Informationen zum Forschungsprojekt
Bewältigung der Inflationskrise durch sozialen Dialog (Managing the inflation crisis through social dialogue)
Hintergrund und Zielsetzung
Nach zwei Jahrzehnten niedriger Inflation und moderater Lohnentwicklung ist Europa mit einem beispiellosen Anstieg der Lebenshaltungskosten und der Gefahr einer Stagflation konfrontiert. Der Inflationsschock untergräbt die Kaufkraft der Erwerbstätigen, insbesondere derjenigen, die am unteren Ende der Lohnskala stehen. Akteure auf nationaler und EU-Ebene haben die Regierungen und Sozialpartner aufgefordert, die aktuelle Inflationskrise durch eine ausgehandelte Einkommenspolitik und Tarifverhandlungen zu bekämpfen.
Mit dem MAINSOC-Projekt werden zwei Ziele verfolgt. Erstens sollen die Auswirkungen der Inflationskrise auf die Reallohndynamik und die Lohnunterschiede zwischen den einzelnen Branchen und Gruppen von Erwerbstätigen analysiert werden, mit besonderem Augenmerk auf die asymmetrischen Auswirkungen auf die Beschäftigten am unteren Ende der Lohnskala . Zweitens soll die Rolle der Politik, der Sozialpartner und der Institutionen der Arbeitsbeziehungen bei der Bewältigung der Inflationskrise und der Gewährleistung eines integrativen Wachstums in sechs EU-Ländern (DE, DK, ES, IT, HU, PL) analysiert werden.
Vorgehensweise
Die empirische Untersuchung besteht aus drei Arbeitspaketen:
- Erstens wird das Projekt auf der Grundlage quantitativer Daten die Auswirkungen der Inflation auf die Reallohndynamik und -verteilung sowie die Rolle der Institutionen der Arbeitsbeziehungen bei der Erklärung der länderspezifischen Unterschiede untersuchen. Im Einzelnen wird das Arbeitspaket die Reallohnentwicklung in der EU vor, während und nach dem Inflationsschock analysieren. Es wird zudem die Auswirkungen der Inflationskrise auf die Lohnverteilung untersuchen, wobei der Schwerpunkt auf Lohnungleichheiten, aber auch auf sektoralen Unterschieden in der EU liegen wird. Schließlich werden diese Ergebnisse im Lichte der institutionellen Unterschiede zwischen den Ländern des gemeinsamen Währungsraums analysiert.
- Zweitens wird das Projekt die Reaktionen der Einkommenspolitik auf die Inflationskrise untersuchen. Ausgehend von einer weit gefassten Definition der Einkommenspolitik wird dieses Arbeitspaket die von der Politik ergriffenen Maßnahmen zur Bekämpfung des Inflationsanstiegs untersuchen, wobei zwei Schlüsselinstrumenten besondere Aufmerksamkeit gilt: den Löhnen im öffentlichen Sektor und dem gesetzlichen Mindestlohn. Dabei gilt es auch die Einbeziehung der Sozialpartner in diese politischen Entscheidungsprozesse und das Vorhandensein von einkommenspolitischen Vereinbarungen oder Pakten zu analysieren.
- Drittens wird das Projekt die Rolle der Tarifverhandlungen bei der Reaktion auf eine hohe Inflation, beim Schutz der von der Lebenshaltungskostenkrise stärker betroffenen Beschäftigten und Branchen und bei der Anpassung an ein neues Szenario mit moderater Inflation analysieren. Die Analyse wird in zwei Branchen durchgeführt, die auf der Grundlage der in der quantitativen Analyse gesammelten Daten ausgewählt wurden. Auf Basis einer Auswertung von Dokumenten und Literatur sowie von Expert*innen-Interviews wird in dem Arbeitspaket untersucht, wie Branchen- und Firmentarifverträge auf die Inflation reagiert haben, indem die Prozesse, die zur Aushandlung neuer Lohnabschlüsse führen, und die Art der in Tarifverträgen enthaltenen Lohnklauseln untersucht werden. Außerdem wird untersucht, wie sich die Tarifverhandlungen an ein neues Szenario mit moderater Inflation anpassen, indem neue Klauseln in die Tarifverträge aufgenommen werden, die Laufzeit dieser Klauseln geändert wird oder andere Formen der Anpassung erfolgen.
Das Projekt zielt auch darauf ab, eine Reihe von politischen Empfehlungen an politische Entscheidungsträger und Sozialpartner zu geben, welche politischen Maßnahmen am wirksamsten sind, um die Verteilungsauswirkungen der Inflation abzumildern.
Projektbeteiligte
Das Projekt wird von Prof. Oscar Molina vom Sociological Research Centre on Everyday Life and Work (QUIT) koordiniert, einer interdisziplinären Forschungseinheit an der Universitat Autònoma de Barcelona (UAB). Das Konsortium umfasst Forschungsteams aus 6 Ländern (Spanien, Italien, Dänemark, Polen, Ungarn und Deutschland). Eine vollständige Liste der Institute und der einzelnen Forscher ist auf der zentralen Website des Projekts zu finden (https://mainsoc.eu ). Das IAQ-Forschungsteam wird von Karen Jaehrling geleitet.