Professur IBEP Lehre
Lehre an der Professur IBEP
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Laura Isabella Brunke, Tobias Debiel, Daniel Lambach, Andréa Noël, Christian Pohlmann, Patricia Rinck, Jannis Saalfeld, Carmen Wunderlich
Lehrprofile
Kompetenzentwicklung in der Lehre
Lehrprofil der Professur Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik (2022-2024)
Die Lehre genießt bei uns hohe Wertschätzung. Die Mitglieder unseres Teams arbeiten an der stetigen Verbesserung ihrer Fähigkeiten in Lehre, Prüfung und Beratung, u.a. durch die Teilnahme an Fortbildungen und am NRW-Zertifikatsprogramm. Wir sind bestrebt, innovative und didaktisch durchdachte Lehr- und Prüfungsformate zu verwenden. Dazu gehört, dass wir uns in einer reflektierenden Weise mit den Voraussetzungen und Möglichkeiten einer gendersensiblen Lehre auseinanderzusetzen.
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Ziel ist es, durch eine kritische Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und -stereotypen diskriminierende Strukturen und Verhaltensweisen zu vermeiden. Außerdem geht unsere Lehre auf Diversität ein. Dies äußert sich dadurch, dass verschiedene Gruppen von Studierenden mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zum Studium und Herausforderungen im Studium konfrontiert sind. Dabei haben an der Universität Duisburg-Essen in Bezug auf die Lebenswirklichkeiten der Studierenden neben der Gender-Dimension die Kategorien der sozialen Herkunft sowie der Migration eine besondere Relevanz.
Ziel unserer gender- und diversitätssensiblen Lehre ist die Entwicklung spezifischer Kompetenzen, die unsere Studierenden für ihren weiteren Werdegang mit Blick auf ihre Handlungs- und Urteilsfähigkeit benötigen. Die Befähigung, einen politischen Standpunkt einzunehmen und diesen argumentativ zu begründen, sehen wir als Grundvoraussetzung, um später als ausgebildete Politikwissenschaftler:innen bzw. Politik-Lehrer:innen glaubwürdig und seriös aufzutreten. Dabei sind nicht alle Standpunkte gleichermaßen anerkennungswürdig – auf die Qualität ihrer (auch normativen) Begründung kommt es an. Unser Ziel ist es, dass die Absolvent:innen unserer Module und Lehrveranstaltungen über die folgenden fünf Kompetenzen verfügen:
Forschungs- und Analysekompetenz
- Die Absolvent:innen können eigenständige politikwissenschaftliche Analysen zu Themen der Internationalen Beziehungen, der Friedens- und Konfliktforschung sowie der Entwicklungsforschung vornehmen.
- Die Absolvent:innen beherrschen die Standards wissenschaftlichen Arbeitens sicher und wenden diese in einer methodisch durchdachten Weise auf Probleme der Internationalen Beziehungen und der Entwicklungspolitik an.
Urteils- und Diskussionskompetenz
- Die Absolvent:innen sind in der Lage, wissenschaftlich zu argumentieren und ihre eigenen Standpunkte strukturiert zu erläutern. Dabei sind sie kritisch gegenüber ihrer eigenen Haltung und können konstruktiv auf Kritik eingehen.
- Die Absolvent:innen würdigen andere Positionen und können daran begründete Kritik formulieren.
Komplexitätskompetenz
- Die Absolvent:innen begegnen Wandel, Vielfalt und Alterität mit einer offenen Grundhaltung und betrachten diese eher als Bereicherung oder Herausforderung denn als Bedrohung.
- Die Absolvent:innen suchen in einer vielschichtigen Welt nicht nach vereinfachenden Antworten auf schwierige Fragen, sondern finden angemessene Lösungen für komplexe Problemstellungen.
Digitalisierungskompetenz
- Die Absolvent:innen können elektronische Informationsquellen erschließen, kritisch einordnen und auswerten. Dafür beherrschen sie Such- und Selektionstechniken, um wichtige Quellen schnell zu identifizieren.
- Gleichzeitig beherrschen die Absolvent:innen Verfahren der Quellenkritik, um die Vertrauenswürdigkeit von Quellen einzuschätzen und in (Online-)Diskursen angemessen aufzutreten.
