Brennpunkt Schule
Schulerfolg unter Bedingungen vielfacher Bildungsrisiken
Diese Website berichtet über Forschungsergebnisse zu so genannten Schulen in schwieriger Lage, d.h. Schulen, die in benachteiligten, sozial und ethnisch segregierten Stadtvierteln liegen und eine durch vielfache Bildungsrisiken gekennzeichnete Schülerschaft haben.
Während diese Schulen in Deutschland erstmals mit dem Hilferuf von Pädagoginnen und Pädagogen der Berliner Rütli-Schule in die öffentliche und mediale Diskussion gelangten, arbeiten international bereits seit Jahrzehnten wissenschaftliche Studien und Akteure im Bildungssystem an deren Entwicklung.
Ausgehend von unserer Untersuchung zu dem ‚Schulerfolg unter Bedingungen vielfacher Bildungsrisiken’, die vom BmBF finanziert und von 2010-2012 an der Universität Göttingen durchgeführt wurde, greifen wir Entwicklungen aus Wissenschaft und Schulsystem zur Arbeit an Schulen in herausfordernden Lagen auf und stellen sie interessierten Studierenden und WissenschaftlerInnen, PädagogInnen und Akteuren in der Schulverwaltung zur Verfügung.
Projekt
Das Projekt „Schulerfolg unter Bedingungen vielfacher Bildungsrisiken“ untersucht Faktoren erfolgreichen Lernens und bildungsbezogener Integration an Schulen mit multikultureller und ökonomisch benachteiligter Schülerschaft in segregierten städtischen Quartieren.
Dazu werden Fallstudien zu zwei weiterführenden Schulen angefertigt, die in nationalen Schulwettbewerben prämiert wurden und von denen vor diesem Hintergrund ein innovativer Umgang mit den Problemen von Brennpunkt-Schulen erwartet werden kann. Die Untersuchung arbeitet mit rekonstruktiven Forschungsmethoden erfolgreiche Strategien der Schulentwicklung, Aspekte der Schulkultur sowie pädagogische Orientierungen und Praktiken des pädagogischen Personals der Schulen vor dem Hintergrund der sozialen und wirtschaftlichen Lage ihres lokalen Kontexts heraus.
Untersuchungsziele
Das Projekt identifiziert erfolgreiche Praktiken des Umgangs mit Heterogenität und mit der Segregation von Schülerschaften an Schulen in sog. Brennpunktvierteln. Wir fragen danach, wie es Schulen gelingt, Projekte, Routinen und Praktiken zu entwickeln, die die Chancen auf Schulerfolg für Lernende mit vielfachen Bildungsrisiken erhöhen.
Dabei gehen wir grundlegend davon aus, dass jede Schule im Laufe ihrer besonderen Schulgeschichte vor dem Hintergrund ihrer Einbindung in das Schulsystem insgesamt und den konkreten lokalen Kontext des Quartiers eine Schulkultur entwickelt hat, die den Rahmen bildet für die pädagogische Arbeit mit ihrer Schülerklientel und für Prozesse der Schulentwicklung.
Unter Gesichtspunkten der Ergebnisverwertung richtet sich die Studie in erster Linie direkt an leitende Akteure in Schulen mit ähnlicher Risikokumulation, die auf der Basis der Falldarstellungen zu pädagogischen Innovationen und zur Initiierung von Unterstützungsnetzwerken ermuntert werden sollen. Darüber hinaus können unsere Ergebnisse zur Schulentwicklung für Akteure in der Schulpolitik bzw. Schulverwaltung als wichtige Steuerinstrumente in der Bildungsplanung und in der Beratung und Fortbildung von Schulen und Pädagoginnen und Pädagogen dienen.
Vorgehen
Im Projekt wurden kontrastiv angelegte Fallstudien zu Einzelschulen realisiert, in denen Rekonstruktionen zu den Schulen und ihrer pädagogischen Arbeit sowie sozialstatistische Deskriptionen zu den Quartieren, in denen sie angesiedelt sind, realisiert und zueinander in Beziehung gesetzt wurden.
Die rekonstruktiv angelegten Fallstudien zu den zwei ausgewählten Schulen basieren grundlegend auf einem offenen ethnographischen Feldzugang.
Dieser umfasst:
- Interviews und Gruppendiskussionen mit Akteuren der Schulleitung, Lehrkräften und Angehörigen anderer pädagogischer Professionen, weiteren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, sowie Lernenden und Eltern
- Aufzeichnungen pädagogischer Situationen im Kontext der Schulen
- Interviews und Gruppendiskussionen im Umfeld der Schulen, im Quartier sowie in den lokalen Schulverwaltungen
Die Auswertung der so entstandenen Daten basiert auf der dokumentarischen Methode, welche auf die Herausarbeitung kollektiver Wissensbestände und Orientierungen von Akteuren in konkreten Interaktionszusammenhängen abzielt. Auf diese Weise werden im Projekt handlungsleitende Orientierungen, relevante Strukturprinzipien der schulischen Arbeit sowie grundlegende Mechanismen der pädagogischen Praxis der Schulen rekonstruiert.
Untersuchungsdesign
Die Untersuchung basiert auf zwei Fallstudienzu Schulen in benachteiligten Quartieren und war wie folgt aufgebaut:
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Fallstudie I wurde an einer Schule realisiert, welche in einem segregierten, großstädtischen Quartier angesiedelt ist. Die Bevölkerung besteht zu 40% aus Menschen mit Migrationshintergrund. 68% der unter achtzehnjährigen weisen einen Migrationshintergrund auf. 25% der Bevölkerung dieses Quartiers empfängt Transferleistungen.
In Fallstudie I wurde aus den mehrphasigen Erhebungen in den relevanten Akteurgruppen (Lehrkräften, Eltern, Schülerinnen und Schülern, Akteuren aus Schulleitung, Schulverwaltung und Sozialraum) der ersten Untersuchungsschule ein Materialkorpus von insgesamt 84 Materialien erstellt. Dieser setzt sich aus Gruppendiskussionen, Experteninterviews, biografischen Interviews, Audiographien pädagogischer Settings sowie Sammlungen von statistischen Kenndaten zu den lokalen Kontexten der Untersuchungsschulen zusammen.
Fallstudie II wurde an einer Schule realisiert, welche in einem segregierten, großstädtischen Quartier angesiedelt ist. 40% der Bevölkerung verfügen über einen Migrationshintergrund. 60% der unter achtzehnjährigen weisen einen Migrationshintergrund auf. 16% der Bevölkerung dieses Quartiers empfängt Transferleistungen.
In Fallstudie II wurde eine fokussierte Erhebung durchgeführt. Die Datenerhebung war gezielt im Hinblick auf die Spezifika der Schule sowie potentielle Kontraste zur ersten Fallstudie hin angelegt.
Die Erhebung erfolgte daraufhin in Form von Gruppendiskussionen, Experteninterviews und biografischen Interviews. Insgesamt ergaben sich aus dieser Erhebungsphase weitere 19 Materialien.
Die Ergebnisse der Fallstudien werden derzeit entlang der Analyseschwerpunkte miteinander kontrastiert.