Informationen zum Forschungsprojekt
Beschäftigungsstabilität und Beschäftigungssicherheit in Deutschland und Europa
Ziel und Aufgabenstellung
In der öffentlichen ebenso wie in der wissenschaftlichen Debatte werden die Begriffe "Beschäftigungsstabilität" und "Beschäftigungssicherheit" häufig synonym verwendet. Bei näherer Betrachtung lassen sich jedoch wesentliche Differenzierungen vornehmen: Mit Beschäftigungsstabilität ist in erster Linie die Dauerhaftigkeit von Arbeitgeber-Arbeitnehmer-Beziehungen gemeint. Der Begriff beschreibt, wie lange Beschäftigte in einem Unternehmen verbleiben. Der Begriff der Beschäftigungssicherheit zielt dem gegenüber in erster Linie nicht auf die Dauer von Betriebsbindungen ab, sondern hat eine qualitative Ausrichtung. Dabei kann zwischen objektiver und subjektiver Beschäftigungssicherheit unterschieden werden. Die objektive Beschäftigungssicherheit bezieht sich dabei auf die Qualität von Mobilitätsprozessen auf dem Arbeitsmarkt z. B. hinsichtlich der Frage, ob Austritte aus Unternehmen eher freiwillig oder unfreiwillig erfolgen. In diesen Bereich gehören auch Fragen hinsichtlich der mit Betriebsaustritten verbundenen Einkommens- oder Statusmobilität. Die subjektive Beschäftigungssicherheit bezieht sich dem gegenüber vor allem auf das subjektive Empfinden sowohl der eigenen, individuellen Beschäftigungssituation als auch der gesamtwirtschaftlichen Lage.
Das geplante Eigenprojekt soll sowohl Fragen der Beschäftigungsstabilität als auch der Beschäftigungssicherheit berücksichtigen und knüpft an die Projekte "Restrukturierung des Arbeitsmarktes" (1999-2003) und "Arbeitsmarkt-Monitor" (2003-2005) an, die in der Abteilung Arbeitsmarkt bzw. im Forschungsschwerpunkt TRENDS durchgeführt worden sind. Die dort vorgenommenen Analysen sollen fortgeführt, ergänzt und erweitert werden.
Zwar existiert eine Reihe von Untersuchungen, die sich entweder mit Beschäftigungsstabilität oder aber mit Beschäftigungssicherheit beschäftigen. Wenige Analysen versuchen auch, beide Parameter in gemeinsamen Analysen zu erfassen. Bislang existiert jedoch keine Untersuchung, die sowohl Beschäftigungsstabilität als auch Beschäftigungssicherheit in einer international vergleichenden Studie untersucht hätte.
Das geplante Projekt soll dazu beitragen, diese Forschungslücke zu schließen. Denn sowohl die Beschäftigungsstabilität als auch die Beschäftigungssicherheit sind wesentliche Indikatoren für die Funktionsweise von Arbeitsmärkten. So kann die Verteilung von unabgeschlossenen Betriebszugehörigkeitsdauern etwas über die Segmentation von Arbeitsmärkten aussagen. Eine starke Ungleichverteilung lässt so möglicherweise auf stärker segmentierte Arbeitsmärkte schließen. Des Weiteren ist auch ein Zusammenhang zwischen der Betriebszugehörigkeitsdauer und der volkswirtschaftlichen Innovationsfähigkeit denkbar. Geringe sowie lange Betriebszugehörigkeitsdauern können unter Umständen Indikatoren für Innovationsschwächen darstellen, da die Verteilung von Betriebszugehörigkeitsdauern auch als Indiz für die erwerbsregimespezifische Humankapitalnutzung innerhalb von Betrieben interpretiert werden kann. Ein interessanter Punkt wird in diesem Zusammenhang auch die Frage nach dem Zusammenhang zwischen Stabilität und Beschäftigungssicherheit sein.
