Informationen zum Forschungsprojekt

Begleitende Evaluierung der ESF-Interventionen im Rahmen des Operationellen ZIEL-3-Programms (1994 bis 1999) für das Bundesland Nordrhein-Westfalen

Ziel und Aufgabenstellung

Gegenstand der vom Ministerium für Arbeit, Gesundheit und Soziales NRW in Auftrag gegebenen Evaluierung waren die von der EU im Rahmen von Ziel 3 kofinanzierten arbeitsmarktpolitischen Landesprogramme "Arbeit und Qualifizierung" (AQUA), "Zielgruppenorientierte Qualifizierung" (QUAZI) und "Förderung der Wiedereingliederung von Frauen in das Erwerbsleben" (Frauenförderprogramm). Die nordrhein-westfälischen Ziel-3-Maßnahmen konzentrieren sich auf die mittel- bis langfristige (Re-)Integration von Zielgruppen, die vom Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt bedroht sind. Dazu gehören insbesondere von Langzeitarbeitslosigkeit betroffene Personen, jugendliche Arbeitslose und Berufsrückkehrerinnen.

Aufgabe der begleitenden Evaluierung der laufenden Ziel-3-Programme war eine vertiefte qualitative Implementations- und Wirkungsforschung. Diese bezog sich auf die Umsetzung der Programme in den Strukturen regionalisierter Arbeitsmarktpolitik, die Durchführung von Maßnahmen durch Träger der Arbeitsmarktpolitik sowie die sozial und arbeitsmarktlich relevanten Auswirkungen auf die TeilnehmerInnen und ihren weiteren Berufsverlauf. Mit Hilfe der Ergebnisse sollte eine Grundlage für eine spätere ex-post-Evaluierung der Landesprogramme geschaffen und gleichzeitig eine korrigierende Feinsteuerung der Programmimplementation bzw. -umsetzung unterstützt werden.

Vorgehen

Den Ausgangspunkt der Evaluierung bildete die Zielanalyse des Operationellen Ziel-3-Programms sowie der drei in seinem Rahmen durchgeführten Landesprogramme. Zur Gewinnung eines Referenzrahmens wurde außerdem die Entwicklung von Arbeitsmarkt und Beschäftigung anhand relevanter Strukturmerkmale dargestellt. Zur Einordnung der von uns untersuchten Ziel-3-Maßnahmen in das Ensemble der Arbeitsmarktpolitik wurden die gleichzeitig im Fördergebiet durchgeführten Maßnahmen aus anderen Landesprogrammen sowie der Bundesanstalt für Arbeit analysiert. Dabei wurde auch ein Vergleich mit der Förderdichte im übrigen Bundesgebiet gezogen.

Im Mittelpunkt der prozeduralen Analyse standen regionale Fallstudien, in denen exemplarisch die Implementation und Umsetzung der Ziel-3-Programme sowie die Akteurskonstellationen und das Institutionengeflecht untersucht wurden, welche die Implementation der Programme tragen. Auf der Grundlage von Expertengesprächen und Protokollanalysen sowie durch teilnehmende Beobachtung einzelner Sitzungen der regionalen Konsensrunden wurden Entscheidungsprozesse und Profile der typischen Verfahrensweisen in den nach Regionstypen und arbeitsmarktlicher Problemsituation ausgewählten Regionen erarbeitet. Ergänzend dazu wurde der Implementationsprozess einzelner Maßnahmen anhand maßnahmebezogener Fallstudien (s.u.) exemplarisch nachgezeichnet.

Im Mittelpunkt des Projekts stand die maßnahmebezogene Evaluierung. Sie baute auf Daten auf, die im administrativen Verfahren gewonnen und u.a. in der Arbeitsmarktpolitischen Datenbank der Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung (G.I.B.) in Bottrop gespeichert werden. Aus diesem Datensatz wurde eine Stichprobe von Förderfällen gezogen, die durch Erhebungen bei Trägern sowie Befragung der TeilnehmerInnen eingehend untersucht wurden. Die teilnehmerbezogenen Befragungen sollten Aufschluss geben über die Erwartungen an die laufende Maßnahme, über den Verbleib nach Maßnahmeende sowie die soziale Situation und psychische Befindlichkeit der TeilnehmerInnen. Im Rahmen der Trägerbefragungen wurden die Erfahrungen der Träger mit den zu evaluierenden Programmen sowie deren Einschätzungen zu den Strukturen und Verfahrensweisen der Arbeitsmarktpolitik untersucht.

Zu den rund 200 Maßnahmen der realisierten Stichprobe wurden im Rahmen standardisierter, schriftlicher Befragungen maßnahme-, teilnehmer- und trägerbezogene Daten erhoben. Um diese qualitativ zu ergänzen und zu fundieren, wurden zu 10 ausgewählten Maßnahmen intensive Gespräche mit 10 Trägern und 20 TeilnehmerInnen dieser Maßnahmen durchgeführt. Die systematische vergleichende Interpretation dieser Ergebnisse und die Analyse von Zusammenhängen u.a. mittels multivariater statistischer Verfahren stand im Zentrum der Arbeiten im letzten Jahr der Evaluierung. Darüber hinaus wurde eine weitere schriftliche Erhebung bei den TeilnehmerInnen durchgeführt, um ihre Arbeitsmarktsituation in einem zeitlich längerem Abstand zu der abgeschlossenen Maßnahme zu erfassen.

