Informationen zum Forschungsprojekt
In frauendominierten Berufen wird in der Regel deutlich schlechter verdient als in männerdominierten Berufen. Inwieweit sich dahinter Diskriminierungen in der Arbeitsbewertung aufgrund des Geschlechts verbergen, untersuchte das Forschungsprojekt Comparable Worth. Im Projekt wurde erstmals statistisch ermittelt, inwieweit derzeit auf dem deutschen Arbeitsmarkt ungleiches Entgelt für gleichwertige Arbeit (work of comparable worth) gezahlt wird und inwiefern insbesondere für Frauen dadurch Einkommensnachteile entstehen. Rein rechtlich muss nicht nur für die gleiche Arbeit, sondern auch für gleichwertige Arbeit in deutschen Betrieben bzw. im Geltungsbereich eines Tarifvertrags ein gleiches Entgelt gezahlt werden.
Die Forschungsfragen ergaben sich vor dem theoretischen Hintergrund des „Comparable-Worth“-Ansatzes, der insbesondere inspiriert von der Geschlechtersoziologie von einer systematischen Unterbewertung weiblicher Erwerbsarbeit durch vergeschlechtlichte und diskriminierende Arbeitsbewertungen ausgeht. Zuvor war dieser Ansatz nicht umfassend statistisch überprüft worden. Empirisch wurden Unterbewertungen weiblicher Erwerbsarbeit bisher nur in Einzelfällen nachgewiesen. Ungeklärt war, inwiefern und in welchem Umfang sie für den gesamten Gender Pay Gap relevant sind. Diese Forschungslücke versuchte das Projekt zu schließen.
Zwei aufeinander aufbauende Projektbausteine wurden bearbeitet.
Im Rahmen des ersten Bausteins wurde anhand der BIBB/BAuA-Erwerbstätigenbefragung ein „Comparable Worth Index“ erstellt, der es ermöglicht, aus arbeitswissenschaftlicher Sicht und nach rechtlichen Standards gleichwertige Tätigkeiten zu identifizieren. Zur Erstellung des Index wurden verschiedene Tätigkeitsaspekte berücksichtigt, wie z.B. psycho-soziale Anforderungen oder auch Anforderungen an das Wissen und Können. Der Index wurde abschließend sowohl durch quantitative als auch qualitative Methoden validiert.
Aufbauend auf den Ergebnissen des ersten Projektbausteins sah der zweite Baustein weiterführende multivariate Analysen anhand der Verdienststrukturerhebung vor. Zu diesem Zweck wurde der erstellte „Comparable Worth Index“ den Daten der Verdienststrukturerhebung zugespielt. U.a. wurde ein „Comparable Worth Gap“ berechnet, der beziffert, inwieweit die Verdienste von Frauen und Männern abweichen, die aus arbeitswissenschaftlicher Sicht gleichwertige Tätigkeiten ausüben.
Ziel des Projektes war es, einen Beitrag zur Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps zu leisten und insbesondere den Anteil der Arbeitsbewertung an den Entgeltunterschieden zu erforschen.
Die Projektergebnisse bestätigen die Devaluationshypothese. Insgesamt konnte unter Kontrolle der Arbeitsanforderungen und persönlicher Merkmale ein Gender Pay Gap von rund 10% ermittelt werden. Dabei steigt die Lücke zwischen Männer- und Frauenlöhnen mit zunehmender Arbeitsschwere (zunehmender CW-Wert) weiter an. Tarifverträge vermögen diese Differenz zwischen Frauen- und Männerlöhnen bei vergleichbaren Arbeitsanforderungen zwar abzuschwächen, aber nicht aufzuheben
Publikationen zum Projekt
Klammer, Ute / Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah, 2018: „Comparable worth“. Arbeitsbewertungen als blinder Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps? Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Forschung 2018-04 | DOI-Link| Info | Lesen
Klammer, Ute / Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah, 2018: „Comparable worth“. Arbeitsbewertungen als blinder Fleck in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps? Düsseldorf: Hans-Böckler-Stiftung. Study der Hans-Böckler-Stiftung 14 | Lesen
Klenner, Christina / Lillemeier, Sarah, 2017: Was haben Tarifverträge mit dem Gender Pay Gap zu tun? Europarechtliche Anforderungen an eine geschlechtsneutrale Arbeitsbewertung. In: Thorsten Schulten, Heiner Dribbusch, Gerhard Bäcker und Christina Klenner: Tarifpolitik als Gesellschaftspolitik. Strategische Herausforderungen im 21. Jahrhundert. Beiträge zu Ehren von Reinhard Bispinck, S. 120–129
Lillemeier, Sarah, 2016: Der "Comparable Worth"–Index als Instrument zur Analyse des Gender Pay Gap. Arbeitsanforderungen und Belastungen in Frauen- und Männerberufen. Düsseldorf: WSI. Working Paper Nr. 205 | Lesen
Vorträge zum Projekt
Prof. Dr. Ute Klammer: „Comparable Worth“: Job evaluation as a blind spot in the analysis of the gender pay gap? How can we overcome the gender time and pay gap for a gender-equal society? Japanese-German Center Berlin, German Institute of Japanese Studies, Friedrich Ebert Foundation. Tokyo, 07.11.2018
Prof. Dr. Ute Klammer: Begrüßung und Moderation. Abschlusstagung des Kooperationsprojektes „Comparable Worth“. In Kooperation mit: Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliches Institut (WSI) der Hans-Böckler-Stiftung, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 16.03.2018
Prof. Dr. Ute Klammer, Sarah Lillemeier: „Comparable Worth“: Blinde Flecken in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps. Forschungsforum Gender. Campus Essen R12 V05 D81, Essener Kolleg für Geschlechterforschung, 02.11.2017
Sarah Lillemeier: Comparable Worth: Blinde Flecken in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps. 14. efas-Jahrestagung: „Blickwechsel III – Geschlechteraspekte in der wirtschaftswissenschaftlichen Lehre und Forschung“. Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW) Berlin, efas , 02.12.2016
Sarah Lillemeier: Frauenarbeit, Männerarbeit - Entgeltgleichheit? Juristische Fachtagung Entgeltgleichheit. Berlin, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, WSI der Hans-Böckler-Stiftung, Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, 13.10.2016
Prof. Dr. Ute Klammer: Einführung. Entgeltgleichheit auf dem Prüfstand. Perspektiven auf den Gender Pay Gap . In Kooperation mit: WSI der Hans-Böckler-Stiftung, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 08.04.2016
Sarah Lillemeier: Blinde Flecken in der Ursachenanalyse des Gender Pay Gaps. Entgeltgleichheit auf dem Prüfstand. Perspektiven auf den Gender Pay Gap . In Kooperation mit: WSI der Hans-Böckler-Stiftung, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 08.04.2016 Vortragsfolien