DFG-Forschungsgruppe
DFG fördert neue Forschungsgruppe an der UDE
Die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG) richtet neun neue Forschungsgruppen ein. Dies beschlossen Senat und Hauptausschuss der DFG in Bonn. Forschungsgruppen ermöglichen Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftlern, sich aktuellen und drängenden Fragen ihrer Fachgebiete zu widmen und innovative Arbeitsrichtungen zu etablieren. Ihre maximale Förderdauer beträgt zweimal drei Jahre.
In den Kulturwissenschaften spielt Ambiguität, also die Uneindeutigkeit von Phänomenen, Situationen und Eindrücken, eine zunehmend große Rolle als Forschungskonzept. Die Forschungsgruppe „Ambiguität und Unterscheidung: Historisch-kulturelle Dynamiken“ untersucht diese als Erscheinungsform aus einer historisch-vergleichenden Perspektive. Der zeitliche Rahmen reicht dabei vom Spätmittelalter bis in die Gegenwart. In den Fokus genommen werden Kulturen im Mittelmeerraum, in Türkei und „Orient“, Schlesien, Nordamerika und Südafrika.
Teilprojekt von Prof. Dr. Jörg Wesche Uneindeutige Barockdichtung. Poetische und konfessionelle Ambiguität in Schlesien als kulturdynamische Faktoren einer neuen deutschen Dichtkunst (1620 bis 1742)
Das frühneuzeithistorisch ausgerichtete Teilprojekt erforscht, welche Wirkungen die besondere religionspolitische Diversität und Dynamik in den Herzogtümern Schlesiens auf die neue deutsche Barockdichtung entfaltet. Im systematischen Zusammenhang der Forschergruppe Ambiguität und Unterscheidung: Historisch-kulturelle Dynamiken steht das Interaktionsfeld von poetischer und konfessioneller Ambiguität im Zentrum. Forschungsgegenstand sind die Hauptakteure der schlesischen Dichterschulen (neben Opitz v.a. Andreas Gryphius, Christian Hoffmann v. Hoffmannswaldau, Daniel Caspar v. Lohenstein, Johann Christian Hallmann, Benjamin Neukirch und Christian Gryphius). Die Textproduktion dieser Autoren umfasst eine gattungshistorische Bandbreite, die lyrische, dramatische und panegyrische Formen einschließt. Eng verbunden ist damit die barocke Poetik. Herausgearbeitet wird auf dieser Textgrundlage die normative Aushandlung von Ausdrucksmitteln und pragmatischen Zielen der Uneindeutigkeit, um die Spielräume und Grenzen von Ambiguität und deren Prozessierung im historischen Verständnis zu konturieren. Weiterführend wird vor diesem Hintergrund gefragt, inwiefern gerade das regional herausgeforderte Wechselspiel von poetischer und konfessioneller Ambiguität im unruhigen Schlesien den Erfolg der regionalen Dichtungsbewegung in zahlreichen deutschsprachigen Territorien mitbegründet. Einer Revision unterzogen wird aus literaturgeschichtlich übergeordneter Sicht damit (i) die einseitige Wahrnehmung der schlesischen Dichtungsreform als dezidiert protestantisches Literaturprogramm, (ii) die latente Festlegung der religiös eingreifenden Barockdichtung auf Konfessionspolemik sowie (iii) die vorrangige Beschreibung von Konfessionalisierung als Stabilisierungsprozess der religiösen Differenz.
Die Projektergebnisse werden durch zwei aufeinander aufbauende Dokumentationsformen gesichert: 1.) Eine kommentierte Datenbank richtet sich auf die thesaurierende Erschließung sämtlicher Ambiguitätsformen in den poetologischen und rhetorischen Anleitungslehren der Barockzeit und leistet damit einen substantiellen Beitrag zur Grundlagenforschung. 2.) Der Projektleiter führt das gesichtete Textmaterial im Sinn der dargelegten Fragestellung in einem monographischen Buchprojekt analytisch zusammen und wertet es literaturgeschichtlich aus.