Mehr als 400 genetisch bedingte neuromuskuläre Erkrankungen (NME) zählen zu den seltenen Erkrankungen. Was sie eint, ist das oftmals frühe …
Mehr als 400 genetisch bedingte neuromuskuläre Erkrankungen (NME) zählen zu den seltenen Erkrankungen. Was sie eint, ist das oftmals frühe Versterben oder eine erhebliche körperliche Beeinträchtigung der Betroffenen. Denn bislang gibt es nur für eine Handvoll dieser NME überhaupt Therapien. Das Konsortium „B2B-RARE – Bench to Bedside“ möchte dies ändern und hat im Rahmen des Innovationswettbewerbs Gesünder.IN.NRW eine Förderzusage im Bereich Innovative Medizin, Gesundheit und Lebenswissenschaften erhalten. Das mit mehr als 2,6 Mio. Euro aus europäischen und Landesmitteln geförderte gleichnamige Projekt will durch von Patient:innen gewonnene Hautzellen in den kommenden drei Jahren marktreife Diagnose- und Therapieverfahren für seltene neuromuskuläre Erkrankungen (NME) entwickeln. Dabei werden Forschende an der Universitätsmedizin Düsseldorf, Universitätsmedizin Essen, am BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum, Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS e.V., an der Lead Discovery Center GmbH und Singleron Biotechnologies GmbH interdisziplinär zusammenarbeiten. Das Projekt beinhaltet die Entwicklung von personalisierten Therapien für Betroffene mit seltenen NME, bei denen bisher Behandlungsmöglichkeiten fehlen. Zu den Patient:innen gehören auch Kinder und junge Erwachsene, die bislang keine Aussicht auf Heilung oder zumindest auf Linderung der Erkrankung hatten. Für sie sollen neue therapeutische Ansätze entwickelt werden, die im Sinne eines "Bench-to-Bedside"-Prinzips (aus dem Labor an das Krankenbett) direkt in individuelle Heilversuche überführt werden können. Dabei kommen sogenannte Omics-Technologien sowie Bioinformatik inkl. Künstliche Intelligenz (KI) zum Einsatz, um therapeutisch relevante Krankheitsmechanismen zu identifizieren und in die klinische Anwendung zu überführen.
Ausgangspunkt für diesen Ansatz sind die Patient:innenauswahl, die Analyse von Hautbiopsien und die nachfolgende Phänotypisierung (Klassifizierung des Erscheinungsbildes) der gewonnenen Hautzellen (genauer: Fibroblasten). Diese Phänotypisierung, die von Wissenschaftler:innen in Düsseldorf, Bochum und Essen durchgeführt wird, wird zum Verständnis der zugrunde liegenden Eigenschaften dieser Zellen führen. Da Hautzellen dieselben genetischen Informationen wie Muskelzellen tragen, lassen sich ihre krankheitsverursachenden Veränderungen mit Omics-Technologien untersuchen. Omics bezeichnet die gesamtheitliche Charakterisierung unter anderem aller Gene, Proteine oder Metabolite (Stoffwechselprodukte). Omics-Daten liefern einen wichtigen Ansatzpunkt in der personalisierten Medizin, da sie Aufschluss über individuelle Krankheitsvorgänge und mögliche Therapieansätze geben. Die Firma Singleron wird die zugrunde liegenden Genaktivitäten (sogenannte Transkriptomanalysen) durchführen, während ISAS-Forschende die entsprechenden Proteine und Stoffwechselprodukte auf Basis speziell entwickelter Massenspektrometrie-Verfahren analysieren werden.
Suche nach bereits bekannten und unbekannten ArzneimittelwirkstoffenDie gewonnenen Omics-Daten werden Bioinformatiker:innen am ISAS anschließend mithilfe von KI auswerten und mit Datenbanken zu vorhandenen Arzneimittelwirkstoffen abgleichen. Das Ziel dieser Analysen ist es, geeignete, bereits bekannte Wirkstoffe zu finden, mit denen sich die im ersten Schritt identifizierten fehlregulierten zellulären Prozesse bei NME adressieren lassen – und die damit für die Behandlung der Patient:innen infrage kommen können. Außerdem wird das Lead Discovery Center nach weiteren potenziell wirksamen Substanzen suchen. Sowohl die neuen, als auch bereits bekannten Wirkstoffe werden anschließend im Labor an den gewonnenen Fibroblasten getestet. In einem weiteren Schritt werden die Wissenschaftler:innen die Relevanz der fehlregulierten zellulären Prozesse in Nerven- und Muskelzellen prüfen. Erfolgversprechende Substanzen sollen danach in den Kliniken direkt für eine personalisierte Behandlung in individuellen Heilversuchen in den Patient:innen eingesetzt werden.
