Parasitologie
Aktuelle Studien gehen davon aus, dass ca. 40% aller Organismen zumindest zeitweilig eine parasitische Lebensweise zeigen. Auch in aquatischen Lebensräumen findet sich eine große Vielfalt unterschiedlicher Parasiten auf verschiedenen trophischen Stufen. Parasiten sind natürliche Bestandteile von Biozönosen, entsprechend konzentrieren sich die meisten unserer Arbeiten auf die Bedeutung von Parasiten im Ökosystem.
Die Analyse von Parasitengemeinschaften kann z.B. Auskunft über den Zustand und anthropogene Veränderungen von Ökosystemen geben. So untersuchen wir zum Beispiel Saugwurmgemeinschaften (Trematoden) in Schnecken an Standorten unterschiedlichen ökologischen Zustands, um die Verbindung von Parasitendiversität und ökologischen Parametern aufzuzeigen. Zusätzlich untersuchen wir verschiedene Endoparasiten wie z.B. Acanthocephalen auf ihr Potential direkt als Bioindikatoren eingesetzt zu werden, um die Anwesenheit von Schadstoffen in Ökosystemen nachzuweisen. Für das Verständnis der ökologischen Rolle von Parasiten ist auch das Wissen um Diversität und Wirtspezifität essenziell. In diesem Bereich untersuchen wir z.B. die kryptische Diversität von Trematoden und Acanthocephalen.
Aber auch Arbeiten zur Ökologie und zum Lebenszyklus von Parasiten sowie zu Wirt-Parasit-Interaktionen (inklusive Schadwirkungen) werden von uns durchgeführt. Parasiten können beispielsweise als Stressoren in ihren Wirten wirken, so dass eine Reihe physiologischer Parameter in den Wirten verändert werden (Cortisol- und Catecholamin-Konzentrationen, Hitzeschockproteine u.a. Biomarker, Endokrine Disruption). Als Modellorganismen verwenden wir dazu im Wesentlichen verschiedene Arten der Gattung Anguillicola, deren Lebenszyklen in unserem Labor etabliert sind. Durch den Vergleich nah verwandter Parasitenarten in Kombination mit unterschiedlichen Wirtsarten lassen sich evolutionsbiologische Fragen zur Spezifität der Wirt-Parasit-Koevolution sowie zum Kolonisationspotential der jeweiligen Arten durchführen.
Ein weiterer Schwerpunkt liegt auf der Untersuchung parasitischer Neozoen, wie z.B. des Schwimmblasenwurms Anguillicola crassus, der in Europa und anderen Teilen der Welt massive Probleme für die Aalpopulationen darstellt. Das Wissen über nicht einheimische Parasitenarten in Deutschland ist zurzeit rudimentär, so dass sich eine Vielzahl von Studien- und Arbeitsmöglichkeiten bieten. Ein weiteres Beispiel ist die Untersuchung von Mikrosporidien in heimischen und nicht heimischen aquatischen Wirbellosen.