Demokratiekompetenz
- Die Absolvent:innen entwickeln Motivationen und Fähigkeiten, um als Bürger:innen eine durch Globalisierung und Digitalisierung geprägte Demokratie aktiv mitzugestalten und am politischen Diskurs teilzuhaben.
- Die Absolvent:innen können die Perspektive anderer Personen einnehmen und deren Denk- und Handlungslogik rekonstruieren. Diese Fähigkeit zum empathischen Perspektivwechsel ermöglicht ihnen, in interkulturellen Lebenswelten reflektiert und sensibel zu handeln.
Wir gehen davon aus, dass diese Kompetenzen am besten durch aktivierende Lehr-Lern-Formate eingeübt werden können. Dafür verwenden wir eine interaktive und studierendenzentrierte Didaktik. In diesem Rahmen beziehen wir Studierende in die Leitung und Gestaltung von Seminaren ein und nutzen unterschiedlichste Formate der Beteiligung (Podiumsdiskussionen, inszenierte Kontroversen, etc.). An ausgewählten Beispielen schlagen wir auch die Brücke zur Kultur, so etwa bei der Einbeziehung lateinamerikanischer Rap-Songs in den Unterricht. Nicht zuletzt bemühen wir uns, eurozentrische Perspektiven kritisch zu hinterfragen und auch Stimmen aus dem Globalen Süden zu Wort kommen zu lassen.
Unsere Lehre berücksichtigt in allen Studiengängen vertiefende Fall- und Praxisbezüge, um die Anwendung von theoretischem Wissen und Analysekompetenzen anhand konkreter empirischer Sachverhalte zu trainieren und die Studierenden auf das Leben nach der Hochschule vorzubereiten. Im Vordergrund steht bei uns die Präsenz-Lehre, gezielt setzen wir aber auch digitale Tools für die virtuelle und hybride Lehre ein.
Gender in der Lehre
Profilpapier der Professur Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik
Das Team der Professur Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik ist darauf bedacht, in einer reflektierenden Weise gendersensible Lehre umzusetzen. Ziel ist es, durch eine kritische Auseinandersetzung mit Geschlechterrollen und -stereotypen diskriminierende Strukturen und Verhaltensweisen zu vermeiden. Durch die Berücksichtigung von Genderaspekten soll mithin zu einer gleichberechtigten Teilhabe aller an den Lehr-Lern-Kontexten beteiligten Personen beigetragen werden.
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In der Lehre spielen zugleich nicht nur Gendergesichtspunkte, sondern ebenfalls Diversität und möglicherweise daraus resultierende Ungleichheiten eine wichtige Rolle. Diversität umfasst die Vielfalt aller Menschen und schließt damit die Aspekte ethnische Herkunft, Alter, Geschlecht, sexuellen Orientierung, Behinderung, Weltanschauung (Religion) mit ein. Im Kontext der Lehre beziehen wir zudem das Konzept „Class“ mit ein, um sozio-ökonomischen Ungleichheiten und unterschiedlichen Bildungszugängen ebenfalls gerecht zu werden.
Mit Blick auf die gendersensible Lehre betonen wir vier Aspekte:
- Genderrollen in der Lehre
Die Lehre ist geprägt von verschiedenen Genderrollen. Diese finden sich nicht nur im Verhältnis zwischen den Lehrenden und Studierenden, sondern auch im Verhältnis der Studierenden untereinander. Das Verhältnis von Studierenden untereinander fällt insbesondere bei Wortbeiträgen auf, bei denen mögliche Dominanzstrukturen ggf. kritisch besprochen werden sollten. Denn Studierende sind sich dieser Genderrollen in Diskussionen häufig nicht völlig bewusst. Das Thematisieren hat einerseits zum Ziel, eine erhöhte Sensibilität für männlich konnotierte Diskussionskulturen zu schaffen, andererseits sollen damit Gestaltungsräume für eine breitere Diskussionskultur eröffnet und gefördert werden. Dabei liegt es auch an den Lehrenden, eine Seminarstruktur zu schaffen, welche diese breitere Diskussionskultur fördert und zugleich zu klarer Positionierung, insbesondere von Frauen, anregt und ermuntert.
