IAQ Pressemitteilung

Pressemitteilung vom 19.10.2021 Pandemiebedingter Ausgabenrekord

Dank Sozialleistungen sicher durch die Krise

Im Pandemiejahr 2020 sind die Sozialausgaben in Deutschland auf weit über tausend Milliarden Euro (1.119 Mrd. €) geklettert. Auch die Sozialleistungsquote, die den Anteil der Sozialleistungen am Bruttoinlandsprodukt (BIP) angibt, hat mit 33,6 Prozent einen historischen Höchststand erreicht. Aber ist das ein schlechtes Zeichen? Müssen wir mit Sorge in die Zukunft schauen, weil der Sozialstaat unvorhergesehen expandiert und wir die Kosten nicht decken können? „Nein“ sagt Prof. Dr. Gerhard Bäcker vom Portal  www.sozialpolitik-aktuell.de des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Universität Duisburg-Essen (UDE).

„In dieser Situation 2020 handelte es sich um einen außerordentlichen Sonderfall aufgrund der wirtschaftlichen und sozialen Folgen der Corona-Pandemie und der eingeleiteten (sozial)politischen Gegenmaßnahmen“, erläutert Prof. Dr. Gerhard Bäcker vom IAQ. 2020 ist das BIP krisenbedingt um 3,4 Prozent geschrumpft. Zugleich hat die Politik auf die Krise reagiert und durch vielfältige Gegenmaßnahmen dafür gesorgt, die soziale und finanzielle Lage der Bevölkerung und der Unternehmen, und damit auch die Kaufkraft zu stabilisieren. Eine zentrale Bedeutung komme hier der massiven Ausweitung der Kurzarbeit zu.  Allein die Ausgaben für das Kurzarbeitergeld haben die Ausgaben der Arbeitslosenversicherung gegenüber dem Vorjahr verdoppelt. Hinzu kommen u.a. die Zuschüsse an die Krankenversicherung – insbesondere für die Krankenhäuser – und die Sozialschutzpakete zur temporären Entlastung von Familien und Niedrigeinkommensbezieher*innen.

Insgesamt sind die Sozialleistungen im Jahr 2020 um 7,1 Prozent gewachsen. Deren Finanzierung erfolgte und erfolgt nicht zuletzt durch eine starke Ausweitung der staatlichen Neuverschuldung. Gleichzeitig sind wegen des Rückgangs der Wirtschaftskraft und der schwachen Lohnentwicklung Beitrags- und Steuermindereinnahmen zu verzeichnen.

Nach Einschätzung Bäckers ist „der Anstieg der Sozialleistungsquote kein Ausdruck eines Problems. Vielmehr handelt es sich um den Ausdruck einer Problemlösung. Das Sozialleistungssystem erweist sich als ein Krisen- und Konjunkturstabilisator. Sozialpolitik und Sozialstaat sind keine Belastung der Ökonomie, die abgebaut werden muss. Beide Systeme ergänzen sich!“

Die Covid-19 Pandemie beeinträchtigt allerdings auch im laufenden Jahr 2021 die wirtschaftliche und soziale Lage in Deutschland. Der Wiederanstieg des BIP kommt nur langsam voran, und die krisenbedingten Sozialleistungen reduzieren sich nur schrittweise. Deshalb deute alles darauf hin, dass sich die Sozialleistungsquote ebenfalls nur begrenzt rückläufig entwickeln wird, so Bäcker. Völlig falsch sei es deshalb, in dieser Situation auf Leistungseinschränkungen abzuzielen. Dies würde nicht nur die soziale Lage weiter Teil der Bevölkerung verschlechtern, sondern auch den wirtschaftlichen Wiederaufschwung gefährden.

Weitere Informationen: Sozialpolitik Aktuell, Thema des Monats 10/2021: Starker Anstieg der Sozialleistungsquote im Jahr 2020: Kein Ausdruck eines Problems, sondern einer Problemlösung

Redaktion:

Claudia Braczko

Für weitere Fragen steht Ihnen zur Verfügung:

Prof. Dr. Gerhard Bäcker