Vorgestellt: Dr. Stéphane Kenmoe
Vorgestellt: Dr. Stéphane Kenmoe [November 2019]Kamerun für die Wissenschaft begeistern
Seit drei Jahren arbeitet Dr. Stéphane Kenmoe als Postdoc am Lehrstuhl für Theoretische Chemie an der Universität Duisburg-Essen. Geboren 1984 in Kamerun, setzt sich der Wissenschaftler neben seiner Forschung aktiv für die Förderung und Vernetzung junger afrikanischer Wissenschaftler*innen ein. In seinem Heimatland ist er darüber hinaus durch Fernsehauftritte bekannt, in denen er wissenschaftliche Phänomene allgemein verständlich und humorvoll erklärt. Im November wird der in Duisburg lebende Wissenschaftler erneut nach Kamerun reisen und die „1st Central African School on Electronic Structure Methods and Applications“ leiten.
Kenmoes aktuelles Forschungsprojekt an der Universität Duisburg-Essen ist Teil des durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft geförderten Sonderforschungsbereiches (SFB) „Heterogene Oxidationskatalyse in der Flüssigphase“ der Universität Duisburg-Essen und der Ruhr-Universität Bochum. Rund 600 Millionen Tonnen Chemikalien werden jedes Jahr durch Oxidationsreaktionen hergestellt, die allgemein als chemischer Prozess beschrieben werden können, bei denen ein Stoff Elektronen an einen anderen Stoff abgibt. Katalysatoren wiederum sind Stoffe, die solche Vorgänge beschleunigen können, ohne dabei selbst verbraucht zu werden. Ziel des SFB ist es, die Oxidkatalyse detailliert zu verstehen.
Kenmoe interessiert sich dabei besonders für die photokatalytische Wasserspaltung, bei der Wasser mithilfe von sichtbarem Licht in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten wird. Ihr wird großes Potenzial für die umweltfreundliche Energiegewinnung aus Sonnenlicht zugeschrieben, noch fehlt jedoch die notwendige Technologie für diese Form der Energieerzeugung.
Neben der Forschung ist die Wissenschaftskommunikation in seiner Heimat Kenmoes zweite Leidenschaft, die einen großen Teil seiner Freizeit füllt. „In Kamerun“, hält er fest, „gibt es keine gewachsene Wissenschaftskultur.“ Weniger als 1% des Bruttoinlandproduktes werden jährlich in Forschung und Entwicklung investiert, schätzt er. Unterhaltung hingegen spiele eine wichtige Rolle im Alltag vieler Kameruner. Das ist der Grund, warum der 35-Jährige das Fernsehen und Soziale Medien nutzt, um populärwissenschaftliche Themen leicht verständlich zu transportieren. Gezielt lädt er kamerunische Stars wie Schauspieler und Musiker zu gemeinsamen Fernsehauftritten ein, um eine möglichst große Aufmerksamkeit zu erreichen. „Making science the star“ ist das Motto all seiner Aktivitäten, mit denen er die Wissenschaftskultur in Kamerun zum Wachsen bringen möchte.
Trotz des Humors und der spielerischen Leichtigkeit, mit denen Kenmoe seine Themen aufbereitet, treibt ihn ein ernsthafter gesellschaftspolitischer Anspruch. Der hoch spezialisierte Wissenschaftler möchte die Relevanz von Forschung und Forschungsförderung stärker in das Bewusstsein kamerunischer Politiker rücken und „den Druck auf die Politik erhöhen“. Erst vor wenigen Tagen hat Kenmoe ein Buch („La science illumine Ndjocka-City“ [Die Wissenschaft erhellt Ndjocka-City]) veröffentlicht, das sich mit der Frage beschäftigt, wie Wissenschaft und Forschung in Kamerun wahrgenommen werden. Eine 26-teilige, auf dem Buch basierende Fernsehserie ist in Vorbereitung. Für den Dreh konnte Kenmoe viele bekannte Schauspieler aus Kamerun gewinnen. Der zweifache Familienvater ist in Kamerun mittlerweile selbst ein Star, der mit seiner erfolgreichen Wissenschaftskarriere viele Menschen inspiriert. „Nach meinen Sendungen rufen mich oft Eltern an und fragen, wie ihre Kinder den Schritt in das Studium schaffen können“.
Um in seiner Heimat Begeisterung für die Wissenschaft zu wecken, verfolgt Kenmoe eine Strategie in drei Schritten: „Zuallererst“, sagt er, „muss man das Interesse und die Leidenschaft junger Menschen wecken.“ Im Anschluss komme es darauf an, ihnen die Möglichkeit zu bieten, ihre Fähigkeiten auszubauen und zu stärken. Um sie so schließlich für Forschungsaufenthalte an Einrichtungen und Universitäten im Ausland zu befähigen. Aus diesem Grund organisiert Kenmoe regelmäßig Workshops mit internationalen Expert*innen in Kamerun, aktuell die „1st Central African School on Electronic Structure Methods and Applications“ (CASESMA)”, die vom 18. bis 25. November 2019 in Dschang stattfindet. Prof. Dr. Eckhard Spohr vom Lehrstuhl für Theoretische Chemie der Universität Duisburg-Essen und weitere renommierte Wissenschaftler*innen werden ihn begleiten und vor Ort nach Talenten Ausschau halten.
Kenmoe wurde als ein solches Talent ein Jahr nach seinem Master an der Universität Dschang in Kamerun 2010 für ein einjähriges postgraduales Studium am International Centre for Theoretical Physics (ICTP) in Trieste, Italien, ausgewählt – eine vom italienischen Staat und den Vereinten Nationen getragene Einrichtung, die Spitzenforschung in Ländern der Dritten Welt und den wissenschaftlichen Austausch fördert. Jährlich erhalten lediglich 40 Absolvent*innen aus sogenannten Entwicklungsländern diese Chance. Es war der Startschuss für seine wissenschaftliche Karriere, die er als Promotionsstipendiat am Max-Planck-Institut für Eisenforschung in Düsseldorf fortsetzte und die ihn nach der Promotion 2015 schließlich als Postdoc an die Universität Duisburg-Essen geführt hat.
Im Laufe dieser Zeit hat Kenmoe ein großes Netzwerk geknüpft. Unter anderem ist er Mitglied im Board der African Physical Society und dort verantwortlich für das Thema Kommunikation. Zudem organisiert er die erste Konferenz für junge afrikanische Wissenschaftler*innen in Nordamerika („YASNA – Young African Scientists in North America“) mit, die im Mai 2020 in Montréal stattfinden wird. Im Juli 2018 war er bereits Co-Organisator der ersten „Young African Scientists in Europe“-Konferenz („YASE“) in Toulouse. Im internationalen Austausch sieht er einen Schlüssel für erfolgreiche wissenschaftliche Karrieren: „Forschungserfahrungen im Ausland zu sammeln, hat für die eigene Karriere einen sehr großen positiven Effekt.“ Die CASESMA School im November wird für Kenmoe die nächste Gelegenheit sein, dafür zu werben.