Platingruppenelemente
Der Pt und Pd Metabolismus der Dreikantmuschel
Die Dreikantmuschel ist der heimliche Star der aquatischen PGE Forschung. An ihr wurde die biologische Verfügbarkeit von löslichen Pt und Pd Spezies, Katalysatormaterialien und Straßenstaub für aquatische Organismen getestet (siehe abgeschlossene Projekte weiter unten). Durch Versuche mit der Dreikantmuschel konnte der Einfluss von Huminsäuren auf die biologische Verfügbarkeit untersucht werden (siehe unten). Die Dreikantmuschel war der Organismus an dem erstmals gezeigt wurde, dass durch die Pt und Pd Aufnahme die Proteingruppen Metallothioneine und Hitzeschockproteine aktiviert werden (siehe unten).
Doch wo werden die Metalle genau akkumuliert? Wie ist die Verteilung von Pt und Pd innerhalb der Muschel? Welche Spezies binden sich an welche Proteine? Wo ist die hauptsächlich Pt und Pd Senke im Organismus? Fragen, die das von der DFG geförderte Projekt: „Entwicklung ICP-MS basierter Methoden zur Ultraspuren- und Speziesanalytik von Pd und Pt in biologischen Matrices“ lösen soll.
Im Projektplan ist die Exposition der Dreikantmuschel mit löslichen und nanopartikulärem Pt und Pd vorgesehen. Endpunkte der Untersuchungen sind: der Einfluss von Pt und Pd auf die Filtrationsleistung der Muschel, der Gesamtgehalt im Muschelweichgewebe, die Verteilung der Edelmetalle in den einzelnen Organen der Muschel, die Verteilung von Pt und Pd in verschiedenen Zellkompartimenten, verschiedene Biomarker (HSP, Metallothineine, Glutathion) bis hin zur Identifizierung von Proteinen, die Pt und/oder Pd binden und die Spezies der gebundenen Edelmetalle.
Finanziert wird das Projekt durch die DFG.
Bioverfügbarkeit und Akkumulation der Platingruppenmetalle
Seit Beginn der 80iger Jahre werden in Deutschland durch den Einsatz von Autoabgaskatalysatoren in zunehmendem Umfang die katalytisch wirksamen Platingruppenelemente (PGE) Platin, Palladium und Rhodium emittiert.
Jedoch ist bisher unklar, ob diese Metalle für die aquatische Biosphäre verfügbar sind, folglich aufgenommen und akkumuliert werden können. Ziel des hier vorgestellten Forschungsvorhabens ist es, mit verschiedenen aquatischen Organismen zunächst die Frage der Bioverfügbarkeit der Kfz-bürtigen PGE zu klären. Im Rahmen dieses Projektes konnte nun erstmalig nachgewiesen werden, dass das bisher aufgrund der schwierigen Spurenanalytik kaum untersuchte Pd bioverfügbar ist.
Nach nur vierwöchiger Exposition von Aalen in Hälterungswasser mit Straßensediment (10 kg/100 l) fand sich in der Leber exponierter Aale eine mittlere Pd-Konzentration von 0,18 ± 0,05 ng/g (FS). Sobald die z.Z. noch laufenden Expositionsversuche abgeschlossen sind, lässt sich auch für Pt und Rh die Frage der Bioverfügbarkeit quantifizieren und das Ausmaß der PGE Akkumulation einschätzen.
Bedeutung der Platingruppenmetalle
Um die Bedeutung der Kfz-bürtigen Platingruppenelemente (PGE) Pt, Pd und Rh für die Bio-sphäre einschätzen zu können, wurde die PGE-Akkumulation in Dreikantmuscheln mit der Anreicherung anderer Schwermetalle verglichen.
Der Konzentrationsfaktor (CF) nahm in der Reihenfolge Cu > Zn > Cd > Ag > Pd > Pb > Sb > Fe > Pt > Rh ab. Pd zeigte gegenüber dem essentiellen Metall Fe einen um Faktor 10 höheren CF und übertraf das Anreicherungsvermögen des ehemals Kfz-relevanten Pb. Die starke Aufnahme von Pd konnte zudem durch experi-mentelle Arbeiten mit Barben demonstriert werden.
