Tagung: Gender als Indikator für gute Lehre 2010
Die Tagung "Gender als Indikator für gute Lehre 2010" knüpfte an ihren Erfolg vor zwei Jahren an. Rund 50 Teilnehmende aus dem gesamten Bundesgebiet diskutierten am 3. November 2010 über Genderaspekte in Fach- und Wissenschaftskulturen sowie in der Systemakkreditierung. Der Fokus lag dabei auf der Frage, wie sich Hochschullehre verbessern lässt und wie Lehr-Lernkontexte auf die Geschlechterverhältnisse auswirken und umgekehrt. Zwei Vorträge widmeten sich einem Aspekt, der in der Hochschulentwicklung- und Lehre ebenfalls zunehmend an Bedeutung gewinnt: Diversity - Vielfalt.
Wo bleibt die Behinderung? - Genderdimensionen und hochschuldidaktische Intentionen zur Verbesserung von Studium und Lehre
Gender ist ein wichtiger Aspekt in der Weiterentwicklung von Lehr-Lern-Angeboten an Universitäten - aber wo bleibt die Behinderung? Sowohl die sichtbare, als auch die unsichtbare wie zum Beispiel Legasthenie? fragte Sabrina Schramme, Forschungspraktikantin im ZfH-Kompetenzbereich Studium und Lehre der UDE sowie Studentin der Rehabilitationswissenschaften an der TU Dortmund. Angesichts des Befundes der 18. Sozialerhebung des deutschen Studentenwerks 2007 sind 19% der Studierenden gesundheitlich beeinträchtigt. Hochschulen müssen angesichts dessen entsprechende Angebote weiter ausbauen bzw. bekannter machen.
In ihrem Vortrag präsentierte Sabrina Schramme die Relevanz der Kategorie Behinderung in ausgewählten Projekten an deutschen Universitäten, die auf eine Verbesserung von Studium- und Lehrbedingungen zielen. Ihr Fazit: Während die Dimension Gender/Geschlecht in den meisten Projekten explizit mitbedacht wird, spielt Behinderung eine untergeordnete Rolle. Es gilt hier, körperlich oder psychisch beeinträchtigte Studierende gezielter anzusprechen und einzubinden.
Projekt: LeWI - Lehre, Wirksamkeit und Intervention - Einstellungen von Lehrenden zur Lehre, Studienerfolg und Wirksamkeit von Interventionen zugunsten guter Lehre
In ihrem Vortrag stellte Marion Kamphans von der TU Dortmund ausgewählte Ergebnisse aus dem BMBF-Projekt „LeWI – Lehre, Wirksamkeit und Intervention“ vor. In diesem Forschungsprojekt der TU Braunschweig, TU München und Leuphana Universität Lüneburg wurde eine quantitative Befragung an über 46.000 Lehrenden von deutschen 26 Universitäten durchgeführt. Darüber hinaus wurden 80 Lehrende zu ihrer Einstellung zur Lehre, Bologna-Reform, zu den Studierenden und zur Gender-Diversity-Dimension in der Lehre befragt. Im zweiten Teil des Projektes haben Lehrende verschiedene Vorschläge der Forschungsgruppe umgesetzt. Der Prozess wurde begleitend beforscht.
Die Ergebnisse werden in Kürze publiziert.
Wie kommen Genderaspekte in Zeiten der Systemakkreditierung in die Lehre?
Anne Knauf vom Netzwerk Frauenforschung NRW, skizzierte zunächst die komplexe Entwicklung des Akkreditierungssystems, die verschiedenen Akkreditierungsmodi und die Akteure der verschiedenen hochschulpolitischen Ebenen.
Zur Integration von Genderaspekten in der Lehre gilt es, dass zum einen Gleichstellungsbeauftragte als strategische Akteurinnen im hochschulinternen Qualitätssicherungssystems beteiligt sein müssen. Dies erfordert ein klares Committment der der Hochschulleitung in Bezug auf Genderaspekte in alle Bereiche der Hochschule zu integrieren. Zum anderen ist es wichtig, dass der Akkreditierungsrat den beauftragten Agenturen konkrete Vorgaben in Bezug auf den Aspekt Gender stellt. Letztlich ist aber auch die politische Ebene von großer Bedeutung: Hochschulverträge / Zielvereinbarungen zwischen Ministerium und Hochschule müssen Gleichstellungsaspekte im Akkreditierungsprozess verbindlich festhalten.
