Bauen im Bestand

Oberflächenschutzsysteme speziell bei Parkdecks

Parkdecks werden neben Lasteinwirkungen insbesondere auch durch aufgezwungene Formänderungen beansprucht. In Abhängigkeit von der baulichen Durchbildung entstehen Zwangspannungen, die überlagert mit den Lastspannungen die Zugfestigkeit des Betons erreichen können. Es entstehen Risse, deren Verteilung und Breiten maßgeblich durch Wahl der rissbreiten­beschränkenden Bewehrung beeinflusst werden. Im Allgemeinen können im Stahlbetonbau die Gebrauchstauglichkeit und die Dauerhaftigkeit neben einer ausreichend dicken und dichten Betondeckung durch eine begrenzte Rissbreite sichergestellt werden. Bei Parkdecks ergibt sich durch den Chloridangriff eine spezielle Situation.

Nach der DIN 1045-1 sind direkt befahrene Parkdecks zum Schutz vor Bewehrungskorrosion, ausgelöst durch Chloride, der Expositionsklasse XD3 (s. Tabelle 3) zuzuordnen. Die vorgeschriebene Mindestbetonfestigkeitsklasse beträgt C35/45. Als Mindestbetondeckung cmin werden 4,0 cm gefordert, das Vorhaltemaß beträgt weitere 1,5 cm. Zusätzlich wird für die Ausführung direkt befahrener Parkdecks ein Oberflächenschutzsystem, z. B. eine rissüberbrückende Beschichtung gefordert (Fußnote b Tabelle 3). Über mögliche Abminderungen der Betondeckung wird in DIN 1045-1 selbst keine Aussage gemacht, wohl aber in Heft 526 des DAfStb zu Abs. 4.1. Bei Vereinbarung eines projektbezogenen Wartungsplanes mit Wartungsintervallen, z. B. zweimal jährlich vor und nach der Frostperiode und notwendiger Instandsetzung bei Feststellung von Schäden, kann das Mindestmaß der Betondeckung auf 3,0 cm verringert werden.

In Heft 525 des DAfStb, den Erläuterungen zu DIN 1045-1, wird als rissüberbrückende Beschichtung mindestens OS 11 (OS F) als ausreichend angesehen. OS 11-Systeme sind in die Rissüber­brückungsklasse IIT+V eingestuft worden, sie haben zum Nachweis der Rissüberbrückungsfähigkeit gemäß der Instandsetzungsrichtlinie Teil 4 bei –20 °C eine Prüfung schadlos zu durchlaufen, bei der 1000 temperaturbedingte Rissbreitenänderungen von DwT = 0,2 mm als Trapezfunktion zwischen den Rissbreiten 0,1 und 0,3 mm angefahren werden, die gleichzeitig mit verkehrslastsimulierenden kurzfrequenten Lastwechseln von DwV = 0,1 mm überlagert werden. Wird also für das Parkdeck als Beschichtung ein OS 11-System vertraglich festgelegt, so hat der Tragwerksplaner in diesem Fall eine rissbreitenbeschränkende Bewehrung für den Rechenwert der Rissbreite von wk = 0,3 mm zu bemessen.

Auslegungen in Heft 526 lassen Raum für weitere Spekulationen: Denkbar wäre z. B. ein Einsatz von Beschichtungen mit geringerer Rissüberbrückungsfähigkeit als OS 11, z. B. bis wmax = 0,2 mm, aber höherem Verschleißwiderstand. In diesem Fall muß der Tragwerksplaner für die Bemessung den Rechwert der Rissbreite auf wk = 0,2 mm begrenzen. Es hat also in jedem Fall eine Abstimmung zwischen zu wählender Beschichtung und Rechnung zu erfolgen.

Die Erfahrung zeigt, daß in der Tragwerksplanung diese rissbreitenbeschränkende Bewehrung oftmals allein für die Lasteinwirkungen ausgelegt wird, und die auftretenden Zwangsspannungen nicht ausreichend oder gar nicht berücksichtigt werden. So sind nicht selten schon vor Ablauf der Gewährleistungsfristen im Zuge von Begehungen der Tiefgaragen bzw. Parkhäuser Biege- und häufig auch Trennrisse in Bodenplatten und Zwischendecken anzutreffen, mit z. T. schon relativ großen Rissbreiten. Nun besteht Sanierungsbedarf, denn durch Fahrzeuge eingeschleppte Chloride können über die Risse zur Bewehrung vordringen, und dort starke Korrosionsschäden hervorrufen.

Aber selbst die Konzepte für eine Sanierung derartig fehlerhaft konstruierter Parkdecks zeigen oftmals Fehler; zu erwartende Rissbreitenänderungen werden unterschätzt oder bei der Wahl der Beschichtung gar nicht berücksichtigt. Diese Instandsetzungen zeigen bereits nach kurzer Zeit Schäden, oder Schäden sind in naher Zukunft wieder zu erwarten.

Um die zu fordernde Leistungsfähigkeit einer Beschichtung definieren zu können, empfiehlt es sich, Rissbreitenänderungen vor Ort an charakteristischen Stellen unter definierten Temperatur­schwankungen durchzuführen, und auf zu erwartende größere Temperaturschwankungen zu übertragen.

Bei Parkdecks mit nicht ausreichender Rissbreitenbeschränkung sind in den meisten Fällen Rissbreitenbewegungen > 0,3 mm zu erwarten. Damit können herkömmliche OS 11-Beschichtungen entsprechend der Richtlinie für Schutz- und Instandsetzung des Deutschen Ausschuß für Stahlbeton nicht als geeignete Schutzmaßnahme eingesetzt werden, es gilt andere Lösungen auszuarbeiten.

Das Forschungsthema wird dem folgenden Profilschwerpunkt der Fakultät für Ingenieurwissenschaften zugeordnet:
Tailored Materials
 

Riss in der Parkdeckbeschichtung                   Beschichtungsarbeiten

 

Messung mit induktivem Wegaufnehmer