Die Genderrollen im Verhältnis zwischen den Lehrenden und Studierenden zeichnen sich durch verschiedene Aspekte aus. So kann sich geschlechterstereotypisches Verhalten einzelner Studierenden gegenüber der lehrenden Person ausdrücken, etwa in mangelndem Respekt bzw. in der Aberkennung der Autorität jüngerer Lehrender (early career researchers) – wobei Frauen besonders davon betroffen zu sein scheinen. Erfahrungen haben uns gezeigt, dass in diesen Kontext das Siezen als persönliche Ansprache Vorteile gegenüber dem Duzen haben kann. Die förmliche Ansprache ist jedoch nur eine Möglichkeit des Umgangs mit Infragestellungen. Allerdings gibt es keine Patentlösungen. Angepasste Strategien lassen sich am besten über einen interaktiven Austausch mit vertrauten Kolleginnen und Kollegen entwickeln.
Um eine gendersensible Lehre zu stärken, sollten Lehrende Geschlechterstereotypen, die von Studierenden z.B. in der Seminardiskussion reproduziert werden, ansprechen, mit ihnen zusammen reflektieren und zu einer Neuformulierung gelangen. Außerdem ist es uns wichtig, auf die Grenzen binärer Sichtweisen auf Geschlechter aufmerksam zu machen. Außerdem sollten Lehrende den Studierenden signalisieren können, dass sie bei spezifischen Bedarfslagen kontaktiert werden und fallbezogene. Sonderregelungen ermöglichen können (z.B. bei der Betreuung/Pflege von Kindern; Angehörigen oder Menschen mit Behinderung).
- Kritische Reflexion der eigenen Sprache
Mit der Verwendung einer gendersensiblen Sprache[1] können Lehrende aktiv zur Gleichberechtigung der Geschlechter beitragen und Studierende verschiedenen Geschlechts gleichberechtigt und angemessen adressieren. Des Weiteren kann eine gendersensible Sprache des Lehrenden bei Studierenden zum Nachdenken und zu veränderten Sprech- und Verhaltensweisen führen. Zudem können Studierende in den Lehrveranstaltungen dazu animiert werden, ihren eigenen Sprachgebrauch kritisch zu hinterfragen. Dabei bleibt zu beachten, dass es nicht die eine richtige Form gendersensibler Sprache gibt, die es zu verwenden gilt. Im Vordergrund steht vielmehr eine kritische Auseinandersetzung mit der eigenen Sprachpraxis. Sie bildet die Grundlage für eine bewusste Entscheidung für eine bestimmte Sprachform mit dem Wissen um ihre Implikationen. Sexistische, rassistische oder andere diskriminierende Formulierungen gilt es jedoch absolut zu vermeiden.
- Berücksichtigung von unterschiedlichen Lernstilen
Alle Menschen lernen auf unterschiedliche Weise unterschiedlich gut. Für Studierende gerade in den ersten Bachelorsemestern braucht es Übung und einiges Ausprobieren, den eigenen Lernstil zu finden oder zu entwickeln. Eine grobe Unterscheidung in die vier Lernstile analytisch, autoritativ, kommunikativ und konkret könnte dabei eine erste Orientierung darstellen[2]. Analytisch bedeutet hier, dass eine Person gut durch eigenständiges Lesen und Erarbeiten von Fachtexten lernt. Autoritativ, dass jemand gut lernen kann, wenn die formalen Lernziele klar und deutlich sind. Kommunikativ, dass jemand durch Gruppenarbeiten und Diskussionen oder Erklären besser lernt und konkret, dass jemand gut lernt, wenn die Person die zu erwerbenden Kompetenzen kennt. Zu berücksichtigen ist, dass die Lernstile gewichtet vorhanden sind, d.h. Lernende präferieren Lernstile zu unterschiedlichen Anteilen. Lehr- und Prüfungsformen kommen häufig einseitig nur einem oder zwei dieser Lernstile entgegen.
