DH Ruhr@UDE - Digital Literacy für die Geisteswissenschaften
Konferenzbericht zur Auftaktveranstaltung des Projekts
Digital Humanities Ruhr am 13.05.2024
Am 13.05.2024 erfolgte die Auftaktveranstaltung zum Projekt Digital Humanities Ruhr im Glaspa-villion der Universität Duisburg-Essen. Zusammen mit den Projektbeteiligten der drei Universi-tätsallianz Ruhr-Partneruniversitäten (UAR) – UDE, TU Dortmund und Ruhr-Universität Bochum – fanden sich zahlreiche Dateninteressierte zusammen, um den Fragen nach der Relevanz digitaler Kompetenzen für Studierende der Geisteswissenschaften sowie der curricularen Verankerung dieser nachzugehen.
Eine Folgeveranstaltung ist für Frühjahr 2025 an der TU Dortmund vorgesehen.
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Nach einem Begrüßungswort durch die Prorektor:innen Prof. Stefan Rumann (UDE), Prof.‘in Wiebke Möhring (TU Dortmund) und Prof.‘in Kornelia Freitag (RUB) leitete Dr. Andrea Rapp, Professorin für Germanistik mit den Lehrgebieten Computerphilologie und Mediävistik an der TU Darmstadt, ins Thema ein, indem sie in ihrer Keynote einen ausführlichen Einblick in das Konzept und die Umsetzung der Digital Humanities (DH) an der TU Darmstadt gab. Die DH hob sie als not-wendige und natürlich anknüpfende Fortführung der hermeneutischen Geisteswissenschaften hervor, welche neue Möglichkeiten der Entnahme und Interpretation von Daten eröffnet und so eine reflektierte und kritische Humanities-Ausbildung erlaubt. Daran anknüpfend bildete sie den digitalen Wandel der Module an der TU Darmstadt ab, welcher in einer fast gänzlich integrierten Geisteswissenschaft mit wenigen analogen Kursen mündete, beginnend mit der frühen Einführung von Basiskompetenzen und einer Weiterführung in Form von fachspezifischen und spezialisierten Kompetenzen. In der anschließenden Diskussion wurde insbesondere der interdisziplinären Ver-zahnung der Fächer ein hoher Stellenwert zugeschrieben, aber auch die Herausforderung identifiziert, alle Studierende mit der veränderten Gestaltung der Module zu erreichen.
In den World-Cafés wurden die Teilnehmenden dann per think-pair-share-Verfahren zum Austausch zu den Fragen "Welche DH-Kompetenzen sind für Studierende und angehende Lehrkräfte relevant?" und "Wie könnte eine curriculare Einbettung von DH-Kompetenzen gestaltet werden?" aufgerufen. Hier wurde die Vielfalt der erforderlichen methodengestützten Kompetenzen für Studierende der Geisteswissenschaften deutlich, etwa das Verständnis grundlegender statistischer und IT-gestützter Kenntnisse, der kompetente Umgang mit Quellen und Urheberrecht sowie die Befähigung zur Strukturierung und Analyse großer Datenmengen wie Textkorpora. Darüber hinaus rückten die Soft Skills zum Umgang mit Medien in den Fokus, die beispielsweise eine ausgeprägte Reflexionsfähigkeit und den flexiblen Umgang mit Hindernissen zur Entwicklung neuer Lösungswege umfassen. Aufgrund der Menge der zu bewältigenden Anforderungen wurde offenkundig, dass es einer schrittweisen Heranführung an die DH bedarf, welcher ein möglichst einheitlich genutztes Kompetenzmodell zugrunde liegt, ebenso wie einer Engführung der Kompetenzen in Bezug auf die Anforderungen des jeweiligen Faches.
Hinsichtlich der curricularen Verankerung wurde sich schnell auf das Erfordernis einer frühen Integration der DH in die Bachelorstudiengänge mit einer Vertiefung der Kenntnisse im nachfolgen-den Studienverlauf geeinigt. Weiterhin sollten die DH-Kompetenzen als obligatorischer Anteil des geisteswissenschaftlichen Studiums gelehrt werden, im Gegensatz zu einer Beschränkung auf den Ergänzungsbereich, welcher nicht für alle Studiengänge vorgesehen ist. Im Austausch wurden erneut die Vorzüge der Nutzung interdisziplinärer Schnittmengen betont, eine mögliche Umsetzung kann in Form einer Tandem-Lehre oder Ringvorlesung erfolgen. Zur Gewährleistung übereinstimmender Zielkompetenzen sowie zur Honorierung der studentischen Leistungen sollte für die Ausbildung in den DH ein gemeinsames Zertifikat der UAR angestrebt werden. Um die gewonnenen Ergebnisse auch für andere Hochschulen nutzbar zu machen, erschien die Umsetzung als Open Educational Resources zudem als sinnvoller Schritt im Projekt. Die benannten zu bewältigenden Herausforderungen in der curricularen Verankerung der DH bestehen zum einen in der Anpassung der Studienordnung der jeweiligen Fächer, mit welcher eine nicht unerhebliche zeitliche Vorausplanung einhergeht, und zum anderen in der erforderlichen Schulung der Dozierenden, um eine nachhaltige Verankerung auch unabhängig von einzelnen Lehrpersonen zu garantieren.
