Informationen zum Forschungsprojekt
Einfacharbeit und Beschäftigungsentwicklung gering Qualifizierter
Ziel und Aufgabenstellung
Die Beschäftigungschancen von Personen ohne abgeschlossene Berufsausbildung gelten als eher ungünstig, ihre Arbeitslosenquote ist deutlich höher als bei Personen mit einer abgeschlossenen Berufsausbildung oder einem akademischen Abschluss. Wie sich diese Situation in Zukunft entwickelt, ist von einer Reihe von Faktoren abhängig; als besonders wichtig wird dabei allgemein der technologische Wandel (These des ‚skill-biased technological change‘) und in jüngere Zeit der Einfluss der Digitalisierung eingeschätzt.
Vor allem im Bereich einfacher Tätigkeiten sieht ein Teil der Studien dabei ein hohes Substituierbarkeitspotenzial. Nach Berufsbereichen differenzierte Studien zeigen allerdings, dass es hier deutliche Unterschiede gibt. So werden etwa im Baubereich oder der Pflege eher geringe Substituierbarkeitsmöglichkeiten für einfache Tätigkeiten gesehen (Dengler/Matthes 2021). Auch empirische Studien zeigen für einfache Tätigkeiten einen Zuwachs an Beschäftigung u.a. im Bereich Bau und Pflege (Seibert et al. 2021).
Einige Studien deuten zudem eher auf eine Polarisierung der Beschäftigungsstruktur mit einem Wachstum bei einfachen und hochqualifizierten Tätigkeiten und Beschäftigungsverlusten im mittleren Qualifikationssegment hin (Antonczyk et al. 2018). Vor diesem Hintergrund untersuchen wir die Frage, wie sich die unterschiedliche Entwicklung von Anforderungsprofilen in einzelnen Berufen auf die Beschäftigungschancen von gering Qualifizierten auswirkt. Selbst wenn einfache Tätigkeiten innerhalb eines Berufes zunehmen, bedeutet dies nicht automatisch, dass davon auch gering Qualifizierte profitieren. Wenn Beschäftigungsmöglichkeiten im mittleren Qualifikationssegment wegfallen, könnte es zu einer Verdrängung gering Qualifizierter durch berufsfachlich qualifizierte Beschäftigte kommen. Zugleich hat der demographische Wandel in der Vergangenheit zu einem Fachkräftemangel in zahlreichen Berufen auch im mittleren Qualifikationssegment geführt; dies könnte den Effekten einer Polarisierung auf die Angebotsstruktur im Bereich einfacher Tätigkeiten entgegenwirken. Zugleich ist mit dem hohen Zuzug Geflüchteter ab 2014 auch ein deutlicher Anstieg des Arbeitsangebots insgesamt zu verzeichnen, das auch und gerade im Bereich von Tätigkeiten mit geringen formalen Qualifikationsanforderungen das strukturelle Überangebot verstärkt. Insgesamt wirken damit eine Reihe sehr unterschiedlicher Trends zusammen auf Beschäftigungschancen gering Qualifizierter. Die Kurzstudie sucht die kumulierten Effekte dieser verschiedenen Trends über die vergangenen Jahre näher zu beschreiben.
Vorgehen
Datengrundlage der Studie ist die Stichprobe der Integrierten Arbeitsmarktbiografien (SIAB) des IAB. Auf dieser Grundlage soll die Beschäftigungsentwicklung gering Qualifizierter nach Berufen vor allem in den letzten zehn Jahren untersucht werden.
Für die häufigsten von gering Qualifizierten ausgeübten Berufe sollen Wachstumsprofile aufgezeigt werden, indem die Beschäftigungsentwicklung nach Anforderungsniveau und nach der beruflichen Qualifikation kombiniert ausgewertet werden. Ziel ist es Wachstumsberufe für die Beschäftigung gering Qualifizierter zu identifizieren. Die Beschäftigung in einzelnen Berufen soll nach Personenmerkmalen wie Geschlecht, Alter oder Nationalität differenziert werden.
Neben einer deskriptiven Auswertung für einzelne Stichtage sollen auch berufliche Übergänge untersucht werden. Hierbei geht es um die Frage, wer bei der Besetzung einfacher Stellen in verschiedenen Berufsfeldern eingestellt wird. Neben der Qualifikation ist hier von Interesse, in welchem Berufsfeld und auf welchem Anforderungsniveau die Person vor Beginn einer neuen Beschäftigung tätig war bzw. ob Stellen auch mit zuvor Arbeitslosen besetzt werden.
Um die Auswertungen in einen größeren Kontext einbetten zu können werden auch Auswertungen mit dem SOEP vorgenommen, um die Entwicklung der Qualifikationsstruktur innerhalb der gesamten Bevölkerung abschätzen zu können.