Eine quantitative Studie kam außerdem zu dem Ergebnis, dass es geschlechterbasierte Unterschiede bei der Präferenz für Lernstile gibt[3]. Auch wenn diese Studie schon etwas älter ist, geben uns ihre Ergebnisse doch Anregungen zum Nach- und Weiterdenken. Demnach zeigen Frauen beim Lernen unter anderem eine höhere Motivation, Ausdauer und Verantwortung, männliche Personen hingegen stärkere Gruppen- und Bewegungsorientierung[4]. Die Studie in fünf Ländern stellte zusätzlich kulturelle Unterschiede bei der Präferenz für Lernstile fest[5]. Dies lässt die Vermutung zu, dass Diversität ebenfalls zu Unterschieden bei der Präferenz von Lernstilen und Lernverhalten führen könnte. Die Berücksichtigung dieser Unterschiede in den Lernstilen in der Lehrveranstaltung kann einerseits für didaktische Vielfalt und andererseits für größere Chancengleichheit sorgen. Eine Option, dies zu berücksichtigen, besteht darin, unterschiedliche Formen von Seminarleistungen anzubieten. Damit wird den Studierenden die Möglichkeit gegeben, sich auszuprobieren oder die dem eigenen Lernstil entsprechende Form zu wählen. Eine weitere Option besteht darin, die Lernstile der Studierenden zu Beginn des Semesters abzufragen, um diese in der Veranstaltungs- und Prüfungskonzeption zu berücksichtigen.
- Umgang mit sensiblen Themen (z.B. sexualisierte Gewalt, Erfahrungen aus Krisenregionen)
In Seminaren, vor allem der Friedens- und Konfliktforschung, können immer wieder sensible Themen und Fragestellungen angesprochen werden. Insbesondere bei Themen wie zum Beispiel sexualisierte Gewalt oder Erlebnissen aus Krisenregionen, sollten mögliche Erfahrungen von Studierenden, die negativ bis traumatisch sein können, beachtet werden. Ein wichtiger Bestandteil ist hierbei, dass Lehrende signalisieren, sich diesen möglichen Erfahrungen von Studierenden bewusst zu sein. Eine weitere Möglichkeit besteht darin, durch spezifische Regelungen, z.B. in Bezug auf Teilhabe bei der Diskussion sensibler Themen oder dem Ausschluss sensibler Themen in Prüfungen, die persönlichen Erfahrungen der Studierenden zu berücksichtigen. Dieser reflektierte Umgang mit sensiblen Themen ist nicht mit übertriebener „Political Correctness“ zu verwechseln. Vielmehr geht es darum, angemessen auf mögliche Erfahrungen von Studierenden einzugehen. Beispielhaft für den Umgang wäre, dass es Studierenden bei sensiblen Themen freigestellt ist, dem Seminar fernzubleiben oder nur selektiv oder passiv teilzunehmen. Zusätzlich können Lehrende als Schnittstelle zwischen Studierenden und Hilfsangeboten der Universität, wie zum Beispiel der psychologischen Beratung durch das ABZ, fungieren, indem sie Studierende an entsprechende Beratungsstellen verweisen.
[1] Weiterführende Literatur (zuletzt geprüft: 20.01.2021):
a) Leitfaden für eine geschlechtersensible Sprache Uni Köln: https://gb.uni-koeln.de/e2106/e2113/e16894/2019_Leitfaden_GendergerechteSprache_19022020_32_Poster_Webausgabe_ger.pdf
b) Gender in der Lehre und Gender-Kompetenz FernUni Hagen: https://www.fernuni-hagen.de/gleichstellung/docs/3907_brosch%C3%BCre_gender_barrierefrei_neu270318.pdf
[2] Marianne Häuptle-Baceló (1999): Lernstrategien und autonomes Lernen. In: Christoph Edelhoff / Ralf Weskamp Ralf (Hrsg.) (1999): Autonomes Fremdsprachenlernen (1. Aufl. ed.) Ismaning, München, S. 50-61.
[3] Andrea Honigsfeld/Rita Dunn (2003) High School Male and Female, Learning-Style Similarities and Differences in Diverse Nations, The Journal of Educational Research, 96:4, 195-206, DOI: 10.1080/00220670309598809
[4] ebd.
[5] ebd.
