Generative KI und Urheberrecht
Im deutschen Urheberrechtsgesetz (UrhG) ist in § 2 Abs. 2 geschrieben, dass Werke im Sinne dieses Gesetzes „persönliche geistige Schöpfung“ sind. Da einer generativen Künstlichen Intelligenz (KI) diese eigenschöpferische Leistung fehlt, lässt sich daraus schließen, dass von KI generierte Werke generell nicht unter den Schutz des UrhG fallen und somit gemeinfrei sind. Aus urheberrechtlicher Sicht ist eine Kennzeichnung des KI-generierten Werkes daher nicht notwendig. Im Sinne der guten wissenschaftlichen Praxis und der Transparenz von Lehre und Forschung ist eine entsprechende Kennzeichnung aber durchaus sehr sinnvoll und wünschenswert.
Auch wenn das eigentliche von der KI generierte Werk keinen urheberrechtlichen Schutz genießt, gibt es weitere Aspekte, die KI und Urheberrecht betreffen. Diese sollen im Folgenden näher erläutert werden.
Training von KI
Daten wie beispielsweise Texte oder Bilder, mit denen die KI trainiert wurde, können über Urheber- und Leistungsschutzrechte geschützt sein. Es ist davon auszugehen, dass eine Vervielfältigung und somit eine urheberrechtsrelevante Handlung stattgefunden hat, wenn das KI-System zu einer Reproduktion des Originalwerkes in der Lage ist. Häufig können Rechtsinhaber:innen einen Vorbehalt ihrer Internetpräsenz zur Nutzung ihrer Daten erklären („Opt-out“).
Welche Einschränkungen sind zu beachten?
Ob und wie Schrankenbestimmungen zu Text- und Data-Mining beim Training der KI angewendet werden können, ist noch nicht abschließend geklärt. Im deutschen Urheberrecht gibt es mit § 44b UrhG grundsätzlich eine Erlaubnis, die Vervielfältigungen im Rahmen von Text und Data Mining (auch im kommerziellen Rahmen) erlaubt. Wie oben erläutert, besteht die Möglichkeit, einen Nutzungsvorbehalt zu erklären. Wenn dieser (maschinenlesbar) ersichtlich ist, dürfen die Daten nicht zum Training der KI bzw. eines Large Language Models verwendet werden. Eine genaue Vorgabe, wie ein solcher (maschinenlesbarer) Nutzungsvorbehalt auszusehen hat, gibt es nicht. Bis zu den ersten Gerichtsurteilen müssen daher die Rechteinhaber:innen aber auch die KI-Entwickler:innen mit einer gewissen Unsicherheit leben.
Durch die Aktualität des Themas und den Mangel an richterlichen Entscheidungen gibt es unterschiedliche Auffassungen zur Anwendung von § 44b UrhG für das Training von KI-Systemen. Vor allem die Einschränkung der Löschung der Vervielfältigungen, sobald sie nicht mehr für das Text und Data Mining erforderlich sind, regt zu Diskussionen an. Die Mehrheit der Meinungen geht davon aus, dass eine KI nie fertig trainiert sein kann, somit Text und Data Mining nicht endgültig abgeschlossen ist und daher die Forderung der Löschung in § 44b Abs. 2 S. 2 ins Leere läuft.
Text und Data Mining für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung
Speziell für den Zweck der wissenschaftlichen (nicht-kommerziellen) Forschung hat der Gesetzgeber im deutschen Urheberrecht eine weitere Schrankenregelung, ergänzend zur allgemeineren Vorschrift (§ 44b UrhG), geschaffen. In § 60d Abs. 5 UrhG wird geregelt, dass, anders als wie oben bei § 44b UrhG erläutert, Kopien „mit angemessenen Sicherheitsvorkehrungen gegen unbefugte Benutzung“ aufbewahrt werden dürfen, „solange sie für Zwecke der wissenschaftlichen Forschung oder zur Überprüfung wissenschaftlicher Erkenntnisse erforderlich sind“. Zusätzlich darf für die wissenschaftliche nicht-kommerzielle Forschung der in § 44b beschriebene Nutzungsvorbehalt ignoriert werden (siehe dazu auch die Einschätzung von irights.info zur bisher einzigen deutschen Rechtsprechung zum Training von KI: https://irights.info/artikel/text-und-data-mining-und-ki-laion/32372).
KI-Ausgabe
Es ist grundsätzlich davon auszugehen, dass, wenn ein Werk in einer KI-generierten Ausgabe wiederzuerkennen ist, dies eine Urheberrechtsverletzung darstellt. Dies ist durchaus problematisch zu sehen, da i. d. R. nicht bekannt ist, welche Daten zum KI-Training herangezogen wurden, so dass eine Überprüfung, wenn nicht durch den Prompt aktiv gefordert, unmöglich erscheint. Eine Lösung, wie mit diesem Risiko umzugehen ist, gibt es aktuell noch nicht.
