IAQ Pressemitteilung
Exportschlager duale Ausbildung?
Viele Jugendliche in Europa sind arbeitslos, in einigen Krisenländern ist ihre Zahl so groß, dass man schon von einer verlorenen Generation spricht. Das erfolgreiche deutsche Berufsbildungssystem könnte daher zum Exportschlager werden. Allerdings lässt sich die duale Ausbildung – wie von der EU-Kommission empfohlen – nicht einfach kopieren, sondern „erfordert einen Umbau von Institutionen, den man nur mit sehr langem Atem erreichen kann”, zeigen Untersuchungen des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE). Am schwierigsten könnte es sein, die Unternehmen von der Notwendigkeit eigener Investitionen in Fachkräfte, die über kurze Anlernqualifikationen hinausgehen, zu überzeugen.
Im März 2013 lag die Quote arbeitsloser Jugendlicher in der EU mit 23,4 Prozent fast zweieinhalbmal so hoch wie die der über 25-Jährigen. In einigen ost- und südeuropäischen Ländern ist mittlerweile mehr als jeder zweite junge Mensch ohne Beschäftigung. „Das Problem der Jugendarbeitslosigkeit ist gravierend und lässt sich auch nicht durch statistische Umrechnungen weg interpretieren”, warnt IAQ-Direktor Prof. Dr. Gerhard Bosch. Zu beachten seien vor allem auch die Langzeitfolgen: „Ein schlechter Start ins Berufsleben erhöht die Risiken instabiler Erwerbsverläufe und geringer Verdienste stärker als bei anderen Altersgruppen, da wichtige Weichen für die Karriere und die Persönlichkeitsbildung in den ersten Berufsjahren gestellt werden.”
Die Gründe für die hohe Jugendarbeitslosigkeit sieht Bosch weniger in Qualifikationsmängeln. Wie ein Blick in die OECD-Statistiken zeigt, ist durch die rasche Expansion des Bildungswesens auch in diesen Krisenländern die junge Generation so gut ausgebildet wie keine andere zuvor. „Wichtiger als das Niveau der Bildungsabschlüsse ist die Art der Ausbildung”, stellt der IAQ-Arbeitsmarktforscher fest. Mehrere Studien zeigten, dass in Ländern mit einer dualen Berufsausbildung Jugendliche deutlich reibungsloser und zügiger ins Beschäftigungssystem übergehen als in Ländern, wo bei ähnlicher wirtschaftlicher Lage die Anteile schulischer Berufsausbildung hoch sind.
„In den Krisenländern werden die politischen Koalitionen zwischen Staat und Sozialpartnern, die man für den Aufbau eines dualen Ausbildungssystems braucht, dadurch gravierend geschwächt, dass die Troika in die Tarifsysteme eingreift”, kritisiert Bosch. Den Jugendlichen von heute ist damit nicht geholfen. Die hochverschuldeten Staaten werden ohne zusätzliche Wachstumsimpulse nicht in der Lage sein, allen arbeitslosen Jugendlichen, die die Schule beendet oder den Job verloren haben, eine Arbeitsstelle, eine Ausbildungs- oder Weiterbildungsmöglichkeit anzubieten. Perspektiven werde man den Jugendlichen kurzfristig nur durch ein europäisches Wachstumsprogramm in wichtigen Infrastrukturbereichen geben können. Dafür muss die EU aber Geld geben und obligatorische Mindestquoten für die Beschäftigung von Jugendlichen und Ausbildungsplätze festlegen.