Wie Mehrsprachige ihre Sprachen kreativ mischen
*Der Text zu dieser Aufgabe ist auch auf Englisch / ... verfügbar. *
Sprichst Du manchmal mit ein- und derselben Person in mehreren Sprachen gleichzeitig? Mehrsprachige Menschen sind in der Lage, ihre Sprachen kreativ zu mischen. Das wird auch als Code-Switching bezeichnet. Der folgende Gesprächsausschnitt stammt von einer Deutsch-Amerikanerin, die an einer Studie zum deutsch-englischen Code-Switching teilgenommen hat (s. Literatur unten). Das Beispiel stammt von Toni, einer Sprecherin, die im Alter von 19 Jahren mit ihren Eltern und einer Schwester von München aus in die USA ausgewandert ist und zum Zeitpunkt der Äußerung 82 Jahre alt war.
Schau Dir zunächst die Passage in (1) an. Kannst Du deutsche (bairische) und englische Anteile unterscheiden?
(1) Toni, 82 J., 63 Jahre nach ihrer Emigration aus Bayern:
- Dann hat sei Frau zu mir g’sagt, why are you leaving us now? Da sog i, because I would like to laugh once in a while, und dann hats’ g’sagt, well I’m here too an’ ich leb noch, hots’ g’moant. Na hab ich g’sagt, well, gee …
In (2) wurden die englischen Bestandteile fett markiert. Stimmt das mit Deiner Einschätzung englischer und deutscher Anteile überein?
- Dann hat sei Frau zu mir g’sagt, why are you leaving us now? Da sog i, because I would like to laugh once in a while, und dann hats’ g’sagt, well I’m here too an’ ich leb noch, hots’ g’moant. Na hab ich g’sagt, well, gee …
Was für eine Systematik, was für ein Motiv könnte hinter dieser Art des Sprachwechsels stecken? Wie wäre es mit dem folgenden Schema?
- Dann hat sei Frau zu mir g’sagt
Why are you leaving us now?
Da sog i
because I would like to laugh once in a while
und dann hats’ g’sagt,
well I’m here too an’
ich leb noch, hots’ g’moant,
Na hab ich g’sagt well, gee …
Wir sehen: In dieser Sequenz liefert Deutsch den Rahmen, nämlich in diesem Fall die Verben des Sagens, und das Englische gibt das Zitierte wieder. Das ist eine Aufteilung, die von der Forschung schon oft diskutiert wurde. Diese Art des Wechsels hast Du mit Sicherheit schon einmal gehört, wenn Du mehrsprachigen Menschen zugehört hast – und wenn Du selbst im Alltag mehrere Sprachen verwendest, kannst Du das auch!
Wir schließen daraus: Mischen ist kein Anzeichen von fehlender Sprachkompetenz!
Zum Weiterlesen:
Tracy, Rosemarie & Stolberg, Doris (2008). Nachbarn auf engstem Raum. Koexistenz, Konkurrenz und Kooperation im mehrsprachigen Kopf, S.83-108. (Zugang über Shibboleth)