Fortführung der Arbeit, auch in Teilzeitstellen, Zusatzqualifikationen für mehr Markwert, Habilitation, Karriere mit Kind usw.
Unsere Patientinnen/Patienten brauchen den Nachwuchs. Es ist an uns, Chancen und Möglichkeiten anzubieten, zu entwickeln und die Zukunft zu gestalten.
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Prof. Karen Shire, Ph. D., Institut für Soziologie Family Supports and Insecure Work: The politics of household service employment in conservative welfare regimes
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Vortrag am 27.11.2014 in S05 R03 H20
In the 2000s Austria and Germany introduced policies aimed at expanding the use of private household services, arguing that such measures would support families in their ability to reconcile work and family and improve working conditions by formalizing unregistered domestic labor. Both sets of policies targeted the use of a particular form of marginal part-time work, exempting households as employers from a range of social contributions and insurance payments. While providing households with affordable services, exempted employment has constituted household service work as insecure low wage work and introduced new lines of inequalities between working women. While neither the Austrian or German reforms have succeeded in bringing informal work in private households into registered employment, they have strengthened the traditional path of women’s labor force (re-) entry into part-time work, while creating large differences in the forms of part-time employment taken up by educated and less skilled women. These two worlds of women’s employment meet directly in private households, are legitimated as family supports, thus representing one of the ways in which the modernization of conservative welfare contexts with strong male breadwinner models are creating new class-based inequalities between women. The findings suggest the need to pay more attention to the new employment risks in policies aimed at formalizing and expanding personal and household service work.
Der Vortrag wird in deutscher Sprache gehalten.
Dr. Ulrike Knobloch, Departement Sozialwissenschaften, Universität Fribourg, Schweiz Geschlechtergerechte Sorgesysteme als wirtschaftsethische Herausforderung
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Vortrag am 04.12.2014 in S05 R03 H20
Sind Betreuung und Pflege Grundbedürfnisse oder Menschenrechte? Sind Pflegeversicherung, Grundrente und Pflegewährung Bausteine eines geschlechtergerechten Sorgesystems? Im Vortrag wird untersucht, wie Sorgesysteme so gestaltet werden können, dass die Leistungen aus bezahlter und unbezahlter Arbeit gleich gewichtet sind. Dazu ist neben der Erwerbsarbeit die gesamte unbezahlte Arbeit, also Haus- und Familienarbeit ebenso wie die institutionalisierte und informelle Freiwilligenarbeit, in die Untersuchung einzubeziehen. Anknüpfen wird der Vortrag an entsprechende Ansätze der Sorgeökonomie und Wirtschaftsethik ebenso wie an die Wohlfahrtsstaatsforschung aus Geschlechterperspektive.
M. Sc. PH Christin Krajewski, Institut für Medizinische Psychologie & Verhaltensimmunbiologie Lebensqualität: Psychosoziale Aspekte bei MelanompatientInnen – Geschlecht als Risikofaktor?
Vortrag am 11.12.2014 in S05 R03 H20
Die Diagnose Krebs verändert das Leben der Betroffenen schlagartig. Im Hinblick auf das maligne Melanom (schwarzer Hautkrebs) wird bei dem Großteil der PatientInnen ein Niedrigrisiko-Melanom diagnostiziert, welches mit einer geringen Sterblichkeitsrate, aber latentem Rückfallrisiko verbunden ist. Folglich kann das Melanom als chronisch manifestierte Krankheit gelten, dessen Auftretenshäufigkeit in den letzten Jahrzehnten besonders in den westlichen Ländern weiter stark angestiegen ist.
Psychosoziale Aspekte bei Melanompatienten, insbesondere die langfristigen Auswirkungen der Erkrankung, sind essentielle Outcomefaktoren, die bislang jedoch wenig erforscht wurden. Daher hat die Klinik für Dermatologie in Zusammenarbeit mit dem Institut für Medizinische Psychologie des Universitätsklinikums Essen im Zeitraum zwischen 2008 und 2012 eine deutschlandweite Studie durchgeführt. Auf dieser Grundlage werden die psychosozialen Faktoren Lebensqualität, Angst, Depression und auch die Krankheitsbewältigung bei Melanompatienten vier Jahre nach der Diagnosestellung vorgestellt. Dabei werden sowohl klinische, soziodemographische, als auch psychologische Parameter als mögliche Einflüsse erörtert.
Kann insbesondere das Geschlecht als Risikofaktor für eine geringere Lebensqualität und psychologische Verfassung ausgemacht werden? Dies wird sowohl im Kontext der Studie, als auch vor dem Hintergrund des aktuellen Literatur- und Wissenschaftsstandes diskutiert.
Dipl.-Pflegewiss. Christoph Bräutigam, Institut Arbeit und Technik, Gelsenkirchen Neue Arbeitsteilung im Krankenhaus – Fortschritt für Beschäftigte und PatientInnen?