Diversität in der Lehre
Profilpapier der Professur Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik
Das Leben und Studieren an der Universität Duisburg-Essen ist sehr stark durch Diversität geprägt. Dies birgt Chancen, aber auch Herausforderungen. Diversität im Hochschulkontext äußert sich dadurch, dass verschiedene Gruppen von Studierenden mit unterschiedlichen Zugangsmöglichkeiten zum Studium und Herausforderungen im Studium konfrontiert sind. Dabei haben an der Universität Duisburg-Essen in Bezug auf die Lebenswirklichkeiten der Studierenden neben der Gender-Dimension die Kategorien der sozialen Herkunft sowie der Migration eine besondere Relevanz.
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Mit der zunehmenden Öffnung der Hochschulen für breite Gruppen der Gesellschaft spielt Diversität in der Lehre eine wachsende Rolle, um auf die sehr unterschiedlichen Bedürfnisse und Anforderungen der Studierenden einzugehen. In Deutschland ist bereits der Zugang zum Studium von Ungleichheiten geprägt, die sich auf die Faktoren Geschlecht, soziale Herkunft und Migrationshintergrund zurückführen lassen (Lörz 2019). Auch im weiteren Studienverlauf sowie im Übergang zum Masterstudium kommen diese Ungleichheitsfaktoren zur Geltung, wenn auch in unterschiedlichem Maße. Eine intersektionale Perspektive auf die sozialen Ungleichheiten macht deutlich, dass ihr ganzes Ausmaß erst unter Berücksichtigung verschiedener Ungleichheitsdimensionen und des wechselseitigen Zusammenspiels deutlich wird (Lörz 2019).
In der Debatte um Diversität in der Lehre lassen sich die zwei Ansätze des kategorialen und antikategorialen Verständnisses von Diversität unterscheiden (Habeck 2020: 335). Das kategoriale Verständnis von Diversität hebt gerade im Hochschulbereich auf die bereits erwähnten Faktoren Migrationshintergrund, Geschlecht und soziale Herkunft ab (Lörz 2019) und schafft ein Bewusstsein für daraus resultierende Benachteiligungen. Allerdings ist u.a. die Operationalisierung der einzelnen Kategorien mit Schwierigkeiten verbunden. Das antikategoriale Verständnis leitet demgegenüber Diversität aus der Vielfalt von unterschiedlichen biographischen Hintergründen, Qualifikationen und Lebenssituationen der Studierenden her (Linde/Auferkorte-Michaelis 2018). Diversitätsorientiere Lehre hat dann zum Ziel, der Verschiedenheit im individuellen und institutionellen Umgang angemessen zu begegnen (Linde/Auferkorte-Michaelis 2018). Dieser breite Diversitätsbegriff erweitert die Perspektive der Lehrenden für die Unterschiedlichkeit der Studierenden, birgt jedoch gleichzeitig das Risiko der Individualisierung der Lehre mit einem allzu starken Fokus auf die Bedürfnisse einzelner Personen in sich. Insbesondere in größeren Lehrveranstaltungen ist dies nur schwer umsetzbar und geht mit einem ggf. unverhältnismäßig erhöhten Arbeitsaufwand einher.
Wie kann an der Professur Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik die Lehre diversitätsorientierter gestaltet werden? Ein zentraler Punkt ist, vielfältige didaktische Methoden und Konzepte in der Lehre sowie den Prüfungen zu berücksichtigen und damit unterschiedliche Lehr- und Lernformen zu ermöglichen. Gerade die Verankerung einer Pluralität der Prüfungsformen auf curricularer Ebene (d.h. im Kontext eines Studiengangs, nicht unbedingt in jeder einzelnen Veranstaltung) kann dafür eine wichtige Grundlage bieten.
Wir halten am Lehrstuhl Lehr-Lern-Methoden und Konzepte, die der kompetenzorientierten Lehre folgen, für förderlich bei die Gestaltung einer diversitätsorientierten Lehre, die insbesondere auch gendersensitiv <hier bitte Link zum Gender-Profilpapier setzen> ist. Der Ansatz der integrierten Kompetenzschulung (Hühnert/Kähler 2019) hilft dabei, die Kompetenzorientierung und Diversitätskriterien berücksichtigen.
Diversitätsorientierung in der Lehre äußert sich mitunter ganz praktisch darin, dass etwa Lehrmaterialien barrierefrei verfügbar gemacht werden. Außerdem geht es darum, auch Texte von Menschen zu berücksichtigen, die Diversität repräsentieren.