Das Ausmaß der PGE-Anreicherung ist entscheidend von Wasserinhaltsstoffen abhängig. Sowohl EDTA als auch Huminstoffe erhöhen durch Komplexbildung die Lipophilie der PGE und könnten damit die Metallanreicherung in Organismen verstärken. Die Bedeutung organischer PGE-Komplexe für die Akkumulation der Metalle sowie die Sonderrolle von Pd werden diskutiert.
Toxizität der Platingruppenmetalle
Im vorliegenden zweijährigen Projekt wurden biologische Effekte der Platingruppenelemente (PGE) Pt, Pd und Rh im Vergleich zu anderen Schwermetallen auf zellulärer und organismischer Ebene untersucht.
Nach 24-stündiger Exposition von Lungenepithelzellen (BEAS-2B) mit verschiedenen Metallsalzen lag im MTT-Test die höchste LC50 mit 1,2 mmol/l für RhCl3 vor, gefolgt von NiCl2 mit 0,8 mmol/l und dann Pt(NO3)2 und PdSO4 mit jeweils 0,4 mmol/l. Für PtCl4 bzw. CrO3 ergab sich eine LC50 von 0,05 mmol/l bzw. 0,02 mmol/l. Der niedrigste LC50-Wert wurde mit 0,005 mmol/l für CdCl2 ermittelt.
Zusätzlich führten Pt(NO3)2, PtCl4 und CrO3 während 2-stündiger Exposition in den Zellen zu einer verstärkten Bildung von reaktiven Sauerstoff-Spezies (ROS). Dabei erzielte PtCl4 den stärksten Effekt, gefolgt von CrO3 und Pt(NO3)2. Damit lag die Zytotoxizität der PGE in einem ähnlichen Bereich wie die anderer Schwermetalle.
Neben den Zelltests wurden Dreikantmuscheln (Dreissena polymorpha) mit verschiedenen Einzelelementlösungen (Pt, Pd, Rh, Pb und Cd) bzw. Partikel-gebundenen PGE (Katalysatormaterialien, Versickerbeckensediment, Klärschlamm) exponiert.
Bei allen Ansätzen war während der 10wöchigen Exposition im Muschelweichgewebe eine mehrwöchige, gegenüber der Kontrolle eindeutig erhöhte Induktion von Hitzeschockproteinen (HSP70) zu erkennen, wobei bei der Exposition mit Einzelelementlösungen der HSP-Anstieg früher erfolgte als bei der Exposition mit partikulären Metallen.
Obwohl bei der Exposition mit Einzelelementlösungen Pt in wesentlich stärkerem Maße von den Muscheln angereichert wurde als Pd und Rh, war die HSP-Induktion bei Pd höher und bei Rh vergleichbar mit der von Pt. Pb und Cd erzielten hingegen deutlich niedrigere Effekte als die drei PGE.
Neben der HSP-Induktion, führten Pt, Pd und Cd zu einer Induktion der Metallothionein (MT)-Produktion im Muschelweichgewebe. Die stärkste Induktion wurde durch Cd verursacht, gefolgt von Pd und Pt. Dabei lag ein hoch signifikanter (p < 0,001), linearer Zusammenhang zwischen der MT-Konzentration und dem Metallgehalt in den Dreikantmuscheln vor. Rh und Pb induzierten hingegen keine Metallothionein-Bildung.
Somit stellen Hitzeschockproteine und Metallothioneine vielversprechende Biomarker für Kfz-bürtige PGE dar, die auch in vielen anderen Testorganismen zur Anwendung kommen könnten. Von den drei Kfz-emittierten Platinmetallen dürfte vor allem Pd von (öko-)toxikologischem Interesse sein. Für eine zuverlässige Abschätzung des Risikopotentials Kfz-bürtiger PGE bedarf es jedoch weiterer toxikologischer Untersuchungen und Freilandstudien zur Erfassung der aktuellen Kontaminationssituation.