Vortrag am 18.12.2014 in S05 R03 H20
Das Krankenhaus hat einen weiten Weg von der Krankenanstalt über die Expertenorganisation bis zum Unternehmen hinter sich. Viele Häuser sind heute im Wesentlichen damit beschäftigt, ihr wirtschaftliches Überleben abzusichern. Zusätzlich kennzeichnen Fachkräfteengpässe, Professionalisierungsbestrebungen, komplexere Versorgungsanforderungen sowie wachsende Ansprüche der Patientinnen und Patienten die Entwicklung.
Vor diesem Hintergrund hat sich seit einigen Jahren unter anderem die Diskussion um die Aufgabenverteilung zwischen den Berufen spürbar verstärkt. Aufgaben und Tätigkeiten sowie dafür erforderliche Qualifikationen und Kompetenzen unterliegen einem Wandel, Veränderungen der Arbeitsteilung sind längst Alltag. „Neue Arbeitsteilung“ gilt als konzeptioneller Rahmen für neue Kompetenz- und Prozesszuschnitte, Differenzierung und Spezialisierung sowie für die Schaffung neuer Berufe, vor allem im Bereich „Assistenz“ und „Service“. Darin läge die Chance für eine grundlegende und bedarfsgerechte Restrukturierung des Krankenhauses.
Welche konkreten Veränderungen der Aufgabenteilung haben stattgefunden? Wie stellen sie sich aus der Perspektive der Beschäftigten dar? Wie mit Blick auf die Geschlechter? Wie sind die Auswirkungen auf die Professionalisierung einzuschätzen? Profitieren die Patientinnen und Patienten von diesen Reorganisationsprozessen? Der Beitrag diskutiert Befunde zu diesen und verwandten Fragen.
Sarah Vader, M.A., Kliniken Essen-Mitte, Medizinische Fakultät Universitätsklinikum Essen How Women Change Medicine: A Case Study in a German Hospital
Vortrag am 08.01.2015 in R09 T00 K18
(Bibliothekssaal)
Der Vortrag wird in englischer Sprache gehalten, in der anschließenden Diskussion können Fragen gerne in deutscher Sprache gestellt werden.
In the last few decades, the number of women who participate in medical schools has increased significantly in Germany. Until the 1990’s, the medical profession was mainly male dominated. This changed during the 1990’s when more women took part in medical studies. Currently, 60% of the physicians under the age of 35 are female and almost 70% of the medical students are women, leading to an even bigger amount of female doctors in the future. This trend is not only visible in Germany; also the UK and other European countries experience this so called ‘feminization of medicine’. What is clear in the discussion is that the number of female physicians has increased. But does this mean that medicine itself has changed as well?
In this lecture, I want to discuss how the feminization of medicine influences Germany’s medical institutions by means of a conducted case study in a hospital. After discussing the matter of feminization and what it means for an organization to become feminized, I will present some outcomes of a research I carried out in a German hospital.
Dr. med. Katja Staade, Klinik für Allgemein-, Unfall- und Viszeralchirurgie, Dominikus-Krankenhaus, Düsseldorf Kulturwandel durch Frauen in der Männerdomäne Chirurgie – Realität oder Fiktion?
Vortrag am 15.01.2015 in R09 T00 K18
(Bibliothekssaal)
Viele akademische Berufe sind entsprechend der gesellschaftlichen Struktur vom 20. bis ins 21. Jahrhundert männerdominiert gewesen. In der Medizin ist die Chirurgie hierfür ein klassisches Beispiel. 1908 wurde mit Franziska Tiburtius die erste Chirurgin in Deutschland ausgebildet. 38 Jahre später trat Charlotte Mahler als erste Chirurgin eine Chefarztstelle in Frankfurt an. Es dauerte 55 weitere Jahre bis Frau Prof. Henne-Bruns als erste chirurgische Ordinaria in Deutschland für einen chirurgischen Lehrstuhl berufen wurde. Ein Kulturwandel in der Chirurgie erfolgt eindeutig, aber langsam. Das Tempo wird bestimmt durch den für beide Geschlechter immer noch mühevollen Spagat zwischen Familie und Karriere, wenige weibliche Vorbilder, fehlende Seilschaften und Netzwerke. Die gesellschaftliche Akzeptanz und fachimmanente unabänderliche Gegebenheiten sind weitere entscheidende Faktoren für den Prozess.
Obwohl der Anteil der Chirurginnen in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist und in vielen Kliniken die Hälfte oder sogar mehr als die Hälfe der Assistenzärztinnenstellen durch Frauen besetzt ist, gibt es weiter unterdurchschnittlich viele Chirurginnen in Führungspositionen. Im Bereich der Ärztekammer Nordrhein sind nur 5 % der 483 Führungspositionen "Leitende Ärztin/Chefärztin" mit Frauen besetzt.
Der Vortrag stellt verschiedene Aspekte dar, warum das Vorantreiben des Kulturwandels für Ärzte und Patienten gleichermaßen wichtig ist, warum er sich so langsam vollzieht und welche Änderungen den Weg ebnen können.