Insgesamt hat das Konsortium aus Kliniker:innen, Grundlagenwissenschaftler:innen und Bioinformatiker:innen bei diesem Forschungsprojekt sowohl den medizinischen, als auch den gesellschaftlichen Nutzen im Fokus. Eine verbesserte Lebensqualität der NME-Patient:innen durch neue personalisierte Therapien wirkt sich nicht nur positiv auf die einzelnen Betroffenen, sondern auch auf ihre Familien und das gesamte gesellschaftliche Umfeld aus.
Übersicht der ProjektpartnerUnter der Leitung von Prof. Dr. Tobias Ruck von der Universitätsmedizin Düsseldorf vereint das Konsortium führende medizinische Forschungsinstitutionen und Industrieunternehmen. Dieser synergistische neuartige Ansatz ermöglicht innovative Therapiestrategien zur schnelleren Diagnostik und Behandlung von NME. Zentral für diese Ziele ist eine intensive Zusammenarbeit der Projektpartner:innen:
• Universitätsklinikum Düsseldorf, Klinik für Neurologie (vertreten durch Prof. Dr. Tobias Ruck, Dr. Christopher Nelke, Dr. Christina Menskes und Dr. Menekse Öztürk)
• Universitätsmedizin Essen, Abteilung für Neuropädiatrie (vertreten durch Prof. Dr. Ulrike Schara-Schmidt und PD Dr. Andreas Roos)
• BG Universitätsklinikum Bergmannsheil Bochum (vertreten durch Prof. Dr. Matthias Vorgerd und Dr. Anne Güttsches)
• Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS e.V. (vertreten durch Prof. Dr. Albert Sickmann und Prof. Dr. Robert Heyer)
• Lead Discovery Center GmbH (LDC), Dortmund (vertreten durch Anne-Katrin Klebl)
• Singleron Biotechnologies GmbH, Köln (vertreten durch Dr. Nan Fang und Petro Leka)
Über die Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums DüsseldorfIn der Klinik für Neurologie des Universitätsklinikums Düsseldorf (Klinikleitung: Prof. Dr. med. Dr. rer. nat. Sven Meuth; Stellvertretung: Prof. Dr. med. Tobias Ruck) wird das gesamte Spektrum neurologischer Erkrankungen bei Erwachsenen ab 18 Jahren diagnostiziert und behandelt. Insgesamt werden in der Klinik für Neurologie jährlich ca. 15000 Patient:innen stationär und ambulant behandelt (ca. 2000-2500 Patient:innen davon mit neuromuskulären Krankheitsbildern). Die Klinik ist Teil des Neuromuskulären Zentrums Nordrhein. Zudem ist die Klinik für Neurologie ein zertifiziertes Myasthenie-Zentrum. In unserer Klinik wird das Konzept einer engen Vernetzung von Patientenversorgung, klinischer Forschung und Grundlagenwissenschaft verfolgt. Wir hoffen, dadurch die Ursachen neurologischer Erkrankungen besser verstehen und neue Therapiemöglichkeiten entwickeln zu können. Die intensive Einbindung in internationale Studien gibt uns die Möglichkeit, Patienten Zugang zu neuesten innovativen Therapien zu verschaffen. Weitere Information sind unter
https://www.uniklinik-duesseldorf.de/patienten-besucher/klinikeninstitutezentren/klinik-fuer-neurologie zu finden.
Über die Neurologische Klinik und Poliklinik des BG-Universitätsklinikums Bergmannsheil Die Neurologische Klinik und Poliklinik des BG-Universitätsklinikums Bergmannsheil (Interimsleitung Prof. Dr. med. Matthias Vorgerd) befasst sich neben der klinischen Versorgung sämtlicher neurologischer Erkrankungen von Patient:innen ab einem Alter von 18 Jahren mit einem breiten Spektrum klinischer und grundlagenwissenschaftlicher Forschung. Die Klinik ist Teil des Muskelzentrums Ruhrgebiet und von der Deutschen Gesellschaft für Muskelkranke e.V. (DGM) zertifiziertes Neuromuskuläres Zentrum. Sie ist an verschiedenen nationalen und internationalen Studien beteiligt. Zudem verfügt die Klinik über ein eigenes neuromuskuläres Labor, wo diagnostische und wissenschaftliche Untersuchungen am entnommenen Skelettmuskel, Nerven und Haut durchgeführt werden.
Ein besonderer Schwerpunkt liegt auf der Erforschung von neuromuskulären Erkrankungen (NME), die sich vor allem auf die Untersuchung von Muskel-, Nerven- und Hautbiopsien stützt. Die Forschungsaktivitäten auf dem Gebiet der NME werden durch das Heimer Institut für Muskelforschung gefördert, welches in die Organisationstruktur der Neurologischen Klinik eingeordnet ist. Diese enge Vernetzung von klinischer Arbeit, spezialisierter Labordiagnostik und grundlagenwissenschaftlicher Forschung soll zur Entwicklung neuer Behandlungsmöglichkeiten beitragen.
