Informationen zum Forschungsprojekt

Arbeitszeitgestaltung im Einzelhandel: Risiken und Chancen im Kontext von Digitalisierung und Fachkräftemangel

Hintergrund und Zielsetzung

Eine beschäftigtenorientierte Arbeitszeitgestaltung gilt als Kernelement guter Arbeit und als Voraussetzung zur Bewältigung des Fachkräftemangels. In ortsgebundenen Dienstleistungsbranchen wie dem stationären Einzelhandel sind Lage und Umfang der Arbeitszeit jedoch stark durch kundenseitige Vorgaben und Nachfrageschwankungen geprägt. Die Ausbalancierung arbeitnehmer- und arbeitgeberseitiger Bedarfe steht hier daher vor besonderen Herausforderungen und geht bisher vielfach einseitig zu Lasten von Beschäftigten – mit negativen Konsequenzen für Work-Life Balance (hohe arbeitgeberseitige Flexibilitätsanforderungen), Gesundheit (atypische Arbeitszeitlagen) und materielle Sicherheit (Minijobs, Abrufarbeit). Neuere Arbeitszeitmodelle und Trends, die im Grundsatz mehr Zeitsouveränität für Beschäftigte ermöglichen – wie Home Office oder Vertrauensarbeitszeit – stoßen hier auf strukturelle Hürden. Auch der Trend zur Verkürzung der Arbeitszeit steht hier aufgrund des oftmals niedrigen Entlohnungsniveaus im Konflikt zum Ziel existenzsichernder Einkommen.

Zugleich unterstützt die Digitalisierung der Arbeitswelt eine weitere arbeitgeberseitige Flexibilisierung von Personaleinsatzstrategien: Die ständige Erreichbarkeit durch mobile Endgeräte, digitale Schichtplanungs-Apps oder digitale Plattformen eröffnen den Unternehmen Alternativen zu stärker regulierten Formen der internen (Arbeitszeitkonten) und externen Flexibilität (Leiharbeit). Andererseits kann die Digitalisierung auch genutzt werden, um die Wünsche von Beschäftigen stärker zu berücksichtigen (z.B. durch gesperrte Zeitfenster in Schichtplanungs-Apps). Gleichzeitig verleiht der Arbeitskräftemangel Beschäftigten und ihren Interessenvertretungen derzeit im Grundsatz eine bessere Verhandlungsposition, um Forderungen nach einer beschäftigtenorientierten Arbeitszeitgestaltung durchzusetzen. Damit sind hier gegenläufige Trends am Werk, deren Zusammenwirken bislang wenig erforscht ist, die aber Gestaltungsräume eröffnen.

Forschungsfrage

Die Kernfrage der Untersuchung lautet, ob und wie Betriebe aktuell der doppelten Herausforderung von Digitalisierung und Arbeitskräftemangel durch eine Anpassung ihrer Arbeitszeitorganisation begegnen, und ob und welche neuen Handlungsspielräume dabei entstehen, die sich zugunsten einer beschäftigtenorientierten Arbeitszeitgestaltung nutzen lassen.

Vorgehensweise

Die Untersuchung ist explorativ angelegt. Neben der Analyse von Tarifverträgen und Betriebsvereinbarungen im Einzelhandel zum Thema Arbeitszeit wird eine Befragung von Betriebsräten in einem bundesweit tätigen Einzelhandels-Unternehmen durchgeführt und ausgewertet.

Projektdaten

Laufzeit des Projektes
01.10.2024 - 30.06.2025

Forschungsabteilung
Prekarisierung, Regulierung, Arbeitsqualität

Bearbeitung:
Dr. Karen Jaehrling, Dr. Thorsten Kalina, Dr. Fabian Beckmann