Das Image der Technik - die gefühlte Unsicherheit. Entscheidungsprozesse von Abiturientinnen bei der Studiengangswahl
Dr. Kathrin Gräßle vom Gleichstellungsreferat des Ministeriums für Innovation, Wissenschaft, Forschung und Technologie des Landes Nordrhein-Westfalen stellte ihren Vortrag unter die Leitfrage: Was hindert mathematisch und naturwissenschaftlich interessierte junge Frauen daran, sich für ein technisches Studienfach wie etwa Maschinenbau und Elektrotechnik zu entscheiden? Der Anteil der Frauen in diesen beiden Teilgebieten stagniert seit Jahren unter 10%. Und das trotz eines größeren öffentlichen Bewusstseins für die Unterrepräsentanz von Frauen in den MINT-Fächern insgesamt, entsprechender Maßnahmen zur Nachwuchsgewinnung und einer verstärkten Nachfrage von Seiten der Wirtschaft an Absolventinnen technischer Studiengänge?
In ihrem Vortrag stellte sie die Ergebnisse einer von ihr durchgeführten Studie mit Oberstufenschülerinnen vor. Die jungen Frauen befanden sich zu dem Zeitpunkt in einer Orientierungsphase: Studium ja/nein und wenn ja, was? Die Ergebnisse zeigen, dass stereotype Bilder einer den jungen Frauen „anderen Welt“ und Typisierungen (z. B. die Annahme "Technik ist eher was für Jungs"), das Spektrum der Berufswahl einschränken. Solche Zuschreibungen und Selbstbilder stehen in einem Widerspruch zu den sehr guten Fähigkeiten in und einem hohen Interesse an Mathematik der Schülerinnen.
Studierende und Studienverhältnisse - Daten und Ergebnisse des Gender-Reports NRW
Der Gender-Report 2010 nimmt die Geschlechter(un)gerechtigkeit an nordrhein-westfälischen Hochschulen in den Blick und legt erstmalig in gebündelter Form Fakten, Analysen und Profile vor. Diese Analysen der Geschlechterungleichheit an den Hochschulen in NRW haben eine Vielzahl unterschiedlicher, teils auch widersprüchlicher Ergebnisse erbracht.
Einige dieser Ergebnisse stellte Beate Kortendiek, Koordinatorin für das "Netzwerk Frauenforschung NRW", vor: Im Fokus stand die Entwicklung der Hochschullandschaft NRW, die Zahlen zu Studierenden und die Studienverhältnisse. Diese Aspekte wurden unter Gender-Aspekten beleuchtet und Entwicklungen zur Diskussion gestellt.
"Bilder sagen mehr als ... " - Ein Projekt zu Gender und Diversity im Studiengang "Kommedia"
Der Vortrag von Ditmar Schädel, Dr. Anette Schönborn und Eva Wegrzyn bezog sich auf ein Seminar im Studiengang Angewandte Kognitions- und Medienwissenschaften der UDE aus dem Sommersemester 2009. Ziel war es, die Teilnehmer*innen anzuregen, sich auf unterschiedliche Weise dem Themenfeld "Diversity Management" an der UDE anzunehmen. Nach einer Einführung in die Thematik wurden fotografische Positionen entwickelt, die Bilder sollten dabei die verschiedenen Facetten aufzeigen und Stellung beziehen. Unter der Leitung der drei Referent*innen konnten 13 Projekte realisiert und in einem Kalender der Universität zusammengefasst werden.
Veranstalterinnen
Die Tagung wurde organisiert vom Kompetenzbereich Studium und Lehre und der Koordinierungsstelle Diversity Management des Zentrums für Hochschul- und Qualitätsentwicklung. Die Veranstaltung ist Baustein des Projektes "Mit Gender Mainstreaming Lehre und Studium kompetent entwickeln".
Der Expert/inn/enkreis: Genderkompetenz in Studium und Lehre - ebenfalls Bestandteil des Projektes - wirkte an der inhaltlichen Vorbereitung der Tagung mit. Der Kreis ist eine bundesweite Arbeitsgruppe aus Hochschuldidaktiker*innen, Lehrenden und Studiengangsentwickler*innen.