Eine gerade mit Blick auf die MA-Studiengänge vielversprechende Idee besteht darin, die Studierenden in die Planung und Durchführung der Lehrveranstaltungen verstärkt einzubinden. Dies kann in Form von Seminarleitungsteams geschehen, die aus einzelnen Studierenden und einer Lehrperson bestehen. Angeregt worden sind wir dabei durch Habeck (2020). Während diese kooperative Leitungsaufgaben in einer recht weit reichenden Form für die gesamte Lehrveranstaltung vorsieht (siehe Habeck 2020), sehen wir den Mehrwert des Konzepts aus pragmatischen Gründen hingegen eher in der kooperativen Planung einzelner Sitzungen. Solch ein selektiver Einbezug der Studierenden bei der Gestaltung einzelner Seminareinheiten könnte deren Professionalisierung fördern und zum Erwerb wichtiger Kompetenzen für den Arbeitsmarkt beitragen – Faktoren, die auch im Sinne von employablity an Bedeutung gewonnen haben. Gleichzeitig bietet ein derartiger Einbezug in die Planung und Durchführung die Chance für die Studierenden, die eigenen Bedürfnisse zu artikulieren und die Lehre ein Stück weit an die Lebenswirklichkeiten der Studierenden anzupassen.
Darüber hinaus betonen wir am Lehrstuhl die Notwendigkeit, im Kontext diversitätsorientierter Lehre das Selbstverständnis der Rollen als Lehrende sowie Studierende kritisch zu reflektieren und dabei auch auf mögliche Macht- und Dominanzstrukturen einzugehen. Sinnvoll erscheint uns, dass Dozierende eher eine faszilitative Rolle als Begleitperson übernehmen denn allzu autoritativ auftreten. Zugleich sind wir uns bewusst, dass gerade auch Studienanfängerinnen und -anfänger mitunter eine autoritative Vorgehensweise erwarten. Außerdem hat sich gezeigt, dass gerade bei digitalen Lehrformaten im Kontext der Covid-19-Pandemie auch fortgeschrittene Studierende Orientierung und klare Gestaltung seitens der Lehrenden wünschen. Zudem ist auf Seite der Studierenden die Bereitschaft zur eigenständigen Übernahme von Verantwortung unterschiedlich stark ausgeprägt. Vor diesem Hintergrund kommen die Lehrenden nicht umhin, eine jeweils für eine Veranstaltung passende Balance aus autoritativem und faszilitativem Lehrstil zu finden. Dabei ist jedoch in jedem Fall wichtig, Studierende zu ermutigen, sich selbst mehr zuzutrauen, und sie bei einer eigenverantwortlicheren Gestaltung ihres Studiums zu unterstützen. Klar ist: Diversitätsorientierte Lehre lebt nicht allein vom Engagement der Lehrenden, sondern ist ebenso auf die Mitwirkung und die Motivation der Studierenden angewiesen.
Verwendete Literatur:
Habeck, Sandra (2020): Diversität als Chance – Seminarleitung hierarchieübergreifend und kooperativ gestalten. In: Zeitschrift für Hochschulentwicklung 15 (3), S. 331-350.
Hühnert, Dorte; Kähler, Kristina (2019). Referate in der Werkstatt. ZIB Zeitschrift für Internationale Beziehungen, 26(1), 89-107.
Lörz, Markus (2020): Intersektionalität im Hochschulbereich: In welchen Bildungsphasen bestehen soziale Ungleichheiten nach Migrationshintergrund, Geschlecht und sozialer Herkunft – und inwieweit zeigen sich Interaktionseffekte? In: Zeitschrift für Erziehungswissenschaft 22, S. 101–124.
Linde, Frank; Auferkorte-Michaelis, Nicole (2018): Auf mehreren Ebenen agieren. Diversitätsorientierte Hochschullehre. In: Forschung & Lehre 3(18), S. 210-211.
Masterstudiengang "Internationale Beziehungen und Entwicklungspolitik"
Die Professur IBEP ist maßgeblich an der Organisation und Lehre des Masterstudiengangs gleichen Namens IBEP involviert.
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