Informationen zum Forschungsprojekt

Evaluation bestehender gesetzlicher Mindestlohnregelungen - Branche: Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft"

Ziel und Aufgabenstellung

Gegenstand des Forschungsprojektes war die Evaluierung der Auswirkungen der Mindestlohnregelungen im Bereich der Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft. Die Mindestlohnregelungen betreffen Betriebe und selbständige Betriebsabteilungen, die gewerbsmäßig überwiegend Textilien für gewerbliche Kunden sowie öffentlich-rechtliche oder kirchliche Einrichtungen waschen, unabhängig davon, ob die Wäsche im Eigentum der Wäscherei oder des Kunden steht. Der Umsatzanteil an gewerblichen Kunden sowie öffentlich-rechtlichen oder kirchlichen Einrichtungen muss größer als 80% sein. Anhand der drei Kategorien „Beschäftigung”, „Schutz der Arbeitnehmer/innen” und „Wettbewerbsfähigkeit” sowie ggf. weiterer Aspekte sollten Erkenntnisse über die Auswirkungen der Mindestlohnregelungen und über dahinter liegende Wirkmechanismen gewonnen werden.
Das Projekt war Teil der Evaluierung der bestehenden branchenbezogenen Mindestlohnregelungen im Auftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales (BMAS).

Vorgehensweise

Bei der Entwicklung des Untersuchungsdesigns der Evaluation der Mindestlohnregelungen im Bereich der Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft mussten sehr gravierende Einschränkungen hinsichtlich der Datenverfügbarkeit berücksichtigt werden. Zum einen traten die Mindestlohnregelungen erst am 24. Oktober 2009 in Kraft. Bis zum Abschluss der Evaluation lagen daher keine Daten vor, die den Zeitraum nach der Einführung der Mindestlohnregelungen abbildeten. Zum anderen ließ sich der Geltungsbereich der Mindestlohnregelungen in vorliegenden Statistiken nicht identifizieren, weil der Anteil der Umsätze im Objektkundengeschäft nicht erfasst wird. Selbst Daten für alle Wäschereien lagen nur bis einschließlich 2008 vor, weil nach der Umstellung der Klassifikation der Wirtschaftszweige (WZ 2008) der Bereich „Wäscherei und Chemische Reinigung” als WZ 96.01.0 zusammen auf 5-Steller-Ebene ohne weitere Differenzierung ausgewiesen wird.

Kausale Wirkungsanalysen waren vor diesem Hintergrund nicht möglich. Um die Wirkungen der Mindestlohnregelungen auf Beschäftigung, Arbeitnehmerschutz und Wettbewerb analysieren zu können, wurden statistische Auswertungen im Rahmen des Möglichen durchgeführt einschlägige Dokumente ausgewertet. Darüber hinaus wurden eine repräsentative bundesweite Betriebsbefragung und vertiefende Fallstudien in zehn ausgewählten Betrieben sowie Expertengespräche mit Vertreter/innen der Sozialpartner und beim Zoll durchgeführt.

Ausgewählte Ergebnisse

In der repräsentativen Betriebsbefragung gaben fast 40% der Wäschereibetriebe an, unter den Geltungsbereich des Mindestlohns zu fallen. Auf diese Unternehmen entfielen etwa 85% aller Beschäftigten der Teilbranche. Mit steigender Betriebsgröße nahm die Wahrscheinlichkeit zu, dass sich ein Betrieb als mindestlohnpflichtig bezeichnete. Die Befragungsergebnisse legen nahe, dass es auch eine Grauzone von „gefühlter Mindestlohnpflicht” gibt bzw. auch den gegenteiligen Fall, dass Betriebe ihren Umsatzanteil im Objektkundengeschäft auf über 80% bezifferten, sich aber nicht an den Mindestlohn gebunden sahen. Diese Grauzone resultiert aus Unsicherheit über die Abgrenzungskriterien, Informationsmängeln und möglicherweise auch aktiver Missachtung der Mindestlohnregelungen und stellt die Kontrollbehörden vor Schwierigkeiten.
Infolge der Mindestlohnregelungen mussten bundesweit in gut einem Drittel der Mindestlohn-Betriebe Löhne erhöht werden, wobei der Anteil in Ostdeutschland mit 67% deutlich höher lag als in Westdeutschland (gut 28%). Im Durchschnitt erfolgte eine Erhöhung der Stundenlöhne um 0,56 €. In knapp einem Drittel der Betriebe mit Lohnerhöhungen wurden auch die Löhne in den höheren Lohngruppen angehoben. In gut jedem fünften Mindestlohn-Betrieb wurden die Löhne von mehr als der Hälfte der Beschäftigten angehoben. Zusammen genommen sprechen die Befragungsergebnisse dafür, dass der „Bite” der Mindestlohnregelungen durchaus beachtlich ist, obwohl die tariflichen Löhne in beiden Tarifverträgen der Branche über den Mindestlöhnen liegen.

