Informationen zum Forschungsprojekt
Neue Wege zum (Wieder-) Einstieg: Entwicklung und Erprobung einer systematischen Verknüpfung von arbeits- und jugendhilfebezogenen Dienstleistungen auf lokaler Ebene
Ziel und Aufgabenstellung
Die Förderung von Chancengleichheit von Frauen und Männern auf dem Arbeitsmarkt ist sowohl für die Gesellschaft als auch für die einzelnen Betroffenen ein wichtiges Ziel, das seit langem besteht, aber bislang nur in Ansätzen verwirklicht worden ist. Als besonders schwierig stellt sich die Situation für Frauen dar, die nach einer familienbedingten Phase der Nicht-Erwerbstätigkeit wieder bzw. erstmals in den Arbeitsmarkt einsteigen wollen. Die Frage der Rückkehr bzw. des erstmaligen Einstiegs in den Beruf und des damit verbundenen erhöhten Abstimmungsbedarfs zwischen Arbeits- und Lebenswelt betrifft einen großen Teil der Mütter (in eher geringem Umfang auch Väter), wobei diese Gruppe sehr heterogen ist. So gibt es unter den potenziellen Berufsrückkehrerinnen Frauen ohne Leistungsansprüche, die von keiner Institution betreut und in keiner Statistik erfasst werden, es gibt Frauen mit Leistungsansprüchen (SGB II oder SGB III) und es gibt junge Frauen, die sehr früh Mütter geworden sind und vor diesem Hintergrund über wenig oder gar keine Berufserfahrung und teilweise nichtmals über eine Berufsausbildung verfügen. Auch Mütter mit Zuwanderungsgeschichte, insbesondere wenn sie erst spät nach Deutschland gekommen sind, haben oft noch keine Erfahrungen im Beschäftigungssystem.
Inzwischen gibt es zwar zahlreiche Informations- und Beratungsangebote für potenzielle (Wieder-)Einsteigerinnen, jedoch wird damit nur ein Teil der Zielgruppe erreicht. Viele Frauen, insbesondere in schwierigen Lebenssituationen, kennen weder Informationsangebote noch Ansprechpartner/innen noch mögliche Wege für einen (Wieder-)Einstieg. Des Weiteren ist mit der Frage der Integration in den Arbeitsmarkt gleichzeitig das Problem der Kinderbetreuung zu lösen, so dass potenzielle (Wieder-)Einsteigerinnen letztlich ein komplexes Bündel an Dienstleistungen benötigen.
Dies war der Ausgangspunkt für das Projekt „Neue Wege NRW”. Vor dem Hintergrund des notwendigen Bündels an Dienstleistungen wurde im Rahmen des Projektes eine systematische Kooperation zwischen den Fachkräften aus dem Bereich der arbeitsmarktbezogenen Dienstleistungen, der Jugendhilfe sowie der Kindertageseinrichtungen erprobt. Über Veranstaltungen, die in Familienzentren angeboten werden, sollte es den potenziellen (Wieder-)Einsteiger/innen insgesamt und insbesondere Müttern mit Integrationsproblemen oder prekären Lebenssituationen ermöglicht werden, niedrigschwellige Beratungsangebote in ihrem direkten Umfeld anzunehmen. Der Zugang über Familienzentren wurde deshalb gewählt, da sie vom Konzept her Kristallisationspunkte für leicht zugängliche Angebote im Sozialraum sind. Auftrag der Familienzentren ist es auch, über die Betreuung „ihrer” Kinder hinaus in den Sozialraum zu wirken, so dass sie potenziell auch Ansprechpartner für Familien mit kleinen Kindern sind, die noch keine Tageseinrichtung besuchen.
Vorgehen
Das Projekt wurde in Zusammenarbeit der Forschungsabteilung „Bildung und Erziehung im Strukturwandel” mit „innovaBest – Institut für Innovation & Bildung” durchgeführt. In sechs ausgewählten Modell-Standorten
- wurde zunächst den Aufbau von systematischen und nachhaltigen Kooperationsstrukturen zwischen arbeitsmarkt- und jugendhilfebezogenen Akteuren begleitet,
- damit wurde zur Entwicklung und Umsetzung innovativer Strukturen beigetragen und
- aufbauend auf den gewonnenen Erkenntnissen wurden Instrumente für einen landesweiten Transfer bereitgestellt.