Ergebnisse

Die Entwicklung auf dem Arbeitsmarkt in NRW während der untersuchten Förderperiode ist vor dem Hintergrund eines Anstiegs des Erwerbspersonenpotenzials zu sehen, der schon vor Beginn dieser Förderperiode einsetzte. Wie schon im Aufschwung Ende der achtziger bis Anfang der neunziger Jahre hat jedoch die Arbeitslosigkeit weniger abgenommen als die Beschäftigung zugenommen hat. Zudem hat sich seit 1994 der Anteil der Langzeitarbeitslosen an allen Arbeitslosen, der in NRW ohnehin seit langem größer ist als im früheren Bundesgebiet, erhöht. Diese Entwicklung lässt auf eine weiter zunehmende Verfestigung der Arbeitslosigkeit schließen, die eine aktive Arbeitsförderung auch bei günstiger Konjunktur erfordert, um den Trend der Entkoppelung von Beschäftigung und Arbeitslosigkeit umzukehren. Zudem hat die gruppenspezifische Analyse der Arbeitslosigkeit sehr deutlich die Prozesse der Sortierung und Strukturierung am Arbeitsmarkt gezeigt: Auch AusländerInnen und Jugendliche sind vom dauerhaften Ausschluss aus dem Arbeitsmarkt bedroht. Die Zielgruppenorientierung der evaluierten Programme spiegelt somit die gruppenspezifischen Probleme der Arbeitslosigkeit, aber auch den Nachholbedarf bei der Frauenbeschäftigung angemessen wider.

In Rahmen der schriftlichen Befragung äußerten die TeilnehmerInnen eine insgesamt hohe Zufriedenheit mit den untersuchten Maßnahmen. Sie waren für die Mehrheit der Antwortenden erfolgreich im Sinne einer arbeitsmarktlichen Aktivierung: 53 Prozent der TeilnehmerInnen waren unmittelbar nach dem regulären Austritt aus der Maßnahme beschäftigt, haben sich selbständig gemacht, sind in eine weitere Maßnahme übergewechselt oder haben eine Berufsausbildung begonnen. Sechs Monate nach dem Austritt war dieser Anteil auf 56 Prozent angestiegen. Die Umschulungsmaßnahmen waren insgesamt am erfolgreichsten, gefolgt von Qualifizierung und Beschäftigung. Der Aktivierungserfolg von Fortbildungsmaßnahmen fiel im Vergleich dazu ab, und die hohe Austritts- und geringe Erfolgsquote von schulischen Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen gibt Anlass zur Besorgnis. Betrachtet nach Zielgruppen, hatten Berufsrückkehrerinnen die höchsten Erfolgsquoten, Langzeitarbeitslose die niedrigsten, Männer die zweitniedrigsten. Signifikante Auswirkungen auf den Maßnahmeerfolg wiesen im Rahmen der multivariaten Analysen vor allem die Merkmale der Maßnahmen sowie die unterschiedlichen Wege der Teilnehmergewinnung auf.

Wie die regionalen Fallstudien gezeigt haben, hat im Vergleich zur vorangegangenen Förderperiode der Regionalisierungsprozess der NRW-Arbeitsmarktpolitik einen deutlich höheren Reifegrad erreicht: Die Konsensbildungsverfahren sind eingespielt, die Akteurskonstellationen gefestigt, und die Regionalsekretariate üben ihre Koordinationsfunktion wirksam aus. Sowohl auf der prozeduralen Ebene als auch hinsichtlich der Gewichtung von Zielgruppen wurden die regionalen Handlungsspielräume genutzt. Die Schaffung von Spielräumen für die Entfaltung der endogenen Potenziale der Regionen führte jedoch nicht automatisch zu Innovationen in der Arbeitsmarktpolitik.

 

Publikationen zum Projekt

Büttner, Renate / Beer, Doris (Mitarb.), 2003: Praxis und Perspektiven einer zielgruppenorientierten Arbeitsmarktpolitik - illustriert und entwickelt anhand von Förderbeispielen aus den Ziel-3-Programmen des Landes Nordrhein-Westfalen. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Graue Reihe des Instituts Arbeit und Technik Nr. 01/2003 | Lesen

Büttner, Renate / Muth, Josef / Mühge, Gernot (Bearb.) / Müller, Angelika (Bearb.) / Worthmann, Georg (Bearb.), 2000: Begleitende Evaluierung der ESF-Interventionen im Rahmen des Operationellen Ziel-3-Programms der Phase 1994-1999 in Nordrhein-Westfalen: 2. Zwischenbericht. Gelsenkirchen: Inst. Arbeit und Technik. Graue Reihe des Instituts Arbeit und Technik Nr. 08/2000 | Lesen

Büttner, Renate / Knuth, Matthias, 1999: Die Regionalisierung der Arbeitsmarktpolitik in Nordrhein-Westfalen. In: Alfons Schmid und Silvia Krömmelbein: Region und Arbeitsmarktpolitik, S. 64–87

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.07.1997 - 31.01.2001

Forschungsabteilung

Leitung:
Prof. Dr. Matthias Knuth

Bearbeitung:
Renate Büttner, Josef Muth