Aus der amtlichen Statistik ist bekannt, dass die Beschäftigungin den Wäschereien zwischen 1999 und 2008 insgesamt um knapp 5% zugenommen hat. Nach dem Konjunktureinbruch im Jahr 2005 ist die Beschäftigtenzahl sogar um gut 7% gestiegen. Die Daten reichten aber nur bis 2008, schlossen also die Einführungsphase der Mindestlöhne nicht mehr ein. Zu den Beschäftigungswirkungen der Mindestlöhne standen also nur die Angaben aus der Betriebsbefragung und den Betriebsfallstudien zur Verfügung. In der Betriebsbefragung gaben fast drei Viertel der Betriebe, die nach eigenen Angaben mindestlohnpflichtig waren, an, dass in den letzten eineinhalb Jahren (also seit der Einführung der Mindestlohnregelungen) die Beschäftigung gestiegen oder konstant geblieben war. Auf diese Betriebe mit wachsender oder stabiler Beschäftigung entfielen rund 88% aller Beschäftigten in den Mindestlohn-Betrieben. In gut einem Viertel der Betriebe war die Beschäftigung rückläufig, aber auf diese entfielen nur knapp 12% der Beschäftigten. Inwieweit sich die günstige Beschäftigungsentwicklung auf die gute Konjunkturlage, auf die Restrukturierung der Branche zugunsten größerer Betriebe oder die Einführung der Mindestlöhne zurückführen ließ, konnte nicht beantwortet werden.
Bezogen auf den Arbeitnehmerschutzist zu konstatieren, dass die Einführung der Mindestlöhne zu Lohnanhebungen in vielen Betrieben – insbesondere in Ostdeutschland – geführt hat. Da wiederum vor allem in Ostdeutschland viele Betriebe den Mindestlohn als untersten Stundenlohn zahlten, werden auch die schon vereinbarten Anhebungen der Mindestlöhne zu weiteren Lohnerhöhungen führen. Kürzungen von bezahlten Pausen und Zuschlägen waren Einmaleffekte, die bei künftigen Steigerungen der Mindestlöhne nicht wiederholt werden können. Hinweise auf mögliche Verstöße gegen die Mindestlohnregelungen gab es in der Betriebsbefragung bei 8% der Betriebe, wobei aber offen war, wie viele Beschäftigte dies betraf. Auch in den Zollkontrollen wurden bislang nur wenige Verstöße aufgedeckt. Gravierende Veränderungen der sonstigen Arbeitsbedingungen haben wir mit den angewendeten Erhebungsinstrumenten nicht feststellen können.

Die Wettbewerbswirkungenwurden in der Betriebsbefragung überwiegend als positiv oder neutral beschrieben. Als wichtigste positive Wettbewerbsfaktoren wurden die Herstellung von Wettbewerbsgleichheit und ein verbessertes Image der Branche, das auch die Personalrekrutierung erleichterte, hervorgehoben. Gut ein Viertel der Unternehmen bewertete die Wirkungen der Mindestlohnregelungen als überwiegend negativ. In den Betriebsfallstudien wurden wettbewerbsrelevante Einflussfaktoren überwiegend eher in anderen Feldern als bezogen auf die Mindestlohnregelungen gesehen.
Hinsichtlich der Ausgestaltung der Mindestlohnregelungenhat die Evaluation gezeigt, dass sich für Betriebe und Kontrollbehörden die Definition und Kontrolle der Umsatzgrenze von über 80% Objektkundengeschäft als schwierig erwiesen hat. Dies könnte dafür sprechen, die Abgrenzung zu überdenken, oder zu prüfen, wie diese Abgrenzung für Betriebe und Kontrollbehörden leichter nachvollziehbar definiert werden kann.

Publikationen zum Projekt

Bosch, Gerhard / Weinkopf, Claudia, 2012: Wirkungen der Mindestlohnregelungen in acht Branchen. Expertise im Auftrag der Abteilung Wirtschafts- und Sozialpolitik der Friedrich-Ebert-Stiftung. Bonn: Friedrich-Ebert-Stiftung Abt. Wirtschafts- und Sozialpolitik. Gesprächskreis Arbeit und Qualifizierung, ISBN: 978-3-86498-349-8 | Lesen

Mesaros, Leila / Weinkopf, Claudia, 2012: Wirkungen der Mindestlohnregelungen für Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft. In: Journal for Labour Market Research 45 (3-4), S. 279-302

Bosch, Gerhard / Hieming, Bettina / Mesaros, Leila / Weinkopf, Claudia, 2011: Evaluation bestehender gesetzlicher Mindestlohnregelungen – Branche: Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft. Abschlussbericht. [Forschungsauftrag des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales]. Duisburg: Inst. Arbeit und Qualifikation | Lesen

Vorträge zum Projekt

Prof. Dr. Gerhard Bosch, Dr. Claudia Weinkopf: Minimum wages, collectively negotiated wages and wage inequality. CRIMT International Conference. Montreal, Canada, Interuniversity Research Centre on Globalization and Work (CRIMT), 25.10.2012

Prof. Dr. Gerhard Bosch, Dr. Claudia Weinkopf: Minimum wages, collective agreements and wage inequality. Stream 1: Labour market and working conditions. Pathways to recovery: an agenda for another Europe. 33rd annual conference of the International Working Party on Labour Market Segmentation. Italy, Rome, IWPLMS, 14.09.2012

Prof. Dr. Gerhard Bosch, Dr. Claudia Weinkopf: The impact of industry-specific minimum wages in Germany. Stream 2: Pathways to recovery. Pathways to recovery: an agenda for another Europe. 33rd annual conference of the International Working Party on Labour Market Segmentation. Italy, Rome, IWPLMS, 13.09.2012

Leila Mesaros: Evaluation bestehender gesetzlicher Mindestlohnregelungen - Branche: Wäschereidienstleistungen im Objektkundengeschäft. Evaluation der Mindestlohnregelungen in verschiedenen deutschen Branchen . Mannheim, Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW), 06.03.2012

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
14.12.2010 - 31.08.2011

Forschungsabteilung
Flexibilität und Sicherheit

Leitung:
Prof. Dr. Gerhard Bosch, Dr. Claudia Weinkopf

Bearbeitung:
Bettina Hieming, Leila Mesaros

Finanzierung:
Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS)