Informationen zum Forschungsprojekt
Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund
Ziel und Aufgabenstellung
Personen ohne deutsche Staatsangehörigkeit sind von Arbeitslosigkeit und insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit überproportional betroffen. Sie stellen fast ein Viertel der Leistungen nach dem SGB II Beziehenden. In einer erweiterten Betrachtung des Migrationshintergrundes, die u. a. (Spät-)Aussiedler und Eingebürgerte als die größten Gruppen von Deutschen mit Migrationshintergrund einschließt, ist dieser Anteil zweifellos noch erheblich höher. Da jedoch die Geschäftsstatistik der Arbeitsverwaltung bisher nur die Staatsangehörigkeit und - für begrenzte Zeit - die Aussiedlereigenschaft erfasst, war der genaue Anteil von Personen mit Migrationshintergrund unter den Leistungen nach dem SGB II Beziehenden bisher nicht bekannt.
Schon aufgrund des Merkmals der Staatsbürgerschaft musste davon ausgegangen werden, dass die Bemühungen der Träger der Grundsicherung um Aktivierung und Arbeitsmarktintegration des Teils der Leistungen Beziehenden, die als "erwerbsfähige Hilfebedürftige" bezeichnet werden, ganz wesentlich von der sozialen und kulturellen Realität der Zuwanderung geprägt sind. Dieser Umstand hat bisher in den Reformdebatten und -konzepten - exemplarisch hierfür: der Bericht der "Hartz-Kommission" - keinen entsprechenden Niederschlag gefunden. Deshalb hatte das Bundesministerium für Arbeit und Soziales ein Konsortium unter der Führung des IAQ beauftragt, im Rahmen der Wirkungsforschung nach § 55 SGB II die Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund zu untersuchen.
Im Einzelnen ging es hierbei um folgende Fragestellungen:
- Waren Personen und Bedarfsgemeinschaften mit Migrationshintergrund von der Reform des Leistungssystems, die mit der Einführung des SGB II zum Jahreswechsel 2004/2005 verbunden war, in anderer Weise betroffen als Deutsche ohne Migrationshintergrund?
- Wie verändert sich die Struktur der erwerbsfähigen Hilfebedürftigen und ihrer Bedarfsgemeinschaften im Zeitverlauf?
- Wie gehen die Träger der Grundsicherung mit Personen und Bedarfsgemeinschaften mit Migrationshintergrund um? Gibt es Unterschiede im Vergleich zu Deutschen ohne Migrationshintergrund hinsichtlich der Kontaktdichte, der Förderung, der Arbeitsangebote, des Einsatzes von Sanktionen usw.? Stellen sich die Grundsicherungsträger hinsichtlich ihrer Strategie, ihrer Netzwerke und ihres Förderangebots auf die soziale Realität der Migration ein?
- Wie sind die Ergebnisse der "Dienstleistungen am Arbeitsmarkt" für Personen mit Migrationshintergrund im Vergleich zu bewerten? Ist die Entwicklung von Beschäftigungsfähigkeit, Sozialer Stabilisierung und Erwerbsintegration unter Kontrolle sozio-demographischer Merkmale bei erwerbsfähigen Hilfebedürftigen mit Migrationshintergrund günstiger oder ungünstiger als bei Deutschen ohne Migrationshintergrund?
- Wie stellt sich die geschlechtsspezifische Betroffenheit dar? Wie verträgt sich der Anspruch des SGB II, dass alle erwerbsfähigen Mitglieder einer Bedarfsgemeinschaft durch Einsatz ihrer Arbeitskraft zur Verringerung von Hilfebedürftigkeit beizutragen haben, mit der traditionellen familialen Rollenverteilung bei einigen Herkunftsgruppen?
Datenbasis und Vorgehensweise
Die Untersuchung stützt sich auf folgende Grundlagen:
- Literaturanalyse unter dem Gesichtspunkt von Bedürftigkeit, Erwerbsintegrationund arbeitsmarktpolitischer Förderung von Migrantinnen und Migranten(ZfT)
- Fallstudien von Bedarfsgemeinschaften mit Migrationshintergrund (ZfT)
- Sekundäranalyse der IAB-Querschnittsbefragung "Lebenssituationund soziale Sicherung", insbesondere unter dem Gesichtspunkt der Betroffenheitvon der Einführung des SGB II (Team Dr. Kaltenborn)
- Sekundäranalyse der 1. und möglichst der 2. Welle des IAB-Haushaltspanels"PASS", insbesondere unter dem Gesichtspunkt von Strukturen undStrukturveränderungen unter den Leistungen nach dem SGB II Beziehendenmit Migrationshintergrund (Team Dr. Kaltenborn)
- Sekundäranalyse von zwei Wellen einer Kundenbefragung, die im Rahmender Evaluationsforschung zur Experimentierklausel in den Gebieten von 154 Grundsicherungsträgern durchgeführt wird (IAQ, ZEW, Team Dr. Kaltenborn)
- Ergänzungsstichprobe zu dieser Kundenbefragung zwecks Erhöhungder Fallzahlen von Migrantinnen und Migranten aus Südeuropa (IAQ, ZEW,Team Dr. Kaltenborn; Durchführung der Befragung: TNS Emnid)
- Ergänzung einer im Rahmen des Untersuchungsfeldes 1 der Evaluationder Experimentierklausel stattfindenden e-mail-Befragung aller Grundsicherungsträgerum migrationsspezifische Fragen (IAW)
- Fallstudien bei Grundsicherungsträgern (IAQ)
- Rechtswissenschaftliche Beratung (Prof. Dr. Dorothee Frings).
Das Konsortium
Außer dem IAQ als Konsortialführer waren an diesem Projekt als Konsortialpartner beteiligt:
Dr. Bruno Kaltenborn, Wirtschaftsforschung und Politikberatung
Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung, Mannheim
Zentrum für Türkeistudien, Essen
TNS Emnid Medien- und Sozialforschung GmbH, Bielefeld
Institut für Angewandte Wirtschaftsforschung, Tübingen
Prof. Dr. Dorothee Frings, Hochschule Niederrhein, FachbereichSozialwesen
Publikationen zum Projekt
Knuth, Matthias (Hrsg.), 2010: Arbeitsmarktintegration und Integrationspolitik - zur notwendigen Verknüpfung zweier Politikfelder: eine Untersuchung über SGB II-Leistungsbeziehende mit Migrationshintergrund. Baden-Baden: Nomos-Verl.-Ges, ISBN: 978-3-8329-5667-7
Institut Arbeit und Qualifikation / Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung / Univ. Magdeburg / Stiftung Zentrum für Türkeistudien / Team Dr. Kaltenborn / TNS Emnid / Frings, Dorothee, 2009: Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund. Abschlussbericht. Hauptband. Institut Arbeit und Qualifikation / Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung / Univ. Magdeburg / Stiftung Zentrum für Türkeistudien / Team Dr.Kaltenborn / TNS Emnid. Berlin: Bundesministerium für Arbeit und Soziales. BMAS-Forschungsbericht 395 | Lesen
Institut Arbeit und Qualifikation / Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung / Univ. Magdeburg / Stiftung Zentrum für Türkeistudien / Team Dr. Kaltenborn / TNS Emnid / Frings, Dorothee, 2008: Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund. Jahresbericht 2008. Anhang A des Abschlussberichts 2009. Berlin: Bundesministerium für Arbeit und Soziales. Forschungsbericht | Lesen
Vorträge zum Projekt
Prof. Dr. Matthias Knuth: Verschenkte Potenziale: Anerkennung ausländischer Berufsqualifikationen, Erwerbsintegration und Weiterbildungsbedarf. Perspektiven für Weiterbildungsforschung und -politik: Weiterbildung im Kontext von Zuwanderung. Göttingen, Soziologisches Forschungsinstitut, 12.06.2012 Vortragsfolien
Anika Schütz: Übergangsmanagement – von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule. Fortbildungsveranstaltung für frühpädagogische Fachkräfte . Wissenschaftspark Gelsenkirchen, best practice e.V., 18.10.2011
Anika Schütz: Übergänge gemeinsam gestalten - Kindertageseinrichtung und Grundschule arbeiten Hand in Hand. . 1. Vernetzungstreffen der gemeinsamen Arbeitsgruppe. Waltrop, Lutherschule, 08.10.2011
Prof. Dr. Matthias Knuth: Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergruned. Fachbeirat des Jobcenter Kreis Recklinghausen. Recklinghausen, Jobcenter Kreis Recklinghausen, 24.05.2011
Anika Schütz: Übergangsmanagement – von der Kindertageseinrichtung in die Grundschule. Fortbildungsveranstaltung für frühpädagogische Fachkräfte . Wissenschaftspark Gelsenkirchen, best practice e.V, 10.05.2011
Prof. Dr. Matthias Knuth: Verschwendete Potenziale - Nichtanerkennung von ausländischen Abschlüssen unter den SGB II-Leistungsberechtigten. Fachgespräch SGB II. Mettmann, Bundesagentur für Arbeit, Regionaldirektion NRW, 11.01.2011
Prof. Dr. Martin Brussig: Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund. Pro Arbeit 2010: Aktiv statt passiv - welche Chancen haben Arbeitslose?. Stuttgart, Haus der Wirtschaft, Sozialunternehmen NEUE ARBEIT GmbH u.a., 18.11.2010
Vera Dittmar: Verschenkte Potenziale. Erwerbsintegration von ALG II-Bezieher/innen mit Migrationshintergrund. Netzwerktreffen ARGEn und Optionskommunen. Frankfurt, DGB, 22.06.2010
Vera Dittmar: Die Bedeutung von sozialen Dienstleistungsorganisationen für die Integration von Menschen mit Migrationshintergrund. Colloquium Migrationsforschung. Berlin, Friedrich-Ebert-Stiftung, 19.06.2010
Prof. Dr. Matthias Knuth: Förderung der Anerkennung ausländischer und des Erwerbs deutscher Abschlüsse als Herausforderung für die Arbeitsmarktpolitik. Kompetent anerkennen! Bundesweite Fachtagung zur Anerkennung im Ausland erworbener Bildungsabschlüsse. Berlin, Bundesarbeitsgemeinschaft Evangelische Jugendsozialarbeit, 09.06.2010
Prof. Dr. Matthias Knuth: Potenziale, Vermittlungshemmnisse und Förderbedarfe bei Personen mit Migrationshintergrund. "Bildung und Arbeit - Weg und Ziel erfolgreicher Integration". Bundeskonferenz 2010 der Integrationsbeauftragten von Bund, Ländern und Kommunen. Oldenburg, Beauftragte der Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration, 26.04.2010
Prof. Dr. Martin Brussig: Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund. Berlin, IQ-Netzwerk, Facharbeitskreis Beratung, 16.04.2010
Prof. Dr. Martin Brussig: Wirkungen des SGB II auf Personen mit Migrationshintergrund. Thematisches Netzwerk "Bleibeberechtigte und Flüchtlinge". Berlin, Bundesministerium für Arbeit und Soziales, 04.03.2010
Prof. Dr. Matthias Knuth: Wie passen Arbeitsmarktpolitik und Integrationspolitik zusammen? Wie passen Arbeitsmarktpolitik und Integrationspolitik zusammen?. Duisburg, DGB-Haus , IG Metall Duisburg-Dinslaken in Kooperation mit der DGB Region Niederrhein, 29.09.2009