Über die Abteilung für Neuropädiatrie der Universitätsmedizin Essen AöRDie Abteilung für Neuropädiatrie beschäftigt sich neben der routinediagnostischen Analyse der Muskulatur von Patienten auch mit der Erforschung der molekularen Ursachen der jeweiligen Krankheitsbilder. Dazu zählen die Identifikation neuer Gene, sowie die Analyse der biochemischen Ursachen neurodegenerativer und muskulärer Erkrankungen. Die Forschungsaktivitäten des neuromuskulären Labors werden hierbei durch Herrn PD Dr. rer. Nat. Andreas Roos (Adjunct Professor der University of Ottawa) und Frau Prof. Dr. med. Ulrike Schara-Schmidt geleitet. Forschungsinteressen des Muskellabors liegen auf der Identifikation von Pathomechanismen und Biomarkern für neuromuskuläre Erkrankungen mit einem ausgesprochenen Fokus auf die Nutzung von Patientenmaterial. Dabei steht auch die Nutzung von Biomaterialien, welche minimal-invasive gewonnen werden können, im Fokus.
Im Rahmen von translationalen Prozessen ist das neuromuskuläre Labor Bestandteil zahlreicher nationaler und internationaler Studien (
https://clinicaltrials.gov/) sowie an übergreifenden nationalen und internationalen Studien zur Genotyp-Phänotyp Korrelationen beteiligt.
Über das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS e.V. Das Leibniz-Institut für Analytische Wissenschaften – ISAS – e.V. entwickelt leistungsfähige Analyseverfahren für die Gesundheitsforschung. Mit seinen Innovationen trägt es dazu bei, die Prävention, Frühdiagnose und Therapie von Erkrankungen zu verbessern. Ziel des Instituts ist es, die personalisierte Therapie voranzutreiben. Dafür kombiniert das ISAS das Wissen aus Chemie, Biologie, Medizin, Pharmakologie, Physik und Informatik. Das Institut kooperiert mit nationalen und internationalen Partnern aus der Wissenschaft und Industrie. Mehr unter:
www.isas.de Über die Singleron Biotechnologies GmbHSingleron Biotechnologies fördert die Präzisionsmedizin und die menschliche Gesundheit durch wegweisende Lösungen zur Analyse von Einzelzell-Multi-Omics. Das aktuelle Produktportfolio umfasst Hochdurchsatzgeräte für die automatisierte Verarbeitung von Einzelzellen und Gewebedissoziation, Reagenzien, Bioinformatik-Software sowie eine umfassende Wissensdatenbank für Einzelzellen.
Gegründet im Jahr 2018, ist Singleron weltweit tätig und verfügt über Büros, Labore und Produktionsstätten in Deutschland, Singapur, China und den USA. Die Produkte des Unternehmens werden in über 3000 Laboren in Krankenhäusern, Forschungsinstituten und Pharmaunternehmen in mehr als 20 Ländern eingesetzt.
Erfahren Sie mehr unter
www.singleron.bio oder folgen Sie uns auf
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Über die Lead Discovery Center GmbH Die Lead Discovery Center GmbH wurde 2008 von der Technologietransfer-Organisation Max-Planck-Innovation gegründet, um das Potenzial exzellenter Grundlagenforschung für die Entwicklung neuer, dringend benötigter Medikamente besser zu nutzen. LDC nimmt vielversprechende Projekte aus der akademischen Forschung auf und entwickelt sie typischerweise weiter bis zu pharmazeutischen Leitstrukturen (Proof-of-Concept in Modellsystemen) oder bis zu präklinischen Kandidaten. In enger Zusammenarbeit mit führenden Partnern aus der akademischen Forschung und Industrie entwickelt LDC ein umfangreiches Portfolio an Projekten im Bereich niedermolekularer Wirkstoffe sowie therapeutische Antikörper mit außergewöhnlich hohem medizinischem und kommerziellem Potenzial.
LDC unterhält eine enge Partnerschaft mit der Max-Planck-Gesellschaft und dem KHAN Technology Transfer Fund I (KHAN-I). Es hat weltweit zahlreiche Kooperationen mit verschiedenen Organisationen geschlossen, u.a. AstraZeneca, Bayer, Boehringer Ingelheim, Merck KGaA, Daiichi Sankyo, Qurient, invIOs, Novo Nordisk, Cumulus Oncology, Nodus Oncology, JT Pharmaceuticals, KinSea AS, HLB Life Science und dem Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung. Das LDC arbeitet außerdem mit führenden akademischen Wirkstoffforschungszentren und mehreren Investoren zusammen, um Firmengründungen zu unterstützen.
Weitere Informationen:
https://www.lead-discovery.de/de/