Als Fazit zur Auftaktveranstaltung wurde die Notwendigkeit des Networkings betont, da nur so eine interdisziplinäre und hochschulübergreifende Verankerung der DH möglich wird. Das weitere Vorgehen im Projekt besteht demzufolge in der Bestimmung gemeinsamer Meilensteine und der Synchronisierung der Prozesse, um diese zu erreichen.
Digital Humanities Ruhr - Digital Literacy für die Geisteswissenschaften
Hochschulöffentliche Konferenz am 13.05.2024 (Campus Essen, Glaspavillon | R12 S00 H12)
Kurzübersicht zum Projekt
Der kompetente Umgang mit digitalen Werkzeugen, Infrastrukturen und Daten gewinnt in den Geisteswissenschaften sowie in weiteren Disziplinen an Bedeutung.
Die Ruhr-Universität Bochum, die Technische Universität Dortmund und die Universität Duisburg-Essen kooperieren im Projekt "Digital Humanities Ruhr" (DH Ruhr) im Rahmen des Vorhabens "Freiraum 2023" (Stiftung Innovation in der Hochschullehre) hierzu auf drei Ebenen:
- Konzeptionell werden gemeinsam Möglichkeiten der curricularen Verankerung von DH geprüft und erschlossen.
- Inhaltlich werden Module zur nachhaltigen Integration von DH (weiter-)entwickelt, in Studiengänge integriert, erprobt und evaluiert.
- Organisatorisch erfolgt eine studiengangs- und hochschulübergreifende Öffnung der Module.
Ziel ist die fachintegrierte und fachübergreifende Förderung von DH-Kompetenzen.
Auftaktveranstaltung des Projekts Digital Humanities Ruhr
Im Rahmen der hochschulöffentlichen Konferenz, die in Kooperation mit der Ruhr-Universität Bochum und der TU Dortmund durchgeführt wurde, wurden Eindrücke zur Entwicklung des Felds von Digital Humanities gegeben sowie gemeinsam Perspektiven für die curriculare Verankerung von Angeboten diskutiert und erste Impressionen aus den beteiligten Projekten vorgestellt.
Welche Kompetenzen gefragt sind und wie im Bereich der universitären Curricula der Geisteswissenschaften Digitalität reflektiert und vermittelt werden kann, war Gegenstand der Keynote von Andrea Rapp, Professorin für Germanistik – Computerphilologie und Mediävistik an der TU Darmstadt.
Programm
12:00 - 12:30 Uhr | Get-together und Mittagsimbiss |
12:30 - 12:45 Uhr | Eröffnung und Begrüßung durch die Hochschulleitungen (Prof. Dr. Stefan Rumann (Universität Duisburg-Essen), Prof.‘in Dr. Kornelia Freitag (Ruhr-Universität Bochum) und Prof.‘in Dr. Wiebke Möhring (TU Dortmund)) |
12:45 - 13:30 Uhr | Digital Literacy für die Geisteswissenschaften: Curriculare Entwicklungen und digitale Fachdidaktiken Keynote von Prof.'in Dr. Andrea Rapp, Professorin für Germanistik – Computerphilologie und Mediävistik, TU Darmstadt |
13.30 - 14:00 Uhr | Kaffeepause |
14:00 - 15:00 Uhr | World-Café
|
15:00 - 15:15 Uhr | Kaffeepause |
15:15 - 16:00 Uhr | Zusammenfassung der Austauschergebnisse und Verabschiedung |
Moderation: Dr. Malte Persike, RWTH Aachen
Keynote
Digital Literacy für die Geisteswissenschaften: Curriculare Entwicklungen und digitale Fachdidaktiken
Prof. Dr. Andrea Rapp, TU Darmstadt
In einer ersten Näherung wird Digital Literacy in der Regel definiert als die Kompetenz, durch digitale Medien, Techniken und Prozesse an Wissensressourcen zu gelangen bzw. sie zu erstellen. In den Digital Humanities wird dieser Begriff jedoch weiter gefasst. Gefordert sind fach- bzw. domänenspezifische Forschungen zu grundlegenden und erweiterten digitalen Kompetenzen bzw. digitaler Bildung, denn nur auf dieser Basis können fundierte Konzepte zu ihrer Verortung und Vermittlung entwickelt und implementiert werden. Eine fachlich ausgerichtete Digital Literacy in den Geisteswissenschaften ist dann mehr als die Fähigkeit, digitale Technik(en) zu nutzen, es geht vielmehr um das Verständnis für den Beitrag von Hermeneutik und Digitalität in allen Facetten für den gesamten Verstehens- und Interpretationsprozess.
Vor diesem Hintergrund beschreibt der Beitrag anhand konkreter Beispiele und Erfahrungen, wie im Bereich der universitären Curricula der Geisteswissenschaften Digitalität reflektiert und vermittelt werden kann.
Prof. Dr. Andrea Rapp studierte Germanistik, Kunstgeschichte und Ethnologie. Nach Stationen als Wissenschaftliche Mitarbeiterin im Trierer SFB 235 "Zwischen Maas und Rhein", als Geschäftsführerin des "Trier Center for Digital Humanities" sowie als Leiterin des Digitalisierungszentrums an der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen ist sie seit 2010 Professorin für Germanistik – Computerphilologie und Mediävistik an der TU Darmstadt. Bei ihren Forschungen zur Sprache, Literatur und Kultur ist die digitale Transformation Teil der Fachlichkeit, so dass traditionell-philologische und digitale Verfahrensweisen integrativ verbunden werden. Aktuell ist sie u.a. am TU-Projekt "Datenkompetenz von Anfang an in der Lehre" beteiligt.