Essener Membranbau Symposium 2018

Abwechslungsreiches viertes Membranbau Symposium

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Am 28. September 2018 fand zum nun vierten Mal das vom Institut für Metall- und Leichtbau der Universität Duisburg-Essen veranstaltete Essener Membranbau Symposium statt. Dieses Jahr war auch der Zeltbau thematisch eingebunden und Analogien zwischen Membranbau und Zeltbau wurden hervorgehoben. Etwa 110 Teilnehmer aus Praxis und Wissenschaft des Membran- und Zeltbaus fanden sich zu einem lebhaften Austausch im Glaspavillon am Campus Essen ein. Die Veranstalter danken den externen Referenten Dipl.-Ing. Stefan Regenfuß (Röder Zelt- und Veranstaltungsservice), Dr.-Ing. Thomas Misiek (Breinlinger Ingenieure), Dr. rer. nat Carl Maywald (Vector Foiltec), Prof. Dr.-Ing. Kai-Uwe Bletzinger (Technische Universität München), Dipl.-Ing. Christoph Paech (schlaich bergermann partner) und Dipl.-Ing. Jürgen Bradatsch (SL Rasch), die mit ihren sehenswerten Vorträgen zu einem spannenden Tag beigetragen haben.

Frau Prof. Dr.-Ing. Natalie Stranghöner (Universität Duisburg-Essen, Institut für Metall- und Leichtbau) referierte zum aktuellen Stand zur Normungsarbeit im Membran- und Zeltbau, hier vor allem zur in Kürze erscheinenden überarbeiteten Fassung der Zelthallen-Normenreihe DIN 18204. Der zweite Schwerpunkt ihres diesjährigen Vortrags lag in den aktualisierten Bemessungsregeln für nichtrostende Stähle. Diese finden häufig in Verbindung mit Membran- und Zeltbauten Anwendung. Die richtige Materialauswahl ist von entscheidender Bedeutung, um Korrosionsschäden effektiv zu vermeiden. Ihre Präsentation ist hier kostenlos herunterladbar.

Dr.-Ing. Jörg Uhlemann (Universität Duisburg-Essen, Institut für Metall- und Leichtbau) stellte den Zwischenstand zum aktuell laufenden DFG-Forschungsvorhaben zur Charakterisierung und Modellierung von Gewebemembranen vor. In diesem Rahmen wurde zur Validierung von Materialmodellen ein neuartiger Membranbauteilversuchsstand entwickelt und gebaut. Erste Versuchsergebnisse daran lassen Stärken und Schwächen existenter Materialmodelle klar erkennen. Auf dieser Basis werden Materialmodelle nun in der restlichen Projektlaufzeit so optimiert, dass sie alle Facetten des mechanischen Verhaltens zufriedenstellend beschreiben.

Der Zeltbau wurde auch im Vortrag von Dipl.-Ing. Stefan Regenfuß (Röder Zelt- und Veranstaltungsservice) aufgegriffen. Er zeigte die Entwicklungen auf diesem Gebiet speziell in den letzten 20 Jahren. Die Strukturen werden teils so komplex, dass kaum noch vom „Zeltbau“ gesprochen werden kann und die Übergänge zu festen Gebäuden fließend werden. Die Disziplinen Membranbau und Zeltbau, die ja schon immer Analogien hinsichtlich verwendeter Materialien, Tragverhalten etc. aufwiesen, kommen sich so noch näher.

In Verbindung mit Membran- und Zeltbauten werden sehr häufig auch Stahlseile eingesetzt, z. B. an Rändern der Membranfelder oder zur Abspannung. Dr.-Ing. Thomas Misiek (Breinlinger Ingenieure) erläuterte Neuerungen hinsichtlich der Bemessungs- und Produktnormen im Seilbau. Analogien im Tragverhalten von Seilen und Membranen werden es außerdem ermöglichen, einige der im Seilbau erarbeiteten Bemessungsregeln auf den Membranbau zu übertragen.