Ursula Kreft, M.A. und Dr. Ute Pascher-Kirsch, Rhein-Ruhr-Institut für Sozialforschung und Politikberatung Von der Berufung zum Beruf: Warum Gesundheitsprävention für Altenpflegerinnen so schwer umzusetzen ist
Vortrag am 22.01.2015 in S05 R03 H20
Die professionelle Altenpflege in Deutschland ist überwiegend „Frauensache“: Weit über 80% der Beschäftigten sind weiblich. Die Arbeitsbedingungen sind in mehrfacher Hinsicht – physisch und psychisch – hoch belastend. In vielen Einrichtungen gibt es auffallend hohe Krankenstände. Trotzdem wird Gesundheitsprävention in der Altenpflege bisher nur sporadisch praktiziert. In unserem Vortrag beschäftigen wir uns mit einigen Faktoren, die ein Gesundheitsmanagement erschweren:
Die Berufskultur der Altenpflege tendiert dazu, negative Eindrücke zu tabuisieren, individuelle Belastungen zu ignorieren und persönliche Bedürfnisse abzuwerten. Sie wird wesentlich von folgenden Elementen bestimmt: 1. vom traditionellen Stereotyp der fürsorglichen, mitfühlenden Frau, die von Natur aus dazu berufen ist, sich um Hilfsbedürftige zu kümmern; 2. vom christlichen Konzept der selbstlosen Nächstenliebe; 3. von hohen fachlichen Ansprüchen einer medizin-basierten Pflege.
Das Idealbild der „guten Altenpflege“ ist eine mitfühlende Fachkraft, die sich „mit Herzblut“ zum Wohle anderer verausgabt. Eine Pflegekraft, die Pausen einfordert, läuft Gefahr, als „herzlos“, kalt und egoistisch zu gelten. Ihre Eignung für den Beruf wird unter Umständen sogar von Kolleginnen in Frage gestellt.
Das Ideal der Altenpflege ist im Arbeitsalltag nicht erreichbar, denn es steht in deutlichem Widerspruch zu rigiden zeitlichen und ökonomischen Vorgaben. Das Ideal wird von Beschäftigten trotzdem verteidigt, denn es ist Teil ihrer Strategie den Berufsalltag zu bewältigen.
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Dipl. Soz.-Arb./Soz.-Päd. Sabine Neukirch, Institut SO.CON – Social Concepts - Institut für Forschung und Entwicklung in der Sozialen Arbeit, Hochschule Niederrhein Mönchengladbach Genese und Spannungsfelder transnationaler Betreuungsarbeit im Privathaushalt. Nachfrageorientierte Einflussfaktoren und Ergebnisse aus dem Forschungs- und Entwicklungsprojekt „ZuRuV“
Vortrag am 29.01.2015 in R09 T00 K18
(Bibliothekssaal)
Deutschland wird in den kommenden Jahren zum Taktgeber der demografischen Entwicklung in Europa, womit bis 2050 eine prognostizierte Verdreifachung des Anteils der hochaltrigen Bevölkerung an der Gesamtpopulation einhergeht. Dieser Trend lässt die Frage virulent werden, wer – und unter welchen Bedingungen – die Betreuungs- und Versorgungsbedarfe der älteren Menschen wird abdecken können.
Augenblicklich werden 70% der Pflegebedürftigen im eigenen Zuhause und zuvorderst durch weibliche Angehörige versorgt. Es ist jedoch eine Entwicklung zu beobachten, im Rahmen derer zunehmend osteuropäische Frauen in Privathaushalten Älterer unter prekären Bedingungen leben und zum Zwecke umfänglicher Betreuungsarbeit beschäftigt werden. Aufgrund der Persistenz geschlechtsspezifischer Arbeitsteilung auch in den Herkunftsländern erfolgt dort die Bewältigung des care deficit mittels weiblicher Verwandter oder eines Rückgriffes auf wirtschaftlich noch fragilere (Binnen-)Migrantinnen, so dass eine Umverteilung der Reproduktionsarbeit zwischen Frauen und entlang von Armutsgrenzen zu beobachten ist.
Der Vortrag beleuchtet die Gründe, die in Deutschland mit der Entstehung dieses „Sonderarbeitsmarktes“ und seiner spezifischen Ausprägung assoziiert sind, sowie sozialpolitische Implikationen und stellt Ergebnisse eines qualitativ-empirischen Forschungs- und Entwicklungsprojektes zum Themenkreis vor.
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Prof. Dr. Toine Lagro-Janssen, GP, Gender & Women’s Health, Radboud University Medical Centre, Nijmegen Gender and Diversity in Medical Education (tbc)
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Vortrag am 05.02.2015 in R09 T00 K18
(Bibliothekssaal)
The paper will teach and discuss selected themes concerning teaching gender medicine and gender/diversity sensitive criteria, and inform about the implementation aspect of a gender-sensitive programme at Dutch medical faculties.