Vorgehen
Das geplante Projekt verfolgt mehrere Ziele. Zum einen sollen ausgehend von der bereits existierenden Forschungsliteratur theoretische Überlegungen hinsichtlich des Zusammenhangs von Beschäftigungsstabilität, Beschäftigungssicherheit und Erwerbsregimen vorgenommen werden, die dann zu empirisch überprüfbaren Hypothesen führen sollen. Zum anderen sollen umfangreiche deskriptive Analysen durchgeführt werden. Dazu gehört die Darstellung unterschiedlicher Verteilungen von Betriebszugehörigkeitsdauern im internationalen Vergleich, wobei hierbei auch differenzierte Analysen bspw. hinsichtlich geschlechts- oder qualifikationsspezifischer Unterschiede erfolgen sollen. Ferner soll eine "Landkarte der Unsicherheit" erstellt werden, die deutlicht macht, in welchen Ländern eine besonders große Beschäftigungsunsicherheit herrscht. Darüber hinaus ist von Interesse, ob jenseits dieser möglichen Niveaunterschiede ähnliche oder unterschiedliche Beschäftigtengruppen in den jeweiligen Ländern um ihre Weiterbeschäftigung fürchten. Später sind dann noch multivariate Analysen geplant, die Aufschluss über die Ursachen der zu erwartenden Länderunterschiede geben sollen.
Publikationen zum Projekt
Erlinghagen, Marcel, 2008: Self-perceived job insecurity and social context: a multi-level analysis of 17 European countries. In: European Sociological Review 24 (2), pp. 183-197
Erlinghagen, Marcel, 2007: Beschäftigungsunsicherheit in Europa. In: WSI-Mitteilungen 60 (3), S. 123-130 | Lesen
Erlinghagen, Marcel, 2007: Self-perceived job insecurity and social context: are there different European cultures of anxiety? Berlin: DIW. Deutsches Institut für Wirtschaftsforschung: Diskussionspapiere | Lesen
Erlinghagen, Marcel, 2006: Erstarrung, Beschleunigung oder Polarisierung? Arbeitsmarktmobilität und Beschäftigungsstabilität im Zeitverlauf: neue Ergebnisse mit der IAB-Beschäftigtenstichprobe. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Graue Reihe des Instituts Arbeit und Technik Nr. 01/2006 | Lesen
Erlinghagen, Marcel, 2006: Job stability, mobility and labour market restructuring: evidence from German microdata. In: Management Revue 17 (4), pp. 372-394
Erlinghagen, Marcel / Mühge, Gernot, 2006: Wie kann man die Beständigkeit von Beschäftigungsverhältnissen messen? Durchschnittliche Betriebszugehörigkeitsdauer und Überlebensrate: zwei Messkonzepte im Vergleich. In: Wirtschaftswissenschaftliches Studium 35 (6), S. 308-315
Vorträge zum Projekt
Prof. Dr. Marcel Erlinghagen: Perceptions of job security in Europe's ageing workforce [Vortrag mit Karsten Hank, Universität Mannheim]. First ISA World Forum. Barcelona, International Sociological Association, 07.09.2008
Prof. Dr. Marcel Erlinghagen: National differences in self-perceived job insecurity: are there different European "Cultures" of fear. Work, Employment and Society Conference 2007. Aberdeen, Aberdeen University, 13.09.2007
Prof. Dr. Marcel Erlinghagen: National differences in self-perceived job insecurity: Are there different European "Cultures" of fear. Conflict, citizenship and civil society: 8th Annual Conference of the European Sociological Association (ESA). Glasgow, ESA, 04.09.2007
Prof. Dr. Marcel Erlinghagen: National differences in self-perceived job insecurity. Are there different European "Cultures" of fear. 28th Conference of the International Working Party on Labour Market Segmentation (IWPLMS). Aix-en-Provence, International Working Party on Labour Market Segmentation (IWPLMS), 04.07.2007
Prof. Dr. Marcel Erlinghagen: National differences in self-perceived job insecurity. Are there different European "Cultures" of fear. 19th Annual Meeting on Socio-Economics. Kopenhagen, Society for the Advancement of Socio-Economics (SASE), 28.06.2007
Prof. Dr. Marcel Erlinghagen: National Differences in Self-Perceived Job Insecurity. Are there different European Cultures of Fear? Annual Conference of the British Sociological Association (BSA). London, British Sociological Association (BSA), 12.04.2007