Der Bau von ETFE-Folienkonstruktionen begann in den achtziger Jahren des letzten Jahrhunderts. Die Firma Vector Foiltec hat nun zwei ihrer ersten Strukturen ausgetauscht, womit natürlich gealterte und belastete Folien zur technischen Analyse zur Verfügung standen. Dr. rer. nat Carl Maywald (Vector Foiltec) konnte aufzeigen, dass die UV-Strahlung nach fast 30-jährigem Einsatz nicht zu negativen Veränderungen der mechanischen Eigenschaften führte. Zyklische mechanische Belastungen führten sogar zu einer Versteifung und Verfestigung des Materials.

Die Integration mechanischer Berechnungen in CAD-Umgebungen ist derzeit ein Entwicklungsschwerpunkt des Lehrstuhls für Statik von Prof. Dr.-Ing. Kai-Uwe Bletzinger (Technische Universität München), die mittels der „Isogeometrischen Analyse (IGA)“ ermöglicht wird. Eine Herausforderung ist z. B. die mechanische Kopplung von Teilflächen. In den letzten Jahren gab es große Fortschritte. Anhand zahlreicher Beispiele demonstrierte Professor Bletzinger die ausgedehnten Möglichkeiten der neuen Methodik, die durch Kiwi3d ermöglicht wird. Kiwi3d ist ein PlugIn für Rhino3D, der Grashopper mit der IGA-Implementierung „TeDA“ des Lehrstuhls für Statik verbindet.

Für ein großes Stadionprojekt in Katar wurde von schlaich bergermann partner in Zusammenarbeit mit Architekten und Materialherstellern ein neues Gewebematerial entwickelt. Das oberste Ziel war es, eine textile Optik verbunden mit traditionellen Mustern der Beduinen zu erreichen. Aber diese innovative, unbeschichtete Gewebemembran hatte neben einer speziellen Optik viele technische Anforderungen zu erfüllen, z. B. hinsichtlich Festigkeit, Brandschutz, Schallschutz, Dauerhaftigkeit. Dipl.-Ing. Christoph Paech (schlaich bergermann partner) zeichnete sehr anschaulich die Entwicklung von den ersten Lösungsansätzen bis zum fertigen Produkt nach, das unter Verwendung eines Jacquard-Webstuhls aus farbig PVC-ummantelten Polyester-Fäden gewebt wird.

Zum Abschluss hat Dipl.-Ing. Jürgen Bradatsch (SL Rasch) wandelbare Großschirme vorgestellt und erläutert. Beeindruckend in Form, Farbe und nicht zuletzt Größe stellen sie das besondere Markenzeichen von SL Rasch dar. Durch bewegliche Mechaniken können die bis zu 53 m weit spannenden Schirmkonstruktionen automatisiert maschinell geöffnet und geschlossen werden. Die zum Teil extra für die Schirme entwickelten PTFE-Gewebe bleiben auch beim täglichen Faltungsprozess fest. Die Schirme widerstehen selbst extremer UV-Strahlung und Klimabedingungen in Wüstenregionen und können so durch geschicktes Zusammenstellen vieler Schirme zu weitläufigen Klimadächern kombiniert werden.

Traditionell fand der Ausklang des Tages im Essener Labor für Leichte Flächentragwerke (ELLF) statt, wo die Prüfeinrichtungen besichtigt werden konnten und die Gelegenheit zum weiteren Austausch rege genutzt wurde.

Die Beiträge der Referenten liegen in schriftlicher Form in einem Tagungsband vor, der auch im Nachgang zum Symposium beim Shaker Verlag erworben werden kann:
Natalie Stranghöner, Jörg Uhlemann (Hrsg.), 4. Essener Membranbau Symposium, Shaker Verlag, Aachen, 2018.

Angesichts der vielen positiven Rückmeldungen freuen sich die Veranstalter bereits auf die fünfte Ausgabe des Essener Membranbau Symposiums, die im September 2020 stattfinden wird.

Dr.-Ing. Jörg Uhlemann