IAQ Pressemitteilung

Pressemitteilung vom 07.10.2022 Süßes Gift?

Abschaffung der Hinzuverdienstgrenzen bei vorgezogenen Altersrenten ab 2023

Wer eine vorgezogene Altersrente bezieht, durfte früher nur geringfügig dazuverdienen. Mit Corona wurde die Grenze zunächst deutlich aufgestockt, ab 2023 soll sie ganz wegfallen. Der Kreis der Betroffenen ist groß, denn gerade mal 41,8 Prozent der jährlichen Neu-Rentner*innen arbeiten bis zur Regelaltersgrenze. Fast 500 000 Menschen beziehen – teilweise mit Abschlägen – eine Frührente. Und können (wenn sie noch können) künftig zusätzlich zum Ruhegeld weiterarbeiten und quasi doppeltes Einkommen erzielen. Im Portal www.Sozialpolitik-aktuell.de des Instituts Arbeit und Qualifikation (IAQ) der Uni Duisburg-Essen (UDE) werden die Auswirkungen beleuchtet.

So waren im Jahr 2021 von den insgesamt rund 855.000 Altersrentenzugängen 20,6 % langjährig Versicherte, 31,3 % besonders langjährig Versicherte und 6,2 % Schwerbehinderte. Sie alle haben ihre Rente vor der Regelaltersgrenze bezogen. Während Bezieher*innen einer Regelaltersrente schon immer unbegrenzt hinzu vierdienen konnten, galt für Frührentner*innen bislang eine Hinzuverdienstgrenze. Begründung: (besonders) langjährig Beschäftigte, die über viele Jahre belastenden Arbeitsbedingungen ausgesetzt waren, sollten von der Heraufsetzung der Regelaltersgrenze und der Notwendigkeit einer noch längeren Erwerbsarbeit entbunden werden.

Die IAQ-Forschenden Prof. Dr. Gerhard Bäcker und Dr. Jutta Schmitz-Kießler interpretieren den Wegfall der Hinzuverdienstgrenzen als „süßes Gift“: „Zwar ergeben sich Vorteile für die Versicherten, aber die Gefahren sind nicht zu übersehen: Es kommt mittelfristig zu erheblichen Mehrausgaben in der Rentenversicherung. Und zu erwarten ist, dass das fortlaufende Erwerbseinkommen als Argument für eine Absenkung des Rentenniveaus und die Heraufsetzung der Regelaltersgrenze dient. Die Rente verliert damit ihre Lohnersatzfunktion und tendiert zu einer Kombirente!“ 

Begünstigt würden vor allem jene besser gestellten und besser bezahlten Altersrentner*innen, die gesundheitsbedingt und qualifikatorisch durchaus in der Lage sind, tatsächlich weiterarbeiten zu können. Aber auch bei diesen noch "fitten" Älteren kommt es zu Problemen, wenn die gesundheitliche und berufliche Leistungsfähigkeit mit steigendem Lebensalter nachlässt oder wenn es keine entsprechenden Arbeitsplätze gibt.

Weitere Informationen erhalten Sie im aktuellen Monatsthema des Infoportals Sozialpolitik Aktuell: Download

Redaktion:

Claudia Braczko

Für weitere Fragen stehen Ihnen zur Verfügung:

Prof. Dr. Gerhard Bäcker
Dr. Jutta Schmitz-Kießler