Bauen im Bestand

Allgemeines

In der öffentlichen Wahrnehmung wird das Bauwesen überwiegend durch Neubauprojekte geprägt. Dabei übersteigt das Bauvolumen des Bauens im Bestand bereits seit der Jahrtausendwende das Neubauvolumen, mit steigender Tendenz: Aktuell entfallen bei Wohn- und Nichtwohngebäuden etwa 70% der Investitionen auf das Bauen im Bestand und nur rund 30% auf Neubauprojekte1. Ein ähnlicher Trend ist auch bei Ingenieurbauwerken zu beobachten, etwa bei den Brücken im Zuge deutscher Bundesfernstraßen: Erste Nachrechnungen ausgewählter, repräsentativer Bestandsbrücken nach der „Richtlinie zur Nachrechnung von Straßenbrücken im Bestand“ zeigen, dass ca. 40% der untersuchten Brückenbauwerke verstärkt werden müssen, während in 30% der Fälle ein Abriss und Ersatzneubau erforderlich ist2.

Die Gründe für die Durchführung von Baumaßnahmen im Bestand sind vielfältig: Im Hochbau dominieren Beweggründe wie eine Umnutzung (etwa Umbauten für barrierefreies Wohnen), die Beseitigung von Schäden, die Energieeinsparung, der Werterhalt oder die Erhöhung des Komforts usw. Im Bereich der Ingenieurbauwerke stehen die Erhaltung, die Instandsetzung (Wiederherstellung der Tragfähigkeit oder Gebrauchstauglichkeit) oder die Ertüchtigung (Erhöhung der Tragfähigkeit bzw. Verbesserung der Gebrauchstauglichkeit über den Ursprungszustand hinaus) im Vordergrund.

Die Forschungstätigkeit des Instituts für Massivbau im Schwerpunkt „Bauen im Bestand“ bezieht sich im Wesentlichen auf die Fragestellungen, die mit einem Eingriff in die Tragfähigkeit oder die Gebrauchstauglichkeit von Tragwerken verbunden sind. Dies betrifft die Bestandserfassung mittels zerstörungsfreier oder zerstörender Prüfungen sowie mittels Monitoring, die zur Instandsetzung oder Ertüchtigung geeigneten Verstärkungstechniken sowie die zum Schutz, zur Instandhaltung oder zur Instandsetzung verfügbaren Rissfüllstoffe oder Oberflächenschutzsysteme.
 

1

DIW-Bauvolumen 2015

2 Fischer, O. et. al.: Ergebnisse und Erkenntnisse zu durchgeführten Nachrechnungen von Betonbrücken in Deutschland. Beton- und Stahlbetonbau 109 (2014), S. 107-127.