IAQ Pressemitteilung

Pressemitteilung vom 19.12.2007 Tarifstreit im Einzelhandel

Viel Arbeit, wenig Lohn



In der aktuellen Tarifrunde im Einzelhandel geht es um mehr als nur um Lohnerhöhungen. Der harte Wettbewerb um Marktanteile und die Expansion großer Unternehmen führen derzeit zu einem tiefgreifenden Wandel. Der Marktdruck wirkt sich dabei negativ auf die Beschäftigten aus – in einer Branche, in der ohnehin 42 Prozent für Niedriglöhne arbeiten. Das zeigt eine aktuelle Studie des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen zu Unternehmensstrategien und Beschäftigung im deutschen Einzelhandel.

Die derzeit von Arbeitgeberseite vorgeschlagene Kürzung der Spät- und Wochenendzuschläge würde nicht dazu führen, dass die Beschäftigten weniger Geld in der Tasche hätten, da die Stundenzuschläge meist über Freizeit abgegolten werden. „Durch die Hintertür werden aber auf diese Weise die Arbeitszeiten verlängert, wodurch die Arbeitsbelastung steigt”, kritisiert die IAQ-Arbeitsmarktforscherin Dorothea Voss-Dahm. Bisher gehörte es zum Einverständnis zwischen Arbeitgebern und Beschäftigten, dass die Arbeit zu unsozialen Zeiten durch kürzere Arbeitszeiten kompensiert wird. Wenn nun die Beschäftigten für die Zuschläge auf die Straße gehen, wehren sie sich gegen die Absenkung von Standards und protestieren dagegen, dass die Arbeitsbedingungen Bestandteil der Kostensenkungsstrategien der Unternehmen werden.

Auf Kostensenkung zielt auch die Ausweitung der Teilzeit-Beschäftigung im Einzelhandel ab: Jede/r zweite Verkäufer/in arbeitet heute in sozialversicherungspflichtiger Teilzeit oder im Minijob, im filialisierten Lebensmitteleinzelhandel sogar zwei Drittel der Beschäftigten. In den meisten Betrieben ist Vollzeitbeschäftigung nur noch für das betriebliche Management vorgesehen, das operative Geschäft wird von Teilzeitkräften abgewickelt, wobei 86,8 Prozent aller geringfügig Beschäftigten im Einzelhandel zu Niedriglöhnen arbeiten. „Solange die Minijobs für die Unternehmen so attraktiv und kostengünstig sind, werden sie eine treibende Kraft für die weitere Zunahme von Niedriglohnbeschäftigung im Einzelhandel bleiben”, warnt Voss-Dahm.

Die Studie von Dorothea Voss-Dahm ist unter dem Titel „Der Branche treu trotz Niedriglohn - Beschäftigte im Einzelhandel” erschienen in:
Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia (Hrsg.), 2007: Arbeiten für wenig Geld: Niedriglohnbeschäftigung in Deutschland. Frankfurt/Main: Campus Verl. ISBN 978-3-593-38429-0

Redaktion:

Claudia Braczko

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Dr. Dorothea Voss