Hochleistungsbetone

Materialforschung in Schwerelosigkeit an Beton (MASON)

In den vergangenen Jahrzehnten wurden die Materialeigenschaften von Zementleim und Beton unter den auf der Erde herrschenden Randbedingungen intensiv erforscht. Derzeit werden durch die Fortschritte in der Raumfahrt immer häufiger Reisen in den Weltraum und zu anderen Himmelskörpern ermöglicht. Für den in diesem Zusammenhang geplanten Bau von Mond- oder Marshabitaten werden Baumaterialien in großen Mengen benötigt. Es liegt nahe, hierfür mineralische Bindemittel zu verwenden und dabei auch lokal verfügbare Ressourcen, beispielsweise das typischerweise auf dem Mond anzutreffende Regolith, zu nutzen. Dabei ist es wichtig, ihr Verhalten auch unter den im Weltraum herrschenden Bedingungen zu untersuchen und zu verstehen. Die Untersuchungen zur Erhärtung mineralischer Baustoffe unter Mikrogravitation dienen aber nicht nur dazu, einen Beitrag zur Weiterentwicklung der Raumfahrt zu leisten. Sie eröffnen gleichzeitig auch vollkommen neue Einblicke in das Verständnis der Reaktionskinetik mineralischer Baustoffe und können so möglicherweise zu einem ressourcenschonenderen und damit umweltfreundlicheren Einsatz von Zement auf der Erde beitragen.

Im Projekt MASON, das vom Institut für Massivbau (IfM) der Universität Duisburg-Essen, dem Institut für Theoretische Physik (THP) der Universität zu Köln und BIOTESC der Hochschule Luzern bearbeitet wird, wird der Einfluss der Mikrogravitation auf die Erstarrung von Beton untersucht. Dazu wurden auf der Erde Experimente unter Erdgravitation und simulierter Schwerelosigkeit durchgeführt. Hierbei wurden zur Simulation der Schwerelosigkeit erstmalig in der Betontechnologie Klinostaten und Random Positioning Machines (RPM) eingesetzt. Die Ergebnisse wurden mit den Resultaten von Experimenten, die auf der Internationalen Raumstation (ISS) durchgeführt wurden, validiert.

Bei Betonproben, die unter Erdgravitation erstarren, besteht eine Korrelation zwischen der lokalen Dichte und der Probenhöhe, die auf die Massenverteilung der Ausgangsmaterialien zurückzuführen ist: Die leichteren Bestandteile, insbesondere Luftporen, steigen nach oben, und die schwereren Bestandteile sedimentieren. Um ein solches Verhalten zu verhindern und einen homogenen Festkörper zu erhalten, muss der Beton mit einem Rüttler verdichtet werden, um den Anteil der Luftporen zu minimieren. Die Arbeitshypothese des Projekts MASON lautete, dass der Effekt der Mikrogravitation die Sedimentation von schwerem Material in der Probe aufhebt. Die Porenverteilungen der im Klinostaten hergestellten und der ISS-Proben sollten daher von derjenigen der Proben abweichen, die unter Erdgravitation ohne Verdichtung hergestellt wurden. Zur Überprüfung dieser Hypothese wurden mikroskopische Untersuchungen und Computertomografie-Scans durchgeführt und die Porenverteilung mittels Quecksilberdruckporosimetrie bestimmt. Die Auswirkungen auf die mechanischen Eigenschaften von unter Schwerelosigkeit hergestellten und erhärteten Festbetonproben wurden durch zerstörende und zerstörungsfreie Prüfungen untersucht.

Für die Experimente auf der ISS wurde eine spezielle Hardware, der „MASON Concrete Mixer" (MCM), entwickelt und durch die ESA qualifiziert. Der MCM erfüllt gleichermaßen die Anforderungen an eine einfache Handhabung, maximalen wissenschaftlichen Output und höchste Sicherheit an Bord der ISS. Der Betonmischer ermöglichte die Herstellung von Betonproben in zylindrischer Form, die hinsichtlich verschiedener Eigenschaften, wie z.B. Druckfestigkeit, Elastizitätsmodul und Luftporenverteilung, analysiert werden können. Für das MASON-Projekt wurden insgesamt 64 MCMs mit verschiedenen Zementarten, Zuschlägen und Zusatzmitteln befüllt. Am 21. Dezember 2021 wurde die flight hardware im Rahmen der Commercial Resupply Service Mission „SpaceX CRS-24“ mit einem Raumschiff vom Typ SpaceX Dragon 2 auf die ISS gebracht, wo der deutsche ESA-Astronaut Matthias Maurer die MASON-Experimente während seiner „Cosmic Kiss“ – Mission der ESA am 1. und 2. Februar 2022 erfolgreich durchführte (https://www.youtube.com/watch?v=8aAOhvLm17A, Perspektive kann mit den Pfeilen oben links variiert werden). Am 19. August 2022, nach einer Erhärtungsdauer von mehr als sechs Monaten in Schwerelosigkeit, wurde die Hardware mit „SpaceX CRS-25“ zurück auf die Erde und am 14. November 2022 wohlbehalten zurück zum Projektteam gebracht. Ein großer Teil der Untersuchungen wurde inzwischen abgeschlossen, derzeit wird die Auswertung der umfangreichen Messdaten vorgenommen.

Wir danken u. a. dem Lehrstuhl Fertigungstechnik (Maschinenbau und Verfahrenstechnik) der Universität Duisburg-Essen für die Unterstützung und konstruktive Zusammenarbeit im Bereich der 3D-Druck-Technik.

 

Mason Comp02

Das diesem Bericht zugrundeliegende Vorhaben wurde mit Mitteln des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie unter dem Förderkennzeichen 50WM2072 gefördert. Die Verantwortung für den Inhalt dieser Veröffentlichung liegt beim Autor.

In Zusammenarbeit mit folgenden Partnern:

 

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