Grundsätzlich sei hier aber anzumerken, dass die KI nicht auf eine bloße Reproduktion trainiert ist und auch die Unmengen an Daten, mit denen die KI trainiert wird, dazu beitragen, dass die Wiedererkennung eines Werkes nicht möglich ist. Sollte ein Werk erkannt werden, muss für die Nutzung des KI-generierten Inhalts die Erlaubnis der Rechteinhaber:innen eingeholt werden, sofern nicht eine Schrankenregelung wie z. B. das Zitatrecht greift und der entsprechende Satz/Absatz zitiert werden kann. Sind die benutzten Werke im KI-generierten Inhalt nicht mehr erkennbar, kann dieser frei verwendet werden.
Prompts
Wie oben erläutert, kann die KI selbst keine Urheberin des generierten Werkes sein. Es stellt sich nun die Frage, ob die Anwender:innen der KI für beispielsweise die Aufforderungen (Prompts), die an die KI gestellt werden, einen urheberrechtlichen Schutz genießen. Dies ist in der Literatur umstritten. Zum einen gibt es die klare Meinung, dass die Prompts selbst keine Schöpfungshöhe haben und somit keinen urheberrechtlichen Schutz genießen (siehe dazu: Becker: Das Urheberrecht als Trostpreis für den Menschen? (GRUR 2024, 505)). Zum anderen gibt es die Ansicht, dass, wenn die Software nur als Hilfsmittel verwendet wird und genügend individueller Einfluss vom Anfragenden vorhanden ist, für die auf den Prompts basierenden Werke ein urheberrechtlicher Schutz bestehen könnte (siehe dazu: Bundesministerium der Justiz: Künstliche Intelligenz und Urheberrecht. März 2024).
Es handelt sich hierbei immer um Einzelfallentscheidungen, bei denen zu beachten ist, dass eine Dokumentation des Aufwandes unerlässlich ist, um ggf. später den Urheberrechtsschutz auch begründen zu können. Beispiel einer solchen Dokumentation: https://journeyaiart.com/blog-An-AI-artist-explains-his-workflow-28490.
Sofern Prompts den eigenen Ideen und Formulierungen entspringen, dürfen diese einfach verwendet werden. Werden jedoch geschützte Werke als Prompt in eine KI eingegeben, handelt es sich um eine Vervielfältigung und somit um eine Nutzung, für die ggf. eine Zustimmung bei den Rechteinhaber:innen eingeholt werden muss. Beispiele für geschützte/nicht-geschützte Prompts sind hier zu finden: https://irights.info/artikel/oer-generative-ki/32113.
Schutz von Werken mit KI-Inhalten
Zu beachten ist, dass natürlich auch Werke, die einzelne mit KI-generierte Werke beinhalten, wiederum einen urheberrechtlichen Schutz aufgrund der Zusammenstellung erhalten können. Als Beispiel sei hier eine der ersten richterlichen Entscheidungen in den USA genannt, bei dem KI-generierte Bilder in einem Comic keinen urheberrechtlichen Schutz genießen, das Comic als Ganzes aber durchaus. (Siehe: https://www.heise.de/news/Entscheidung-KI-generierter-Comic-kann-Copyright-erhalten-Einzelbilder-nicht-7526295.html)
Verwendete Quellen
Becker, Maximilian: Das Urheberrecht als Trostpreis für den Menschen? Die überraschende Verteilung von Leistungsschutzrechten für KI-Erzeugnisse (GRUR 2024, 505). https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-GRUR-B-2024-S-505-N-1 (abgerufen 15.11.2024)
BeckOK UrhR/Bomhard, 43. Ed. 15.2.2024, UrhG § 44b. https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-400-W-BECKOKURHR-G-URHG-P-44B (abgerufen 15.11.2024)
Bundesministerium der Justiz: Künstliche Intelligenz und Urheberrecht - Fragen und Antworten. 05. März 2024. https://www.bmj.de/SharedDocs/Downloads/DE/Themen/Nav_Themen/240305_FAQ_KI_Urheberrecht.html?nn=110490 (abgerufen 15.11.2024)
Dreier/Schulze/Dreier, 7. Aufl. 2022, UrhG § 60d. https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-400-W-DreierSchulzeKoUrhG-G-UrhG-P-60d (abgerufen 15.11.2024)
Klimpel, Paul; Rack, Fabian: Audiovisuelle Materialien in Forschung und Lehre – eine Übersicht zu urheberrechtlichen Aspekten. 6.6. Text und Data Mining (§§ 60d und 44b UrhG). https://nfdi4culture.de/go/E4105 (abgerufen 15.11.2024)
Singson, Lea: Text- und Data-Mining vs. KI: Hamburger Landgericht urteilt zur Erstellung eines Trainingsdatensatzes. 1. November 2024. https://irights.info/artikel/text-und-data-mining-und-ki-laion/32372 (abgerufen 15.11.2024)
Wagner, Kristina: Generative KI: Eine „Blackbox“ urheberrechtlicher Haftungsrisiken? - Balanceakt zwischen Innovationsförderung und effektivem Rechtsschutz für Werke Dritter (MMR 2024, 298). https://beck-online.beck.de/Bcid/Y-300-Z-MMR-B-2024-S-298-N-1 (abgerufen 15.11.2024)
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