Die beteiligten Kommunen hatten mindestens jeweils drei Familienzentren benannt, die sich an der Erprobung beteiligten. Der Prozess wurde ergebnisoffen gestaltet, jedoch wurden durch die gemeinsame Entwicklung von Veranstaltungskonzepten an den einzelnen Standorten auch weitgehend vergleichbare Angebotsstrukturen durchgeführt.
Folgende Module sind verwirklicht worden:
a) Innovation durch die Integration von Familienzentren
Innovationsziel: Entwicklung und Erprobung neuer Wege zur Ansprache unterschiedlicher Zielgruppen durch die Nutzung der Struktur der Familienzentren
Gemeinsam mit den beteiligten Akteuren wurden Konzepte für arbeitsmarkt- und berufsorientierende Veranstaltungen für (Wieder-)Einsteigerinnen in den Familienzentren erarbeitet. Begleitend wurden Informationsmaterialien entwickelt, deren Schwerpunkt bei der Zusammenstellung von Informationen für die Mitarbeiter/innen in Familienzentren lagen („Lotsenbroschüre”), damit diese über eine Grundlage verfügen, um eine erste Lotsenfunktion auf dem Gebiet der Arbeitsmarkt- und Berufsorientierung wahrnehmen zu können.
b) Innovation durch systematische Kooperationsstrukturen
Innovationsziel: Aufbau systematischer und verbindlicher Kooperationsstrukturen durch die Erarbeitung von praxisorientierten Kooperationsvereinbarungen
Auf der Grundlage einer Bestandsaufnahme über die bisherige Kooperationspraxis wurden Kooperationsvereinbarungen erarbeitet, die die Verknüpfung zwischen Fallmanagement bzw. Arbeitsvermittlung und der Vermittlung von Kindertagesbetreuung im Sinne des Aufbaus integrierter Dienstleistungsketten fördern. Auch die Erfahrungen der Kooperation zwischen Arbeitsmarktakteuren und Familienzentren wurden ausgewertet und sind in Vereinbarungen eingeflossen. Auf diese Weise wurde die Schaffung klarer Strukturen gefördert, die den Fachkräften die Kooperation im Alltag erleichtern.
c) Innovation durch Orientierungswissen für vernetztes Handeln
Innovationsziel: Sensibilisierung und Information von im Bereich der Jugendhilfe und der arbeitsmarktbezogenen Dienstleistungen tätigen Fachkräften durch die Entwicklung und Durchführung von Fortbildungsmodulen
Gemeinsame Fortbildungen für alle Beteiligten wurden mit dem Ziel durchgeführt, die Beteiligten für Kooperation zu sensibilisieren und ihnen das erforderliche Wissen über den jeweils anderen Bereich zu vermitteln. In einem ersten Schritt wurde an jedem Standort eine Basis-Fortbildung („kooperative Fortbildung”) für Fachkräfte aus den unterschiedlichen Bereichen durchgeführt, des Weiteren wurde in allen beteiligten Regionen eine weitere Vertiefungsfortbildung realisiert und ausgewertet.
Publikationen zum Projekt
Köhling, Karola / Mußinghoff, Hilde / Schlotjunker, Andrea / Stöbe-Blossey, Sybille, 2013: Neue Wege zum (Wieder-)Einstieg: Entwicklung und Erprobung einer systematischen Verknüpfung von arbeitsmarkt- und jugendhilfebezogenen Dienstleistungen auf lokaler Ebene. Transfer-Handbuch zum Projekt "Neue Wege NRW". Duisburg, Frechen: Inst. Arbeit und Qualifikation, Inst. für Innovation & Bildung GbR
Vorträge zum Projekt
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Das Konzept "Neue Wege NRW". Workshop Kooperationen initiieren! Erfahrungen aus dem Projekt "Neue Wege NRW – Beruflicher (Wieder-)Einstieg mit System". Münster, Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) und G.I.B. - Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung, 14.11.2014
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Das Konzept "Neue Wege NRW". Workshop Kooperationen initiieren! Erfahrungen aus dem Projekt "Neue Wege NRW – Beruflicher (Wieder-)Einstieg mit System". Köln, Landschaftsverband Rheinland-Landesjugendamt (LVR) und G.I.B. - Gesellschaft für innovative Beschäftigungsförderung, 21.10.2014
Prof. Dr. Sybille Stöbe-Blossey: Neue Wege – das Projekt im Rückblick. Neue Wege NRW. Transfertagung.. In Kooperation mit: innovaBest, Universität Duisburg-Essen, Campus Duisburg, 28.02.2013