Informationen zum Forschungsprojekt

Evaluation "Familienzentren an Grundschulen"

Ziel und Aufgabenstellung

Die Stadt Gelsenkirchen baut seit dem Schuljahr 2014/15 als erste Kommune in Nordrhein-Westfalen Familienzentren an Grundschulen auf. Im Projekt „Familienzentren an Grundschulen” (FamzGru) wurde zunächst an einer Grundschule ein Familienzentrum aus kommunalen Mitteln eingerichtet; zu Beginn des im Schuljahres 2015/16 kamen, gefördert durch die Wübben Stiftung, zwei weitere „FamzGru” hinzu.

Kinder und ihre Familien benötigen in unterschiedlichen Lebensphasen vielfältige Formen der Unterstützung, die ihrer jeweiligen Lebenslage angemessen sind. Unterschiedliche Präventionsprojekte zielen darauf ab, Probleme dieser Zielgruppe frühzeitig zu erkennen, niederschwellig Hilfen zugänglich zu machen, die Ressourcen des Sozialraums zu nutzen und die Qualität, Effektivität und Effizienz durch eine Kooperation aller potenziell beteiligten Fachkräfte und Institutionen zu verbessern. Im Elementarbereich hat sich in diesem Kontext die Weiterentwicklung von Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren (auch als „Zentren für Kinder und Familien”, „Eltern-Kind-Zentren” usw. bezeichnet) bewährt. Mit dem Ziel einer angemessenen Unterstützung von Kindern und deren Familien im Sozialraum kooperieren diese Zentren mit Partnern bspw. aus der Familienberatung und -bildung sowie dem Gesundheitsbereich und machen dazu eigene Angebote. Sie übernehmen häufig auch eine Lotsenfunktion, indem sie bei Bedarf Familien an eine für sie passende Stelle weiterleiten.

In Nordrhein-Westfalen werden seit 2006 Kindertageseinrichtungen zu Familienzentren weiterentwickelt. Die Erfahrungen zeigen, dass es auf diese Weise gelingt, Zielgruppen mit Beratungs- und Bildungsangeboten zu erreichen, die von sich aus nicht so leicht den Weg zu einer Beratungsstelle oder Bildungsstätte suchen würden. Die einzelnen Familienzentren entwickeln auf der Grundlage eines vom Land Nordrhein-Westfalen vorgegebenen Gütesiegels ein ihrem Sozialraum angemessenes Angebot. Ähnlich wie die Kindertageseinrichtungen erreichen auch Grundschulen auf breiter Basis die Familien mit Kindern der entsprechenden Altersgruppe. Daher sind auch sie als niederschwelliger Ansprechpartner für familienunterstützende Dienstleistungen prädestiniert. Vor diesem Hintergrund stellt sich die Frage, wie diese Ansätze systematisiert und ausgebaut werden können: Inwieweit, unter welchen Voraussetzungen und mit welchen Modifikationen lässt sich das Konzept „Familienzentrum” auf Grundschulen übertragen? Die von der Wübben Stiftung geförderte Initiative „FamzGru” der Stadt Gelsenkirchen war somit von hohem fachpolitischen und wissenschaftlichen Interesse und bot die Möglichkeit, Erkenntnisse über Effekte, Erfolgsbedingungen und Qualitätskriterien in Bezug auf Familienzentren an Grundschulen zu generieren.

Vorgehen

Die Evaluation orientierte sich an den Zielen der Stadt Gelsenkirchen: Bei dem Aufbau von Familienzentren an Grundschulen als Element der Präventionskette ging es darum, die Bildungschancen von Schulkindern zu verbessern und herkunftsbedingte Benachteiligungen abzubauen. Um dieses Ziel zu erreichen, sollten die Eltern in ihrer Kompetenz zur Begleitung der Bildungsbiografie ihres Kindes und zur aktiven Beteiligung am Schulleben gestärkt werden. Familienzentren an Grundschulen sollten daher Bildungs-, Erziehungs- und Erfahrungsorte im Sozialraum sein und Selbsthilfepotenziale und soziale Netzwerke aktivieren und unterstützen.

Das Evaluationskonzept beinhaltete einem Mix von quantitativen und qualitativen Methoden. In die Befragungen einbezogen wurden zum einen die Eltern, zum anderen die beteiligten pädagogischen Kräfte – die Projektleitung und die pädagogischen Fachkräfte von FamzGru, die Schulleitungen, Lehrerinnen und Lehrer, Mitarbeiter/innen des Offenen Ganztags und Kooperationspartner/innen. Die Eltern wurden in zwei Befragungswellen (Schuljahr 2015/16 und 2017/18) in Form einer Vollerhebung mit Hilfe eines standardisierten Fragebogens befragt, die Fachkräfte in Form von Interviews und Gruppendiskussionen. Im Studienjahr 2016/17 gab es darüber hinaus eine Lehrveranstaltung zum Thema „Integrierte Dienstleistungen für Kinder und Familien”, in der das Thema zum einen wissenschaftlich aufbereitet wurde und zum anderen studentische Erheber/innen ergänzende Interviews mit Eltern, Lehrer/innen und Mitarbeiter/inne/n des Offenen Ganztags durchführten. Die zentralen Ergebnisse aller Erhebungen wurden übergreifend ausgewertet und in einem Abschlussbericht zusammengefasst.

Die Stadt Gelsenkirchen hat inzwischen weitere Familienzentren an Grundschulen eingerichtet; die Wübben Stiftung arbeitet mit einer Gruppe von Kommunen am Transfer des Konzeptes; das Land Nordrhein-Westfalen will Möglichkeiten der Förderung für Familienzentren an Grundschulen installieren. Die Ergebnisse der Evaluation zeigten, dass Eltern gut über niederschwellige Angebote erreicht werden können und dass die Planung und Implementierung eines Familienzentrums an Grundschulen eine anspruchsvolle Aufgabe der Organisationsentwicklung darstellt: Es bedarf der Förderung multiprofessioneller Zusammenarbeit, der Verknüpfung mit Ganztagsangebot und Schulsozialarbeit und der Einbindung in die Schulentwicklung.

Das Projekt wurde in Zusammenarbeit der Forschungsabteilung „Bildung und Erziehung im Strukturwandel” mit der Konkret Consult Ruhr GmbH (KCR), Gelsenkirchen, durchgeführt.

Publikationen zum Projekt

Born, Andreas / Klaudy, Elke Katharina / Micheel, Brigitte / Risse, Thomas / Stöbe-Blossey, Sybille (Hrsg.): , 2019: Familienzentren an Grundschulen. Abschlussbericht zur Evaluation in Gelsenkirchen. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Forschung 2019-04 | DOI-Link | Lesen

Stöbe-Blossey, Sybille, 2015: Familienzentren in Nordrhein-Westfalen. Aktuelle Entwicklungen. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2015-01 | DOI-Link| Info | Lesen

Stöbe-Blossey, Sybille, 2011: Familienzentren in Nordrhein-Westfalen: eine Zwischenbilanz. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation. IAQ-Report 2011-06 | DOI-Link| Info | Lesen

Stöbe-Blossey, Sybille , 2010: Familienzentren in Nordrhein-Westfalen: neue Wege in der Erbringung und Steuerung sozialer Dienstleistungen. In: Sozialer Fortschritt 59 (4), S. 113-118

Vorträge zum Projekt

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Evaluation "Familienzentren an Grundschulen" – Ergebnisse aus der 2. Phase der Evaluation (2017). Fachveranstaltung Familienzentren, Stadt Gelsenkirchen, 10.01.2018  Vortragsfolien

Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Familienzentren an Grundschulen – Konzepte und erste Erfahrungen. Fachveranstaltung Familienzentren. Gelsenkirchen, Stadt Gelsenkirchen, 03.05.2017  Vortragsfolien

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.12.2015 - 31.07.2018

Forschungsabteilung
Bildung, Entwicklung, Soziale Teilhabe

Leitung:
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey, Thomas Risse (KCR)

Bearbeitung:
E. Katharina Klaudy, Thomas Risse (KCR)

Finanzierung:
Stadt Gelsenkirchen, Wübben Stiftung