Wissenschaftlerin als Traumberuf
Die explorative Studie des HIS-Instituts für Hochschulforschung (HIS-HF) "Wissenschaft als (Traum)Beruf? - Wie bewerten Nachwuchswissenschaftler/ innen ihre berufliche Situation?" ging zwei Fragen nach: Zum einen galt es herauszufinden wie NachwuchswissenschaftlerInnen an Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Deutschland ihre berufliche Situation einschätzen. Zum anderen stellte sich die Frage wie viele DoktorandInnen und Post-Docs dauerhaft in der Wissenschaft tätig sein möchten. Der Fokus lag dabei auf folgenden Aspekten:
- Berufliche Situation: In welchem Arbeitsverhältnis (befristet/unbefristet) steht der Nachwuchs? Wie zufrieden sind die Personen mit ihrer beruflichen Situation?
- Beschäftigungsperspektiven: Wie viele WissenschaftlerInnen möchten dauerhaft in Lehre und Forschung tätig sein und welche persönlichen und beruflichen Ziele verbinden sich mit einer Entscheidung „pro/contra Wissenschaft als Beruf"?
- Gerechtigkeit: Als wie gerecht und nachvollziehbar werden Personalentscheidungen empfunden? Welche Konsequenzen haben die Wahrnehmungen im Hinblick auf den Verbleib in der Wissenschaft? Gibt es hierbei geschlechtsspezifische Unterschiede?
- Vereinbarkeit von Familie und Beruf: Welche Auswirkungen haben die strukturellen Bedingungen des Wissenschaftssystems auf die Familienplanung des Nachwuchses? Auch hier wurde geprüft, ob sich die Wahrnehmungen von Frauen und Männern unterscheiden.
- Kompetenzförderung im Wissenschaftssystem: Im Hinblick auf die Vorbereitung für einen Weg außerhalb der Wissenschaft ist die Förderung überfachlicher Kompetenzen notwendig, z. B. durch Rhetorikkurse, Kenntnisse des Wirtschaftssystems u. ä. Hier stand die Frage im Mittelpunkt in wie weit sich der Nachwuchs für die „Welt außerhalb" vorbereitet fühlt.
An dieser Stelle werden nur die Ergebnisse zusammengefasst, in denen der Aspekt Geschlecht mit berücksichtigt wurde.
Ergebnisse
Der Aspekt „Gerechtigkeit" weist Unterschiede nicht nur zwischen Frauen und Männern, sondern auch im Hinblick auf die institutionelle Zugehörigkeit (Hochschule/außeruniversitäre Forschungseinrichtung) auf. Die neben stehende Tabelle (S. 32) zeigt, wie viele Frauen und Männer aus den unterschiedlichen Institutionen den Aussagen „Personalentscheidungen werden unvoreingenommen getroffen" u. ä. zugestimmt haben. Bitte klicken Sie zur Vergrößerung der Darstellung auf das Bildfeld.
Die Befunde zeigen: Sowohl an Hochschulen als auch an den außeruniversitären Forschungseinrichtungen nimmt nur eine Minderheit der Befragten Personalentscheidungen als gerecht wahr. Auffällig ist zudem, dass die Meinungen an den Hochschulen sich zwischen Frauen und Männern kaum unterscheiden. An den außeruniversitären Forschungseinrichtungen hingegen gibt es hier jedoch deutlichere Unterschiede zwischen den Einschätzungen.
Das Thema "Vereinbarkeit von Familie und Beruf" wird auch auf politischer Ebene aktuell stark diskutiert. Es stößt bei Frauen vielfach auf Widerstand, da sie fürchten, auf diesen Aspekt in Bezug auf Fragen beruflicher (Weiter)entwicklung und Karriere reduziert zu werden. Der Blick auf die Befunde der Studie zeigt jedoch, dass insbesondere Frauen Nachteile befürchten, wenn sie sich für Kinder entscheiden. Mehr in der Wissenschaft tätige Männer als Frauen haben Kinder. Dies gilt sowohl für an Hochschulen als auch an außeruniversitären Einrichtungen tätige Personen, wobei die Situation im Hinblick auf die Vereinbarkeitsfrage an letzteren etwas günstiger zu sein scheint. Folgende Tabelle (S. 37) veranschaulicht die Ergebnisse:
Ein möglicher Grund für die unterschiedlichen Wahrnehmungen von Frauen und Männern ist neben den strukturellen Bedingungen auch eine tendenziell traditionelle Arbeitsteilung in Paarbeziehungen.
Welche beruflichen Hindernisse die Personen für die Umsetzung eines Kinderwunsches fürchten, zeigt die folgende Tabelle (S. 38). Hier wird deutlich, dass viel mehr Frauen als Männer Sorge haben, etwa nicht an die Arbeitsstelle zurückkehren zu können oder beruflich abgehängt zu werden:
Als einen möglichen Ausweg benennen die AutorInnen der Studie die vermehrte Schaffung unbefristeter Stellen.
Gesamtfazit der Studie
Der Beruf „WissenschaftlerIn" hat nach wie vor eine hohe Anziehungskraft. Wie kaum einem anderen Berufsfeld wird hier die Möglichkeit geboten, selbstständig und kreativ tätig zu sein. Strukturelle Hindernisse, wie etwa die geringe Aussicht auf eine Dauerstelle, werden von den meisten Befragten in Kauf genommen. Oftmals stecke dahinter nicht nur die Identifikation mit dem Beruf, sondern auch ein Mangel an Alternativen. „Aufgrund der eingeschränkten Chancen, eine Dauerstelle an einer Hochschule oder außeruniversitären Forschungseinrichtung zu erhalten", so die Forderung der AutorInnen, „sollten sich Nachwuchswissenschaftler(innen) möglichst frühzeitig Klarheit über die Bedingungen und individuellen Möglichkeiten einer wissenschaftlichen Karriere in ihrem Fach verschaffen." Denn: „Solange also die Rahmenbedingungen an den Hochschulen und außeruniversitären Forschungseinrichtungen es nicht ermöglichen, dem wissenschaftlichen Nachwuchs planbarere berufliche Perspektiven zu bieten, sollten die jungen Forscher(innen) sich der besonderen Situation in der Wissenschaft bewusst zu sein und auch alternative berufliche Ziele in Betracht ziehen." (S. 55)
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