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Pressemitteilung vom 19.03.2014 DGB NRW: Keine Ausnahmen beim Mindestlohn!

Im Rahmen einer Pressekonferenz hat Andreas Meyer-Lauber, Vorsitzender des DGB NRW, heute an die Bundesregierung appelliert, den allgemeinen gesetzlichen Mindestlohn von 8,50 Euro pro Stunde ohne Ausnahmen einzuführen. „Wir sind ganz nah dran, einen Meilenstein in der Sozial- und Arbeitsmarktpolitik auf den Weg zu bringen”, sagte Meyer-Lauber. „Die Bundesregierung darf nicht zulassen, dass dieses gute Projekt ins Straucheln gerät, weil Interessengruppen Ausnahmen durchsetzen wollen.” Das gelte auch für junge Beschäftigte bis 18 Jahren. „Eine solche Ausnahme würde eine unzulässige Altersdiskriminierung darstellen. Das Argument, junge Menschen könnten durch den Mindestlohn daran gehindert werden, eine Ausbildung zu beginnen, ist nicht stichhaltig. Schon immer können Jugendliche, die ungelernt eine Tätigkeit aufnehmen, zunächst deutlich mehr verdienen als in der Ausbildung. Dennoch entscheiden sich fast 100 Prozent für eine Ausbildung oder ein Studium. Das zeigt: Junge Menschen sind nicht dumm. Sie wissen, dass sie ohne abgeschlossene Ausbildung meist nur prekäre Beschäftigungsverhältnisse bekommen und planen deshalb langfristig.”

Professor Dr. Gerhard Bosch, Direktor des Instituts für Arbeit und Qualifikation (Universität Duisburg-Essen), zeigte auf, dass aufgrund des ausgeprägten Niedriglohnsektors allein in NRW 1,3 Millionen Beschäftigte vom lückenlosen Mindestlohn profitieren würden. Dabei seien einige Branchen und Beschäftigungsgruppen besonders stark von Niedriglöhnen betroffen. „Sehr niedrige Löhne finden sich derzeit im Gastgewerbe, im Dienstleistungsbereich und im Einzelhandel, hier werden viele Gehälter durch den Mindestlohn erheblich steigen. Unter den Minijobberinnen und Minijobber gehören sogar 81,9 Prozent der Beschäftigten zu den Geringverdienern.” Zu der Gruppe, die besonders vom Mindestlohn profitieren würde, zählten zudem jüngere Beschäftigte unter 25 Jahren und Frauen. „Die Einführung des Mindestlohns von 8,50 Euro ist angesichts der tiefen Erosion des deutschen Lohnsystems eine der größten Sozialreformen der Nachkriegszeit”, fasste Professor Bosch seine Erkenntnisse zusammen. Von negativen Auswirkungen sei dabei nicht auszugehen. „Die neuere Mindestlohnforschung in den USA, Großbritannien und Deutschland konnte überwiegend keine negativen Beschäftigungseffekte durch Mindestlöhne feststellen.”

Andreas Meyer-Lauber warnte davor, die positiven Effekte des Mindestlohns durch Ausnahmen zu konterkarieren. „Nicht nur gegenüber den Betroffenen wäre eine solche Politik ungerecht. Auch aus wirtschaftspolitischer Sicht ist die Einführung des lückenlosen Mindestlohns sinnvoll.” Schließlich fördere der Mindestlohn die Binnennachfrage und die Kaufkraft der Beschäftigten. „Und auch der Staat profitiert, weil weniger Sozialleistungen an sogenannte Aufstocker gezahlt werden müssen und die Sozialsysteme eine Stärkung durch höhere Beiträge erfahren.” Zudem würden Ausnahmen zwangsläufig dazu führen, dass ein Wettbewerb zwischen Beschäftigungsgruppen mit und ohne Mindestlohn entfacht werde. Außerdem sei mit einem löchrigen Mindestlohn die Kontrolle erheblich erschwert. „Wenn jede Arbeitnehmerin und jeder Arbeitnehmer weiß, dass nur Stundenlöhne ab 8,50 Euro rechtmäßig sind, kann man das selber leicht auf seinem Gehaltszettel kontrollieren. Werden einzelne Personengruppen oder Branchen ausgeschlossen, ergibt sich ein Flickenteppich, dessen Kontrolle wesentlich mehr personelle und finanzielle staatliche Ressourcen auf Kosten des Steuerzahlers bedarf.”

Der DGB NRW regt an, eine Informations- und Beschwerdehotline einzuführen, bei der sich Arbeitgeber und Arbeitnehmer über ihre Rechte informieren und auf Missstände aufmerksam machen können. „Die Hotline muss ortsnah angesiedelt und eng mit den Sozialversicherungen und der Finanzkontrolle Schwarzarbeit verbunden sein”, fordert Meyer-Lauber. „Wir sehen auch die Landesregierung in der Pflicht, sich um die Einrichtung zu kümmern.”

Redaktion:

Claudia Braczko

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Prof. Dr. Gerhard Bosch