Informationen zum Forschungsprojekt
Erwerbstätigkeit trotz Rente? Beschäftigte, Betriebe und Alterssicherung
Ziel und Aufgabenstellung
In der chronologischen Betrachtung moderner Lebensläufe galt lange deren Dreiteilung in eine Vorbereitungs-, Erwerbs- und Nacherwerbsphase als Standard. Diese Abfolge wird in den letzten Jahren jedoch zunehmend von Untersuchungen und Befunden infrage gestellt, die eine Auflockerung oder gar Auflösung der bislang als institutionalisiert geltenden Statuspassagen nahelegen. Mehrfach belegt ist mittlerweile die zunehmende Vielfalt von Verhaltensmöglichkeiten und -mustern im Übergang von Bildung zur Erwerbsarbeit; auch die Ausdifferenzierung der Übergangsszenarien von Erwerbstätigkeit in den Ruhestand ist bzw. wird vergleichsweise gut beforscht. An der Schnittstelle zu diesen Übergangsfragen gewinnt jedoch seit einigen Jahren ein Phänomen an Bedeutung, das wissenschaftlich weitestgehend unbekannt ist: Beobachtet werden kann, dass in Deutschland wie auch in anderen europäischen Ländern immer mehr RentneInnen arbeiten. Damit löst sich die starre Trennung von Erwerbsphase und erwerbsfreiem Ruhestand langsam auf und parallel zu einer eigentlich durch Leistungen der Alterssicherungssysteme materiell abgesicherten Lebenssituation bildet sich eine neue Form der Erwerbstätigkeit heraus.
Ziel des Projekts ist es, das Phänomen einer Beibehaltung oder Aufnahme von Erwerbstätigkeit bei gleichzeitigem Bezug einer Altersrente (Vollrente) zu erfassen und in seinen Ausprägungen, Ursprüngen und Wirkungszusammenhängen sichtbar zu machen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sind insbesondere perspektivisch von Bedeutung: Sie verweisen nicht nur auf einen „neuen” Problemkreis der Arbeitsgesellschaft und/oder neuen Fragen nach der sozialen Integration in der nachberuflichen Lebensphase, sondern eröffnen auch die Chance, zukünftige Entwicklung zu begleiten und zu prägen. Die Gestaltungserfordernisse sind nicht zu unterschätzen, da – soweit sich die bisherigen Trends auch zukünftig fortsetzen – von einer wachsenden Verbreitung der Erwerbstätigkeit trotz Rentenbezug ausgegangen werden kann.
Vor diesem Hintergrund soll im Rahmen des Projektes untersucht werden:
- Welche Ausprägungen des Phänomens derzeit zu konstatieren sind,
- Inwieweit die Veränderungen auf dem Arbeitsmarkt und die zu erwartenden Ansprüche aus den Säulen der Alterssicherung die weitere Entwicklung prägen können und werden,
- Welche Motive zur Erwerbstätigkeit trotz Rente auf der individuellen Handlungsebene nachgewiesen werden können, und
- Inwieweit die Beschäftigungspotenziale von Altersrentner aus betrieblicher Perspektive wahrgenommen werden und/oder sich bereits betriebliche Interessen und Einsatzlogiken identifizieren lassen.
Vorgehen
Belastbare Daten, die im Rahmen einer repräsentativen Analyse quantitativ ausgewertet werden können, liegen bislang nur in begrenztem Umfang vor. Sie werden in einem ersten Schritt herangezogen, um das Phänomen sekundäranalytisch zu skizzieren und Entwicklungstrends heraus zu arbeiten. Im weiteren Verlauf der Untersuchung ist methodisch eine Kombination aus qualitativen, leitfadengestützten Interviews mit Betroffenen und Betriebsstudien aus Basis von Interviews mit Personalverantwortlichen, Betriebsräten und Experten bzw. sonstigen Entscheidungsträgern geplant. Im abschließenden Teil des Projektes geht es um die Frage der Einschätzung von Risiken und Chancen der Erwerbstätigkeit trotz Rente und um die Ausarbeitung von Reformoptionen und Modellen einer sozialverträglichen Kombination von Erwerbstätigkeit und Rentenbezug.
Vorträge zum Projekt
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Vom Ruhe- zum Unruhestand? Erwerbstätigkeit im Rentenalter in Deutschland. Wissenschaftliches Seminar Fachabteilung 3/ BAuA. Berlin, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin, 24.09.2015
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Erwerbstätigkeit im Rentenalter - sozialpolitische Probleme und Implikationen. Arbeit jenseits der Rentengrenze - Zwischen "Entpflichtung" und "Unruhestand". Bremen, Herbsttagung der Sektion Alter(n) und Gesellschaft der Deutschen Gesellschaft für Soziologie (DGS), 19.09.2015
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Statistisches Berichtswesen und Statistiken der GRV 2015. Erkner, Deutsche Rentenversicherung Bund, 15.09.2015
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Erwerbstätige Rentner/innen in Deutschland – Strukturen, Motive und Bewertungen der Lebensphase „Alter“. 14. Graduiertenkolloquium des Forschungsnetzwerkes Alterssicherung. Berlin, Deutsche Rentenversicherung Bund, 10.07.2015
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Arbeit . 15 Jahre IG BAU Bundesseniorenvorstand. Steinbach/Taunus, IG BAU Bundesvorstand Seniorenarbeit, 02.06.2015
Dr. Jutta Schmitz-Kießler, Lina Zink: Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Betriebliche Interessen und Einsatzstrategien. DGS-Kongress 2014 "Routinen der Krise - Krise der Routinen" Forum Sozialpolitische Forschung der Sektion "Sozialpolitik" (Leitung Prof. Strünck/Prof. Bode). Universität Trier, Deutsche Gesellschaft für Soziologie, 07.10.2014
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Erwerbstätigkeit im Rentenalter. Hintergründe, bisherige Befunde und Perspektiven. Soziologisches Kolloquium. Duisburg, Raum LF 132, Institut für Soziologie, Universität Duisburg-Essen, 29.01.2014
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Erwerbstätigkeit im Rentenalter – ein Deutsch-Österreichischer Vergleich. Momentum 13: Fortschritt. Österreich, Hallstatt, Momentum e.V.; Verein für kritische Wissenschaft und Politik, 17.10.2013
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Der (Un-)Ruhestand als gewünschte Option? Erwerbstätige RentnerInnen und ihre Motive. Erstes Rhein-Ruhr Promovendensymposium „Arbeit und Soziale Sicherheit“.. In Kooperation mit: WSI der Hans-Böckler-Stiftung, Institut für Soziologie (IfS) der Universität Duisburg‐Essen, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 14.03.2013
Dr. Jutta Schmitz-Kießler: Demografischer Wandel und Rückwirkungen auf den Arbeitsmarkt. Betriebsräteseminar "Demografischer Wandel: Herausforderungen für die betriebliche Interessensvertretung". Wiehl, Arbeit und Leben DGB/VHS NW e.V. / Ver.Di NRW, 20.02.2013